Im Londoner Nobelstadtteil Chelsea pilgern bis Samstag Tausende Blumenfans zur prestigeträchtigsten Gartenmesse der Welt Foto: Getty

Briten leben fürs Gärtnern. Bis Samstag pilgern Zehntausende auf die Chelsea Flower Show. Doch es gibt immer weniger Gärten auf der Insel, warnt die Königliche Gartenbau-Gesellschaft.

London - Die Pfennigabsätze sinken im perfekten, wenn englischen Rasen ein. Es schüttet wie aus Kübeln und selbst die meisten Blüten schließen sich ob des grauen Londoner Frühlingstags und lassen ihre Schönheit nur erahnen. Die britische C-Prominenz ist trotzdem „entzückt“. Immerhin holt sie sich ihre Erkältung auf der Chelsea Flower Show, der berühmtesten Gartenmesse der Welt, die von diesem Donnerstag an auch der Öffentlichkeit zugänglich ist. Etwa 165 000 Gäste werden erwartet.

Nicht nur die besten Gärtner und größten Blumenfans pilgern bis Samstag in die britische Hauptstadt. Die Schau bildet auch den Auftakt der gesellschaftlichen Saison, sie ist ein Pflichttermin für Adlige und Promis auf der Insel. Also setzt sich die Oberschicht ihre Hüte auf, schmeißt sich in die besten Kleider und gibt in den mühevoll angelegten Designergärten unter Regenschirmen Interviews. Die königliche Familie durfte die Blütenpracht bereits am Montagabend bewundern.

Seit 1913 findet die Messe in Londons Nobelstadtteil Chelsea statt, aber bereits 1827 wurde in Chiswick im dortigen Garten eine Ausstellung abgehalten. Dieses Jahr fallen viele Gärten durch ihr wildes Aussehen und natürliche Bepflanzungen auf. Im Trend liegen zudem Wasserkonstruktionen, fließende Formen und Skulpturen.

Gärtnern ist auf der Insel Lebenskultur

Am Rande der Gartenkunst gibt es Champagner und Pimm’s, Fish ‚n’ Chips und Hühnchen. Das Angebot ist so breit wie die Besucherschicht, von denen die einen in edlen Polstersesseln eine Pause einlegen, während die anderen auf Plastikstühlen hocken.

Auf der Insel ist alles, was mit Gärten und Gärtnern zu tun hat, eine Lebenskultur. Egal, ob auf einer Dachterrasse, in einem winzigen Vorgarten oder einem Park, die Briten leben für ihre Gärten – kein Wunder, dass es im Vereinigten Königreich und vor allem in London so viele Grünflächen gibt, die liebevoll gepflegt und ständig besucht werden. „Wir haben nicht nur eine Leidenschaft dafür, sondern sind besessen davon“, sagt die britische Schauspielerin Joanna Lumley, deren Filmkarriere als Bondgirl in den 70er Jahren begann.

Trotzdem ist die Zahl der Gärten in Großbritannien in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Einer Umfrage der Königlichen Gartenbau-Gesellschaft zufolge sind 24 Prozent aller Vorgärten inzwischen gepflastert, betoniert oder voller Kies. 28 Prozent der 1492 Befragten erklärten, es gebe überhaupt kein Grün in ihren Vorgärten.