Ursula Wehinger vor ihrem Lieblingsstück, einem Bus aus Argentinien Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Ursula Wehinger arbeitet seit fast 40 Jahren für das Mercedes-Museum. Sie erzählt , warum man ein Museum eigentlich keinesfalls in die Höhe baut, warum es ein Modell für die Welt ist und was eine goldene Kehrwoche ist.

Stuttgart - Frau Wehinger, man kann ja mit Fug und Recht sagen, dieses Museum ist ihr Baby. Sind Sie stolz, wie es sich in den zehn Jahren entwickelt hat?
Wenn schon, dann ist es mein Enkele. Schließlich bin ich die Museumsoma (lacht). Ich bin immer schon im Museum. Ich habe während meines Studiums der Technikgeschichte im Archiv geschafft und bin direkt in das Ausstellungsgeschehen eingestiegen. Das war Anfang der 80er Jahre.
Damals war das Museum noch im Werk.
Ja. Und die Entscheidung, vors Werk zu gehen, war nicht einfach. Das Museum ist ja auch Repräsentationsfläche, die gute Stube. Die erste Überlegung war, die Kantine abzureißen und sich im Werk zu vergrößern.
Warum ging man dann doch vors Tor?
Man wollte auch Busse und Laster zeigen. Damit war klar, es wird irgendwie ein Wums, ein Riesending. Ein Automuseum braucht Fläche, ein Kunstmuseum braucht Wände. Deshalb ist es ja auch so ein Bollen.
Ein Bollen? Was sagt der Architekt Ben van Berkel dazu?
Das habe ich mit ihm diskutiert. Er sagt: Das ist ein hochelegantes Gebäude. Ich würde ihm da natürlich nicht widersprechen.
Aber wohin damit?
Genau. Man hat lange überlegt, wo geht man mit dem Museum hin, wenn man so viel Fläche braucht. Dann kam S 21, man liebäugelte mit der Fläche, wo jetzt die Sparkassenakademie ist. Das alte Flugfeld in Böblingen war auch in der Diskussion. Berlin wegen des Tourismus. Oder eben dieses Grundstück, wobei es voll bebaut war.
Was stand da?
Das Grundstück hat immer dem Daimler gehört. Aber da stand ein wildes Sammelsurium. Es gab hier eine Radrennbahn aus Holz, Container für Versuchsingenieure und die amerikanische Wäscherei, die Wäsche von allen amerikanischen Soldaten hat man hier gewaschen. Da standen Baracken mit einer Unzahl an Waschmaschinen.
Warum baute man dann hier?
Was soll ein Stuttgarter Museum in Böblingen oder in Berlin? Im Ernst, wir haben diskutiert und wollten das Museum am Werk behalten. Wie sich am Andrang zeigt, war das die richtige Entscheidung. Dann haben wir zehn Architekturbüros eingeladen zu einem Workshop.
Alle miteinander? Das hat funktioniert?
Es blieb ihnen ja nichts anderes übrig. Wer den Auftrag wollte, musste mitmachen. Wir haben dann Ausflüge gemacht, sind auf den Rotenberg gefahren oder Richtung Fernsehturm. Um den Architekten zu zeigen, Stuttgart ist eine Stadt mit Tal und Hügel, das muss ein Gebäude werden, wo man aus allen Seiten drauf schauen kann. Deshalb haben wir auch so ein schönes Dach.
Am Ende wurde van Berkels Entwurf umgesetzt. War das auch Ihr Favorit?
Nicht unbedingt. Alle, die mit Museum zu tun haben, wissen, dass Museen von innen nach außen funktionieren. Und die Architekten und die Entscheider wollten ein „landmark“, ein Wahrzeichen. Doch als Museumsfrau weißt du, alle Vertikalbewegungen sind lang und aufwendig.
Vor allem mit Ihren kleinen Exponaten.
Ja, die sind so schön handlich. Wenn sie die Autos umstellen oder ein neues hinzubekommen, ist das ein wahnsinniger Aufwand. Mein persönlicher Favorit war der Entwurf einer japanischen Architektin. Relativ schlicht außen, drinnen eine Landschaft. Aber so, dass du die Fahrzeuge bewegen, Räume abgrenzen kannst – also ein Museum für Autos. Aber es wurde dann halt nur der zweite Platz.
Aber das hätte viel Platz beansprucht?
Ja, das ganze Grundstück wäre davon belegt worden. Es wäre innen mit Gärten gewesen, mit Lichtkegeln.
Haben Sie Ihren Frieden gemacht.
Täglich, außer montags.
Montags?
Dann hat das Museum geschlossen. Da räumen wir um und arrangieren neu. Und testen den Brandschutz. Es ist ja ein Hochhaus. Alles, was hier drin ist, ist Brandschutzklasse eins. Das alles machen wir montags. So ist das, wenn man in die Höhe baut.