Die Zentrale der ­deutschen Bank in Frankfurt. Das Geldhaus ist in die Verlustzone gerutscht und legt für Rechtsrisiken drei Milliarden Euro zurück. Foto: dpa

Die Liste der Rechtsstreitigkeiten bei der Deutschen Bank ist lang, eine Ende nicht abzusehen. Um die Probleme in den Griff zu bekommen, baut das größte deutsche Geldhaus seinen Vorstand kräftig um.

Frankfurt - Die nicht endenden Rechtsstreitigkeiten sind weiter eine schwere Last für die Deutsche Bank. Mit einem Minus von 92 Millionen Euro – im Vorjahr hatte die Bank noch ein Plus von 51 Millionen – verbuchte das Geldhaus zwischen Juni und September zum dritten Mal in der Amtszeit der Co-Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen einen Quartalsverlust. In den ersten neun Monaten waren es mit 1,25 Milliarden Euro Nettogewinn fast 40 Prozent weniger als 2013. Allein im dritten Quartal musste die Bank knapp 900 Millionen Euro für Vergleiche und Strafen aufwenden, die Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten summieren sich aktuell auf drei Milliarden Euro. Dabei läuft das eigentliche Bankgeschäft gut.

Jain betonte am Mittwoch, man wolle die Probleme so schnell wie möglich lösen. Die Herausforderung sei größer als man gedacht habe. Allerdings gebes es ein große Unsicherheit über die dafür noch benötigte Zeit und die Kosten, ergänzte Finanzvorstand Stefan Krause Für 2014 seien sie derzeit nicht absehbar. Allein für angebliche Manipulationen im Devisenhandel könnten der Bank Strafen in Höhe von bis zu fünf Milliarden Dollar (3,9 Milliarden Euro) drohen, heißt es in einer Studie der Citigroup.

Die Deutsche Bank will die rechtlichen Probleme auch dadurch lösen, indem sie dafür im Vorstand ein eigenständiges Ressort einrichtet. Der 44-jährige Bank-Manager Christian Sewing wird es ab 1. Januar leiten. Der einzige Neuzugang ist der Investmentbanker Marcus Schenck, der vom großen Rivalen Goldman Sachs kommt. Der 48-Jährige, von 2006 bis 2013 Finanzchef beim Energieriesen Eon, löst Stefan Krause als Finanzvorstand ab, allerdings erst nach der Hauptversammlung im Mai 2015. Bis dahin soll er sich als Generalbevollmächtigter einarbeiten. Der seit 2008 amtierende Krause (51) bleibt im Vorstand und soll sich von November anstelle von Henry Ritchotte um die Umsetzung der Strategie und die langfristige Entwicklung der Bank kümmern. Krause war 2008 von BMW zur Deutschen Bank gekommen und Insidern zufolge innerhalb des Geldhauses zuletzt in die Kritik geraten. So hatte die Notenbank von New York der Bank Schlampereien bei der Bilanzierung der US-Tochter vorgeworfen.

Ob diese Veränderungen an der Spitze zu einer schnelleren Lösung der juristischen Probleme führen, ist offen. Auch der jüngste Zwischenbericht listet auf acht eng bedruckten Seiten die Klagen und Ermittlungen gegen die Bank auf. So manipulierten Mitarbeiter mehrerer Großbanken über Jahre die wichtigen Referenzzinsen für das Geldgeschäft der Banken untereinander (Libor/Euribor). Die Deutsche Bank akzeptierte Ende 2013 eine EU-Strafe. In den USA und Großbritannien steht eine Einigung noch aus. Die könnte nun kommen – die Bank bestätigte im Quartalsbericht direkte Verhandlungen mit den Behörden. Auch Co-Vorstand Fitchen ist im Visier, gegen ihn wurde Klage wegen angeblicher Falschaussage im Fall Leo Kirch eingereicht. Die Bank sei „dem Risiko hoher finanzieller Schäden und Kosten“ ausgesetzt. „Es ist wahrscheinlich, dass dem Konzern beträchtliche Aufwendungen entstehen“, heißt es im Zwischenbericht. Seit 2009 hat die Bank mehr als fünf Milliarden Euro für Vergleiche und Strafen gezahlt.

Generell sehen Jain und Fitschen das Institut auf dem richtigen Weg. Den jüngst abgeschlossenen Banken-Stresstest habe das Institut ohne Probleme bestanden. Er habe gezeigt, dass die Deutsche Bank, über „den größten Kapitalpuffer“ aller großen europäischen Banken verfüge. Das Ergebnis im Bankgeschäft sei bei einen von 18 auf 266 Millionen Euro gestiegenen Vorsteuergewinn im dritten Quartal solide, in allen Geschäftsfeldern gebe es Zuwächse. Im Investmentbanking gab es vor allem im Devisenhandel ein Plus, die Erträge in der Privat- und Geschäftskundensparte legten trotz der niedrigen Zinsen zu und in der Vermögensverwaltung für betuchte Kunden sammelte die Deutsche Bank im dritten Quartal 17 Milliarden Euro an frischen Geldern ein, so viel wie nie zuvor in einem Quartal. Insgesamt verwaltet die Sparte jetzt ein Vermögen von einer Billion Euro.

Auch bei der Reduzierung der Kosten, die bis Ende 2015 um 4,5 Milliarden Euro sinken sollen, kommt die Bank voran. Bereits Ende September hat sie mit Einsparungen von 2,9 Milliarden Euro das fürs Jahresende angepeilte Ziel erreicht. Die Zahl der Mitarbeiter ist weltweit seit Ende 2013 um rund 600 auf knapp 97 800, in Deutschland um 800 auf gut 45 .600 geschrumpft. Erschwert wird der Sparkurs aber durch die Erhöhung der Fixgehälter in den Top-Etagen. Sie werden als Ausgleich zu den niedrigeren Boni deutlich angehoben, bei den Vorstandsmitgliedern um mehr als das Doppelte, bei Jain und Fitschen um 60 Prozent.