Vorwärtsverteidigung: Der künftige US-Präsident Donald Trump auf seiner Pressekonferenz im Trump Tower in New York Foto: AFP

Wohl noch nie ist ein neuer US-Präsident von so vielen Zweifeln begleitet in sein neues Amt gestartet wie Donald Trump, meint Redakteur Michael Weißenborn.

Stuttgart - Dass Donald Trump ein ganz anderer Präsident werden würde als alle seine Vorgänger, darauf konnte sich Amerika und das Ausland seit seiner Wahl vor zwei Monaten gefasst machen. Dass deshalb in den USA wie in der ganzen Welt unruhige Zeiten bevorstehen, auch das schwante inzwischen jedem halbwegs informierten Menschen. Doch einen Vorgeschmack darauf, wie turbulent die Innen- und Außenpolitik der westlichen Führungsmacht werden könnte, bieten bereits die Tage, bevor der Immobilienmogul auf den Stufen des Kapitols in Washington seinen feierlichen Amtseid ablegt. Wohl noch nie in der Geschichte dieser altehrwürdigen Demokratie ist ein neuer US-Präsident mit einer solchen Latte an Problemen, Fragezeichen und wachsenden Zweifeln an seinen Führungsqualitäten ins Weiße Haus eingezogen. Diese Verbindlichkeiten drohen Trumps Präsidentschaft vom ersten Tag an schwer zu belasten.

Da stehen zuvorderst die – bisher nicht bewiesenen – Informationen im Raum über ein Dossier mit Erpressungsmaterial gegen Trump in Moskau: Es ist von Geschäftsdeals die Rede, von einem Sexvideo und – was am schwersten wiegt – von Treffen zwischen russischen Regierungsbeamten und Trumps Wahlkampfteam. Natürlich wies Trump die Anschuldigungen vehement zurück. Immerhin räumte er zum ersten Mal ein, Russland habe tatsächlich Einfluss auf die Präsidentschaftswahlen 2016 genommen, als E-Mail-Konten der Demokraten und von Hillary Clintons Wahlkampfteam gehackt wurden. Die Chefs der US-Geheimdienste hatten dies schon länger konstatiert.

Vertrauen schwer angeschlagen

Nur Trump wollte das lange nicht hören, weil er befürchtete, dass ihm dadurch sein Wahlsieg streitig gemacht werden könnte. „Ich habe gewonnen“, unterstrich er auf seiner hitzigen Pressekonferenz im Trump Tower gleich zu Beginn. Freilich ritt der künftige Präsident sogleich eine Attacke gegen die eigenen Schlapphüte. Er warf ihnen vor, sie hätten das belastende Material einer englischen Privatfirma an die Presse durchgestochen. Ein Präsident auf Kriegsfuß mit den eigenen Diensten – das ist erschreckend. Für deren erfolgreiche Spionage- und Terrorabwehr ist das Vertrauen ihres Chefs unerlässlich.

Auch bei der heiklen Frage, ob das Weiße Haus künftig als ein Tochterunternehmen der Trump Organisation geführt wird, gab der Unternehmer-Präsident keine zufriedenstellende Antwort. Anders als etwa sein designierter Außenminister Rex Tillerson, langjähriger Chef des Ölriesen Exxonmobil, der sauber seine Verbindungen zu seiner Firma kappt, will Trump sein Unternehmen nur den Söhnen übertragen. Diese haben ihm bisher zugearbeitet und auch im Wahlkampf unterstützt. Ihnen die Firmenschlüssel auszuhändigen ,schafft keinen glaubwürdigen Abstand zwischen dem Präsidentenamt und Trumps Geschäftsinteressen. Nun drohen unzählige echte oder auch nur wahrgenommene Interessenkonflikte.

Das Vertrauen Amerikas in den neuen Präsidenten ist schon jetzt angeschlagen. Trump tritt seine Präsidentschaft laut Umfragen mit einem Beliebheitsgrad von 40 Prozent oder darunter an – die niedrigsten Zustimmungswerte aller Präsidenten der vergangenen Jahrzehnte. Auch unter der Republikaner-Mehrheit im Kongress reißen Bruchstellen zum neuen Präsidenten auf, von Trumps neuen Ministern ganz zu schweigen. Und das nicht nur in der Russland-Politik. Das bedeutet nicht, dass Trump nicht doch noch eine steile Lernkurve hinlegen kann. Auch andere Präsidenten – von George W. Bush bis Obama – haben ihre erste Amtszeit begleitet von vielen Zweifeln begonnen. Diese verblassen aber im Vergleich.