Der Fachkräftemangel in der Altenpflege macht auch um Leinfelden-Echterdingen keinen Bogen. Foto: Archiv dpa

In Leinfelden-Echterdingen fehlen schon heute Pflegefachkräfte. Und es werden immer mehr ältere Menschen durch den demografischen Wandel. Der Sozialbürgermeister Alexander Ludwig hat sich an die Sozialministerin gewandt.

Leinfelden-Echterdingen - Die Gesellschaft wird immer älter. Es stellt sich die Frage, wer die vielen alten Menschen in Zukunft pflegt. Schon jetzt haben Altenpflegeeinrichtungen in L.-E. Schwierigkeiten, examinierte Kräfte zu finden. Das Thema hat die „Arbeitsgemeinschaft Pflege und Hilfe“ mit Bürgermeister Alexander Ludwig diskutiert. Er hat anschließend der Sozialministerin Katrin Altpeter einen Brief geschrieben. Darin zeigt er Lösungsansätze auf, wie dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden könnte. Aus Sicht von L.-E. würden etwa Erleichterungen bei ausländerrechtlichen Hürden und Sprachschulungen die Lage verbessern.

Ronald Bachmann, Leiter des AWO-Seniorenzentrums Sonnenhalde in Musberg, kennt den Fachkräftemangel aus der Praxis. „Der Markt der Pflegefachkräfte ist leer gefegt.“ Leichter sei es dagegen, Pflegehilfskräfte zu finden. „Es wurde aber auch zu wenig ausgebildet“, sagt er. Doch Lehrlinge zu finden, sei nicht einfach. „Wir haben nicht alle Lehrstellen besetzt.“

Generalisiertes Misstrauen

Der Ruf sei auch ein Problem. „Wenn Menschen pauschal über Pflegeheime urteilen und der Arbeit der Mitarbeiter generalisiertes Misstrauen entgegen bringen, kann das zu Frustration führen.“ Bachmann wünscht sich, dass das Ansehen gestärkt wird. Pflegefachkraft für Senioren zu sein, sei ein sehr spannender Beruf, den er sich auch für „moderne, junge Männer“ vorstellen kann, die unter den Senioren angesehen seien.

Auch Christine Beilharz, die Leiterin der Diakoniestation auf den Fildern, wünscht sich mehr Wertschätzung für den Beruf der Pflegefachkraft, um ihn attraktiver zu machen: „Manche Menschen haben die Einstellung ‚Pflegen kann jeder‘. Das trifft aber nur für die einfache Grundpflege zu.“ Ansonsten sei eine Professionalisierung der Fall, um der wachsenden Komplexität des Berufs zu begegnen. Auch in der ambulanten Pflege der Diakonie werden examinierte Fachkräfte gesucht. Sie könne sofort drei solcher Kräfte einstellen, sagt Beilharz. Sie begrüßt es ausdrücklich, dass Ludwig an die Ministerin geschrieben hat.

Werbekampagne für mehr Akzeptanz

Ministerin Altpeter will zur Attraktivitätssteigerung beitragen. Sie schreibt Ludwig: „Daher starten wir im Herbst die Informations- und Werbekampagne ,Attraktivität der Pflegeberufe und der sozialen Berufe‘.“ Helmut Zorell, der Sprecher des Sozialministeriums, sagt, dass die Kampagne am 20. Oktober vorgestellt wird. Sie soll Plakate, das Internet und Facebook nutzen. „Sie richtet sich an Schüler, an Wiedereinsteiger nach der Familienzeit und an Arbeitslose.“

Ludwig schreibt in seinem Brief an Altpeter: „Ein weiteres Problem, das die Heimleitungen unserer örtlichen Pflegeheime als großes Hindernis bei der Gewinnung von Fachkräften zur Sprache gebracht haben, sind die ausländerrechtlichen Vorschriften sowie Schwierigkeiten im Bereich der Verständigung.“ Bachmann hat einen solchen Fall erlebt. „Mir wurde vom Ausländeramt frühzeitig gesagt, dass eine weitere Beschäftigung einer aus Kenia stammenden Frau nach ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr nicht möglich sein wird. Dabei hat sie ihre Arbeit sehr gut gemacht.“ Er hätte sie sich als Auszubildende vorstellen können. „Ich kann nicht verstehen, dass man da Türen zumacht.“

Ausländerrechtliche Probleme

Im Schreiben Altpeters heißt es zu dem Thema: „Für eine Veränderung der ausländerrechtlichen Vorschriften und eine Ausweitung der Absprachen über die Vermittlung von Pflegefachkräften habe ich mich bereits eingesetzt.“ Ferner schreibt sie, dass die Bundessozialministerin Ursula von der Leyen Vermittlungsabsprachen mit anderen Ländern prüfe.

Eine Branchenkennerin aus der Region sagt, ausländische Fachkräfte seien nicht das erhoffte Allheilmittel. „Sehr oft gibt es eine starke Sprachbarriere.“ Es gebe demente Menschen, die nur auf den schwäbischen Dialekt reagierten. Man könne deshalb nur mit einer begrenzten Zahl ausländischer Fachkräfte arbeiten. Sie weiß, dass vor allem der Verdienst Bewerber abschrecke, Pflegefachkraft zu werden. Außerdem kämen auf einen Interessenten vier Senioreneinrichtungen, „die um ihn kämpfen. Die Aufstiegsmöglichkeiten sind sehr gut “, sagt sie. Ludwig bringt die Situation in der Altenpflege auf den Punkt: „Man hat dort eine sehr sichere berufliche Karriere.“