Christian Gentner. Foto: dapd

VfB-Mittelfeldspieler Christian Gentner über Kritik an seiner Person und Pfiffe im Stadion.

Stuttgart - Im Sommer kam er mit großen Vorschusslorbeeren aus Wolfsburg. Viele sahen in ihm sogar den kommenden Führungsspieler des VfB. Christian Gentner konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Der Mittelfeldspieler enttäuschte fast über die gesamte Spielzeit - und war damit ein Spiegelbild des VfB-Teams. Als Sündenbock aber musste Gentner oft selbst herhalten. Ein Gespräch über die Gründe des Niedergangs.

Herr Gentner, was ist falsch gelaufen in dieser Saison?

Da gibt es einiges. Es ging beispielsweise schon in der Sommer-Vorbereitung los. Viele Nationalspieler kamen nach der WM später zum Kader, es gab gleich viele Verletzte, und so haben wir unseren Rhythmus nicht gefunden.

Sie kamen auch aus dem Takt - Sie mussten im Sommer als Innenverteidiger aushelfen.

Ja, aber das war nicht das Problem, es war ja mit dem damaligen Trainer Christian Gross so abgesprochen. Wir sind mit Negativerlebnissen gestartet und sind aus diesem Strudel dann nicht mehr herausgekommen. Mir ging es da wie dem gesamten Team.

Was lief noch falsch?

Ein Problem von mir war, dass viele in mir keinen Neuzugang mehr gesehen haben, sondern einen Spieler, der sich mit allem schon auskennt. Dabei kannte ich nur noch drei Spieler aus dem Meisterjahr 2007, die anderen waren neu. Ich musste mich neu einfinden - und wenn du die Saison so schlecht beginnst, tust du dich damit umso schwerer.

Aber kann man sich da nicht selbst mal einen Ruck geben und sich aus der Krise kämpfen?

Das sagt sich leichter, als es ist. Wir hatten Schlüsselspiele in dieser Saison, zum Beispiel das 3:3 nach einer 3:0-Führung beim 1.FC Kaiserslautern im November. Wenn man solche Spiele dann nicht gewinnt, ist es natürlich schwer, sich aus diesem Negativsog zu befreien - als Mannschaft und auch persönlich.

Sie selbst mussten sich oft Pfiffe der eigenen Fans gegen sich anhören. Was fühlt man da?

Das tut weh, ganz klar. Ich kann unsere Fans aber verstehen. Sie leiden mit dem VfB, da sind Pfiffe in Krisenzeiten normal.

Viele Beobachter werfen Ihnen vor, dass Sie sich oft verstecken im Spiel und die Bälle nicht mehr fordern.

Das sehe ich anders. Nehmen wir mal das Rückspiel gegen Kaiserslautern (2:4, d. Red.). Da haben wir als Team in der zweiten Hälfte überhaupt nicht mehr funktioniert. Das alles an einem Spieler festzumachen ist aber zu einfach - egal ob an mir oder jemand anderem.

"Meine Stärken liegen im spielerischen Bereich"

Viele Leute tun das aber. Die werfen Ihnen auch mangelnden Kampfgeist vor.

Natürlich kämpfe ich in jedem Spiel. Mir ist aber schon klar, dass es manchmal etwas anders rüberkommt. Ich denke, das ist auch meiner Spielweise geschuldet. Meine Stärken liegen eben eher im spielerischen Bereich. Aber das heißt nicht, dass ich nicht kämpfen kann.

Es wird bemängelt, dass Sie keine Zeichen setzen oder mal die Ärmel hochkrempeln.

Ich kann nicht von heute auf morgen meine Spielweise ändern. Was ich mir ankreide ist, dass meine Leistungen oft schlecht waren und die Kritik berechtigt ist.

Sehen Sie sich eigentlich als Führungsspieler?

Ein Führungsspieler ist der, der mit Leistung vorangeht und die anderen so mitreißt. Und wenn die Leistung nicht stimmt, kann man andere nur schwer mitreißen.

Sie haben schon in der Jugend beim VfB gespielt, Ihre Familie ist in der Region verwurzelt. Wie nah geht Ihnen der Niedergang?

Die Situation ist ernst, aber wir haben es selbst in der Hand, die Klasse zu halten. Ich weiß, dass der Begriff abgedroschen klingt - aber der VfB ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich leide mit dem Verein. Hier bin ich groß geworden, ich habe dem Club sehr viel zu verdanken. Man hat mich immer super behandelt. Und noch was ist mir ganz wichtig.

Bitte sehr.

Ehrgeiz, Disziplin, die schwäbischen Tugenden, da finde ich mich wieder. So bin ich in meinem Elternhaus erzogen worden. Ich identifiziere mich total mit diesen Werten unserer Region und des VfB.

Das heißt, Sie bleiben auch im Abstiegsfall?

Damit beschäftige ich mich nicht, denn wir halten die Klasse.