Solmaz und Mehmet Ceri stecken viel Energie in ihren Laden. Foto: Judith A. Sägesser

Wie überleben kleine Lebensmittelläden jenseits der großen Ketten? Was zeichnet sie aus? Wer treibt sie um, und was treibt diejenigen wiederum an? Eine Serie geht diesen Fragen nach. Dieses Mal: das Tante-Emma-Lädle in Heumaden.

Heumaden - Mehmet Ceri zittert mit dem VfB, genau wie seine Kinder. Wer seinen Laden am kleinen Quartiersplatz im Heumadener Gebiet „Über der Straße“ besucht, kann die Fanfähnchen der Roten kaum übersehen. Mehmet Ceri hat sie über die Tür gepinnt, dort hängen auch Fotos und Postkarten von Kunden, die inzwischen so etwas wie Freunde sind. Der Mann kennt die Allermeisten, die bei ihm Äpfel, Milch, Wein oder Nudeln einkaufen mit Namen.

Ungewöhnlich viel Gemüse und Obst

Mehmet Ceri verkörpert genau das, was der Name seines Lädchens verspricht: Tante Emma. Sein türkischer Akzent tut dem überhaupt keinen Abbruch. Im Gegenteil, das südländische Flair ist ein Pluspunkt. Dazu passend liegen in der Theke selbst eingelegte Oliven, Schafskäse und Auberginen, und die ungewöhnlich reichhaltige Auswahl an Obst und Gemüse spricht dafür, wie groß Gastfreundschaft bei seinen Landsleute geschrieben wird.

Als Mehmet Ceri und seine Frau Solmaz mit dem Lädle angefangen haben, hätten sie selbst nicht gedacht, dass sie sich elf Jahre lang halten würden. Reich werden sie nicht, das sagen sie klar. „Man kann gerade so davon leben“, sagt er. Für eine immerhin fünfköpfige Familie. Die drei Kinder der Ceris gehen aufs Geschwister-Scholl-Gymnasium. Sie helfen zwar im Laden, wenn Not am Mann ist, aber grundsätzlich gilt bei der Familie das Gesetz: Schule geht vor.

Im Wohngebiet „Über der Straße“ wohnen rund 2500 Menschen. 2500 Menschen, ohne die die Ceris dicht machen könnten. Auf Laufkundschaft wartet das Tante-Emma-Lädle erst gar nicht. Der Platz, der früher einmal so etwas wie ein kleines Ladenzentrum war, ist längst verwaist. Gut funktionieren von hier aus allenfalls Verkaufsgeschäfte übers Internet, wie an dem einen oder anderen Schild abzulesen ist.

Das Paar freut sich auf das neue Wohngebiet

Doch Mehmet und Solmaz Ceri sind von der zähen Sorte. „Wir wollen nicht, dass diese Ecke ausstirbt. Deshalb sind wir für die Siedlung da“, sagt er. „Aber wir erwarten auch, dass die Siedlung für uns da ist, man sollte dort kaufen, wo man wohnt.“ Dass derzeit in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft knapp 100 Wohnungen gebaut werden, freut das Ehepaar natürlich. Es kann schließlich nur besser werden.

Während des vergangenen Jahrzehnts, in dem die Ceris den Tante-Emma-Laden mit türkischer Atmosphäre führen, hat sich einiges verändert. Sie haben eine Stammkundschaft aufgebaut, sie haben ihr Sortiment optimiert – und sie haben sich sogar vergrößert. Solmaz Ceri hat vor dreieinhalb Jahren die kleine Bäckerei gleich nebenan übernommen. „Für sie ist jeder Kunde ein König“, sagt Mehmet Ceri, es klingt sehr liebevoll und bewundernd. Doch er handhabt das kaum anders. Dem Jungen, der gerade mit seiner Mutter an der Kasse stand, hat er eine Banane als Geschenk angeboten. Doch der Kleine wollte nicht, wohl aus Verlegenheit.

Mittags isst die Familie zusammen

In der Heumadener Backstube verkauft Solmaz Ceri Brot, Brötchen und Kuchen des Sillenbucher Bäckers Unger. Wer möchte, kann in einem der Ledersessel bei einer Tasse Kaffee verweilen. Mittags essen die Ceris hier in der Regel mit ihren Kindern. „Es ist uns wichtig, dass sie mittags was Warmes kriegen“, sagt der Vater. Außerdem ist es gut fürs Familiengefühl. „Unser Leben ist ein Dreieck“, sagt er und meint den Laden, die Bäckerei und ihr Zuhause schräg gegenüber.

Was seinen Laden angeht, ist Mehmet Ceri ein Autodidakt. Bevor er ihn eröffnet hat, hat er als Koch in der Gastronomie gearbeitet, das mit dem Einzelhandel hat er sich selbst beigebracht, erzählt er. Sein Ziel war: „Ich will selbstständig sein.“ Das Ziel hat er erreicht und hat nun ein neues: „Ich darf nicht krank werden.“ Sonst hat er niemanden für den Laden.