Schlüsselfigur im Angriff: der Göppinger Handballer Tim Kneule Foto: Baumann

Die Mannschaft: engagiert, teils erfrischend, aber noch nicht konstant und mit viel Luft nach oben. Der Trainer: unaufgeregt und klar in der Ansprache. Die neue Zeitrechnung bei den deutschen Handballern unter Bundestrainer Dagur Sigurdsson beginnt gegen die Schweiz mit einem Sieg und einem Unentschieden.

Die Mannschaft: engagiert, teils erfrischend, aber noch nicht konstant und mit viel Luft nach oben. Der Trainer: unaufgeregt und klar in der Ansprache. Die neue Zeitrechnung bei den deutschen Handballern unter Bundestrainer Dagur Sigurdsson beginnt gegen die Schweiz mit einem Sieg und einem Unentschieden.

Göppingen - In Göppingen fühlt sich Bernhard Bauer wohl. Bei Bundesligist Frisch Auf stand der Präsident des Deutschen Handballbundes (DHB) von 1982 bis 1984 im Tor. Und in der Göppinger EWS-Arena erlebte der DHB-Chef am Samstag gemeinsam mit 3800 Zuschauern den Aufbruch in eine neue Ära: „Für den ersten Auftritt war das schon sehr gut“, sagte Bauer nach dem 32:26 (19:12) gegen die Schweiz. Der Rückschlag folgte einen Tag später in Neu-Ulm: In der Neuauflage gab es nur ein 28:28 (11:14). Bauer blieb dabei: „Man hat die Handschrift von Dagur gesehen.“

Ansprache: Mal stand er, mal saß er auf Bank, mal daneben auf einem Arztkoffer. Doch stets agierte Sigurdsson (41) bei seiner Premiere ruhig und unaufgeregt. Mit kurzen, präzisen Angaben gab er Rhythmus und Taktik vor. In den Auszeiten griff er sich seine blaue Taktiktafel, schob die weißen und grünen Magnete hin und her und erklärte seinen Spielern, was sie auf dem Feld umsetzen sollen. „Man merkt den anderen Umgang mit den Spielern “, hat DHB-Vizepräsident Bob Hanning festgestellt. „Die Herangehensweise wirkt ein Stückchen erwachsener und selbstbestimmter.“

Angriff: Sigurdsson überraschte mit einem zusätzlichen Feldspieler, den er in Unterzahl konsequent für Torwart Silvio Heinevetter brachte. Ebenfalls eine klare Linie verfolgte der neue Bundestrainer auf der Spielmacherposition. Bis zu seiner Verletzung an der Schulter vertraute er im ersten Spiel durchgehend dem starken Göppinger Tim Kneule. Am Sonntag konnte Kneule nicht spielen. Der Qualitätsverlust war unverkennbar.

Abwehr: Die 5-1-Deckung mit dem langen Lemgoer Hendrik Pekeler als vorgezogenem Mann stellte die Schweizer in Göppingen vor große Probleme. „Der Matchplan meines Kollegen ging auf. Dagur bringt die nötige taktische Variabilität mit“, lobte der Schweizer Nationaltrainer Rolf Brack. Früher hatte Deutschland nur eine 6-0-Formation im Programm. Und auch die ist unter Sigurdsson weiter ein Thema. In Neu-Ulm setzte er weitgehend auf diese defensive Variante – da sich die Schweiz deutlich besser auf die 5-1-Abwehr eingestellt hatte.

Debütanten: Erik Schmidt (TSG Friesenheim), Julius Kühn (VfL Gummersbach), Philipp Müller (MT Melsungen) und Paul Drux (Füchse Berlin) spielten erstmals fürs A-Nationalteam. Sigurdsson lässt die Jungen ran. Sie geben Vollgas und kämpfen um jede Spielminute. Einige derzeit verletzte Trümpfe hat der Coach noch im Ärmel: Zu allererst Steffen Weinhold (THW Kiel), aber auch Steffen Fäth (HSG Wetzlar), Tobias Reichmann (KS Kielce) und Finn Lemke (TBV Lemgo). Brack: „Der deutsche Kader hat eine unglaubliche Breite.“

Es wäre blauäugig, den gelungenen Start überzubewerten. Schon das zweite Spiel war ernüchternd. Die Bewährungsproben kommen ohnehin erst, wenn in den Pflichtspielen in der Endphase Nervenstärke und Stressresistenz gefragt sind. Die frischen Impulse durch den neuen Mann auf der Bank werden jedoch kein Nachteil sein.