Geht mit Selbstversuchen an seine Grenzen und an die der Zuschauer: Jenke von Wilmsdorff Foto: RTL

Säufer, Kiffer, alleinerziehende Mutter und Flüchtling vor Lampedusa: Mit seinen Selbstversuchen sorgte Jenke von Wilmsdorff für Furore. In den neuen Folgen von „Das Jenke-Experiment“ widmet er sich nun den Themen Stress, Körperkult, Massentierhaltung und Organspenden.

Stuttgart - Herr von Wilmsdorff, für Ihre TV-Reihe „Das Jenke-Experiment“ unterziehen Sie sich regelmäßig waghalsigen Selbstversuchen. Haben Sie denn gar keine Angst?
Nein, habe ich nicht. Wenn ich Angst um Leib und Seele hätte, könnte ich das in der Form nicht machen. Jedes Experiment fordert mich körperlich und psychisch zwar extrem, aber ich bereite mich auf jedes einzelne genauestens vor. Und ich mache bewusst nur vier Selbstversuche pro Jahr, alles andere würde die Gefahr in sich bergen, dass es auf Dauer doch einige Spuren bei mir hinterlässt.
Bei einem Experiment haben Sie exzessiv Alkohol getrunken, ein anderes Mal haben Sie sich eine Plauze angefuttert. Wie lange hat es jeweils gedauert, bis Sie wieder im grünen Bereich waren?
Beim Ess-Experiment hatte ich ja vier Wochen zwischen 6000 und 7000 Kilokalorien täglich zu mir genommen und hatte am Ende siebeneinhalb Kilo mehr. Es hat noch einmal vier Wochen gebraucht, um dieses Gewicht wieder loszuwerden. Beim Alkohol hat es länger gedauert, denn es war bei mir eine Gewöhnung entstanden, und ich konnte nicht sofort nach Beendigung des Experiments aufhören zu trinken, sondern habe acht Wochen gebraucht.
Sie waren ja sogar angeschickert, als Sie einen Fernsehpreis erhalten haben. Ist Ihnen denn gar nichts peinlich?
Ich war nicht angeschickert, sondern ich hatte echt einen im Kahn. Ich musste mich total zusammenreißen, damit niemand merkt, dass ich alkoholisiert auf die Bühne gehe, um meinen ersten Fernsehpreis entgegenzunehmen. In dem Moment bin ich richtig erschrocken. Aber im Grunde habe ich kein Problem damit, mich vor laufender Kamera zum Klops zu machen. Wenn ich mir manches im Nachhinein nüchtern ansehe, denke ich zwar spontan: „Oh Gott, musste das sein?“ Aber dann komme ich rasch zu der Antwort, dass es sein musste, weil es zum Experiment gehörte.
Was ist der höhere Sinn Ihrer Selbstversuche?
Bei mir selber haben zum Beispiel die Experimente über Tod, Altern und Behinderung eine andere Sicht auf die Gesellschaft und meine persönliche Verantwortung bewirkt. Ich hoffe natürlich, dass ich mit meinen Experimenten auch beim Zuschauer etwas hinterlasse. Und wir streben mit der Sendung künftig noch mehr Nachhaltigkeit an, wir wollen dauerhaft etwas verändern. Mit dem Experiment zum Thema Organspende wollen wir die Richtung für die Zukunft vorgeben.
Eine Ausgabe der neuen Staffel dreht sich ums Organspenden. Machen Sie da etwa auch einen Selbstversuch?
Nein, mehr als eine Blutspende ist da nicht drin. Das ist aber auch nicht unser Ansatz. Ich versuche in diesem Experiment, mit verschiedenen Aktionen möglichst viele Menschen zu gewinnen, die sich mit dem Thema Organspende auseinandersetzen und sich einen Organspende-Ausweis herunterladen. Wir haben eine Internetseite eingerichtet, auf der alle Fragen beantwortet werden. Da setzen wir uns auch kritisch mit den Skandalen der letzten Zeit auseinander.
In den neuen Folgen machen Sie außerdem unter anderem einen Selbstversuch zum Thema Stress. Was ist da Ihr Anliegen?
Ich möchte mit dieser Folge zeigen, wie man Stress erkennt und vermeidet. Wie baue ich mir eine Work-Live-Balance auf? Und welche Auswirkungen hat Stress?
Wie hat man Sie für den Selbstversuch denn gestresst?
Zum Beispiel mit Schlafmangel. Schlafentzug ist bei mir Foltermittel Nummer eins, da werde ich übellaunig und ungerecht. Das Fiese war, ich habe wenig geschlafen, hatte dabei aber den Alltag eines Multijobbers mit drei stressigen Berufen an einem Tag, und zusätzlich musste ich weitere Aufgaben erledigen. Man hat mir zum Beispiel eine Säuglingspuppe gegeben, die den Schlaf- und Pflegerhythmus eines Neugeborenen hat. Die musste ich nachts dauernd wickeln, sonst hat sie geschrien. Das hat mich auch irrsinnig gestresst.
Sie sind Schauspieler und hatten Nebenrollen in Serien wie „Lindenstraße“. Wie viel von „Das Jenke-Experiment“ ist gescripted?
Ich habe vierzehn Jahre lang als Schauspieler gearbeitet, habe hauptsächlich Theater gespielt und hatte im Fernseher die ein oder andere kleine Rolle. Bei den Experimenten spiele ich aber nichts, sondern bin authentisch und gebe nichts vor, was nicht so ist. Zum Glück lässt mir der Sender diese Freiheit und sagt nicht, ich müsse dramatischer werden oder erschrockener tun, als ich das bin.
Was entgegnen Sie Kritikern, die Ihnen vorwerfen, die Sendung diene nicht der Aufklärung, sondern eher der Sensationsgier?
Diese Kritik hat mich nicht überrascht, schon im Vorfeld der Sendung war mir klar, dass es nicht nur Lob geben würde. Aber ich fürchte, so mancher Journalist ist da vielleicht voreingenommen gegenüber RTL und hat sich nicht intensiv genug mit der Sendung auseinandergesetzt.
Die Wilmsdorffs sind ein altes Adelsgeschlecht. Was sagt eigentlich Ihre adelige Verwandtschaft zu Ihrem Treiben?
Die Blütezeiten der Wilmsdorffs sind ja schon lange vorbei, und abgesehen von meinem Bruder und meiner Mama hat sich noch niemand dazu geäußert (lacht). In unserer Familie pflegt allerdings auch niemand, den ich kenne, diesen Adelsdünkel, und es hat sich noch niemand bei mir beschwert, dass ich das adelige Geschlecht in Verruf bringen würde.

„Das Jenke-Experiment“: ab Montag, 21.15 Uhr, RTL