Es ist angerichtet: Privatgalerien freuen sich auf viele Besucher Foto: Hartmann Projects/hp

In Museen ist 2 G plus verpflichtend. Privatgalerien zählen zum Einzelhandel – es gilt 2 G. Doch kaum jemand weiß das

Stuttgart - Verkehrte Welt: Bibliotheken sind Bildungseinrichtungen, Museen sind Freizeiteinrichtungen. So will es die gültige Corona-Verordnung und sorgt zumindest national für Ärger. 2 G plus fege die Museen leer, tönt es aus Berlin.

Hohes Sicherheitsgefühl

Den Ärger mag man in Stuttgart „in dieser Form“ nicht teilen, sagt ein Sprecher der Staatsgalerie Stuttgart unserer Zeitung. „Wir beobachten seit längerem, dass sich unser Publikum vor einem Besuch sehr gut informiert“, sagt Georg Rothe. Interessant sei zudem, dass es eine „Umkehrung der Kommentare in den sozialen Medien“ stattgefunden habe. Sei die Maskenpflicht zu Beginn der Pandemie als große Einschränkung empfunden worden, werde nun „gerade das strikte Sicherheitskonzept der Staatsgalerie gelobt“. „Das Gefühl, hier bin ich sicher“, sagt Rothe, „ist offenbar von zentraler Bedeutung und wird entsprechend positiv geteilt“.

Privatgalerien sehen Defizite

Solch positive Einschätzung würden die Privatgalerien in der Region Stuttgart auch gerne teilen. „Wir spüren eine große Verunsicherung im Publikum“, aber sagt Kay Kromeier, Partner in der Galerie Schlichtenmaier in Stuttgart und Grafenau. Kromeier ist zudem Sprecher jener 18 Galerien, die in jedem Frühjahr und in jedem Herbst in Stuttgart zum zweitägigen Galerienrundgang Art Alarm einladen.

Privatgalerien zählen zum Einzelhandel

„Die Leute lesen in der Corona-Verordnung, für Galerien gelte 2 G plus“, sagt Kromeier, „gemeint sind aber Museen, Kunstvereine und Kunsthallen“. Privatgalerien dagegen zählen zum Einzelhandel – und dort greift 2 G, sprich, eine aktueller Testnachweis fällt weg. „Es wäre für uns wesentlich einfacher, wenn dies deutlich artikuliert wäre“, sagt Kromeier. Kann aber eine Privatgalerie das Überprüfen des Impfstatus’ ebenso garantieren wie ein Museum? Immerhin sorgt vor den Türen der Staatsgalerie eine eigene Mannschaft dafür, dass erst gar niemand das Museum betritt, der die 2 G-plus-Voraussetzungen nicht erfüllt.

Kein aktueller Test für Galeriebesuche

„Gerade das Publikum der Privatgalerien ist hier sehr diszipliniert“, ist sich Kay Kromeier sicher. Und am einfachsten lasse sich, nicht anders als in kleineren Ladengeschäften auch, der Impfstatus direkt an der jeweiligen Eingangstüre klären. „Dazu aber“, sagt er, „muss ich schon wissen, dass ich nicht eigens einen aktuellen Test brauche“.

Schwierige Marktlage

Für die Privatgalerien kommt die neue Unsicherheit zur Unzeit. Gerade erst hatte der stationäre Kunsthandel wieder Anlauf genommen. Jetzt sieht er sich jäh gestoppt und muss fast hilflos zusehen, wie die Auktionshäuser immer noch größere Bereiche der Gegenwartskunst in ihre Versteigerungen aufnehmen und damit zunehmend auch den Primärmarkt dominieren. Umgekehrt haben auch die Galerien 2020 ihr Onlineangebot massiv ausgebaut – „unser ganz großes Alleinstellungsmerkmal aber“, sagt Kay Kromeier, „ist das Gespräch direkt vor einem Kunstwerk, ist die Möglichkeit, Bildervergleiche anzubieten, ist die Chance, die Werke buchstäblich von allen Seiten betrachten zu können.“

Nächster Art Alarm im April 2022

Und schon jetzt blickt Kromeier nach vorne: Die Planungen für den nächsten Art Alarm in Stuttgart am 9. und 10. April 2022 laufen bereits. „Für dieses Wochenende haben wir uns alle wirklich viel vorgenommen“, sagt der Art Alarm-Sprecher.

In der „Freizeiteinrichtung“ Staatsgalerie Stuttgart zeigen die Besucherinnen und Besucher derweil ihre digitalen Nachweise fast lächelnd. Die Freude etwa auf die aktuelle Rubens-Schau „Becoming Famous“ ist offenkundig größer als möglicher Ärger über kurze Wartezeiten und die Bitte um den 2 G plus-Nachweis.