Lütkemeier und D’Agostino bei der WM in der Normandie Foto: dpa

Es sollte die Weltmeisterschaft von Totilas und Matthias Alexander Rath werden. Eigentlich. Doch jetzt steht der Hengst verletzt im Stall statt im Dressurviereck. Fabienne Lütkemeier und D’Agostino rücken nach. Die Lücke schließen können die beiden aber nicht.

Stuttgart - Viel schlechter kann die Vorbereitung auf eine Weltmeisterschaft kaum laufen: Vier Ausfälle in nur zwei Tagen, der schwerwiegendste in der Dressur: Ein schmerzendes Überbein stoppt Hengst Totilas sowie Matthias Alexander Rath. Und jetzt noch das: Ungünstige Trainingszeiten und weite Wege – zumindest zur Toilette. „Wir haben nur zwei Dixiklos für alle Reiter und Pfleger“, schimpft Isabell Werth. Und die sind am anderen Ende des Stallbereichs. Das Problem mit den fehlenden Örtchen können die Organisatoren in Caen in der Normandie wohl schnell beheben, ein Totilas in Spitzenform dagegen ist nicht in Sicht.

Fabienne Lütkemeier sattelt nun an diesem Montag D’Agostino. Doch die 24-Jährige und ihr Fuchs überzeugten zuletzt weder bei den deutschen Meisterschaften noch beim CHIO in Aachen. „Sie hat beim Gewinn der Europameisterschaft 2013 aber bewiesen, dass sie es kann“, sagte Dressur-Bundestrainerin Monica Theodorescu. Sie glaubt an ihre junge Reiterin. Muss sie auch. Noch so ein Abschneiden wie bei den Weltreiterspielen 2010 in Kentucky wollen die deutschen Dressurreiter nicht noch einmal erleben. Erstmals wurde das Team bei einer WM geschlagen, nur Bronze war drin. Eine Einzelmedaille war Fehlanzeige. „Jetzt wollen wir in die Goldspur zurück“, sagte Theodorescu. Trotz des Ausfalls von Totilas. Jetzt erst recht.

In den vergangenen vier Jahren hat sich einiges getan. Neue Pferde rückten nach, mit ihnen junge Reiterinnen mit viel Potenzial. Nur Isabell Werth ist immer noch dabei. Die 45-Jährige gewann ihre erste von (bisher) sechs Gold-Medaillen, als Lütkemeier noch in den Kindergarten ging. Nun hat sie mit der Stute Bella Rose wieder ein wettkampfstarkes Pferd unterm Sattel.

Deshalb sind selbst ohne Totilas, dem Pferd, das Millionen wert ist, die Chancen auf Mannschafts-Gold gar nicht so schlecht. Leisten sich Werth, Lütkemeier, Helen Langehanenberg mit Damon Hill und Kristina Sprehe mit Desperados keine schwerwiegenden Fehler, ist der deutschen Equipe im Moment keine andere Nation gewachsen. Kurzum: Ohne Totilas ist das Team nicht mehr der Superfavorit schlechthin, gehört aber noch zu den Topfavoriten. Und die reine Damen-Mannschaft will zeigen, dass sie kein Wunderpferd zum Siegen braucht.

Die Dressur bildet den Auftakt der Weltreiterspiele, es finden zudem Wettkämpfe in der Vielseitigkeit, im Springen, Voltigieren, Distanzreiten, Westernreiten, Viererzugfahren und in der Para Dressur statt. „Am Ende wollen wir den Medaillenspiegel anführen“, sagt Teamchef Dennis Peiler. Das Minimalziel der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) ist die Qualifikation in allen olympischen Disziplinen für Rio 2016. Dafür müssen die Teams in der Dressur Platz drei und im Springreiten Platz fünf belegen. In der Vielseitigkeit reicht Rang sechs. „Das Ziel ist für uns ganz klar“, schiebt Werth noch hinterher: „Wir sind ja nicht zum Spazierenreiten hier!“ – selbst wenn die Vorbereitung schlechter hätte kaum sein können.