Sylvia Jahnz im Gespräch mit einem Soldaten. 160 Männer arbeiten im Karrierecenter der Bundeswehr (früher Kreiswehrersatzamt) unter ihrer Führung. Foto: Max Kovalenko

Sie ist eine selbstwusste Chefin beim Karrierecenter der Bundeswehr. Eine Frauenquote hat Sylvia Jahnz nicht nötig: „Ich hätte da als Frau auch ein schlechtes Gefühl, wenn ich einen Job nur wegen einer Quote und nicht wegen meiner Qualitäten bekommen hätte.“

Stuttgart - Sie ist eine selbstwusste Chefin beim Karrierecenter der Bundeswehr. Eine Frauenquote hat Sylvia Jahnz nicht nötig: „Ich hätte da als Frau auch ein schlechtes Gefühl, wenn ich einen Job nur wegen einer Quote und nicht wegen meiner Qualitäten bekommen hätte.“

Guten Tag, Frau Jahnz. Was sagt Ihnen folgendes Zitat: „Nein, Herr Militärarzt, meines Wissens bin ich gesund und fühle mich für alle Waffengattungen geeignet.“
Tut mir leid, da erwischen Sie mich auf dem falschen Fuß.

Okay, Sie bekommen Hilfe. Es stammt von Felix Krull, Thomas Manns Romanfigur, sie beschreibt die Musterungsszene.
Aaach, jetzt dämmert es. Ist ja schon ewig her, dass ich das gelesen habe. Ja, die Zeiten haben sich geändert. Früher gab es schon einige Kandidaten, die um den Wehrdienst herumkommen wollten.

Plaudern Sie doch mal aus dem Nähkästchen.
Manche haben vor der Musterung Medikamente oder Drogen genommen. Damit war der Fall zunächst erledigt. Aber oft folgte das böse Erwachen.

Der Kater nach dem Rausch?
Nein, aber der positive Drogentest wird in den Gesundheitsunterlagen vermerkt. Und für all diejenigen, die beispielsweise eine private Krankenversicherung abgeschlossen und den Drogenkonsum verschwiegen hatten, endete die Sache manchmal fatal.

Dann waren die Zeiten der Wehrpflicht ja richtig spannend. Ist es heute langweiliger?
Das würde ich nicht sagen. Heute ist die Atmosphäre besser. Wenn früher Leute mit unterschwelligen Aggressionen kamen und nichts mit der Bundeswehr zu tun haben wollten, schlug sich das auf die Mitarbeiter nieder. Heute kommen Leute, die wollen zu uns. Da macht die Arbeit mehr Spaß.

Haben Sie gedient?
Nein. Ich kam eher wie die Jungfrau zum Kinde dazu. Ich habe mich nach dem Studium auf Anraten einer Freundin blind beworben und bin prompt genommen worden.

Das hört sich so lapidar an. Aber Ihr Arbeitgeber ist die Bundeswehr. Da braucht man doch auch Identifikation mit dem Brötchengeber.
Zugegeben. Ich hatte mir früher über die Bundeswehr wenig Gedanken gemacht. Auch bei meinem Umfeld löste meine Entscheidung große Diskussionen aus. Ich war sozusagen von Pazifisten und Kriegsdienstverweigerern umzingelt.

Und dann?
(Grinst) Habe ich deren Horizont erweitert. Wir haben uns angenähert.

Haben Sie selbst einen Wandel mitgemacht?
Ich habe mich stark damit auseinandergesetzt. Dabei wurde mir klar: Ich stehe voll hinter der Bundeswehr und ihren Werten.

Und wie ist Ihre Haltung zum Krieg?
Dazu reicht ein Blick ins Grundgesetz. Die Bundeswehr ist nicht nur zur Landesverteidigung da, sondern auch zur Bündnisverteidigung. Alles in allem stehe ich uneingeschränkt hinter diesen Aufgaben.

Kleine Jungs spielen gerne Räuber und Gendarm. Aber wenn eine Frau über Krieg spricht, hat das einen anderen Klang. Wie kommt’s?
Gespräche mit Soldaten, die im Auslandeinsatz waren, haben mir in diesem Zusammenhang viel gegeben. Da erfährt man viel über die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit solcher Einsätze.

Bleiben wir beim Thema Mann/Frau. Wie viele Männer tanzen hier nach Ihrer Pfeife?
160, davon 49 Soldaten.

Muss ein irre gutes Gefühl für eine Frau sein.
(Lacht) Es macht mich nicht zufriedener. Ich denke sowieso nicht in Hierarchien.

Und wie reagieren die Soldaten in der Regel auf Sie?
Mit gespannten Erwartungen. Insgesamt läuft es sehr gut. Denn Soldaten erwarten eine gewisse Konsequenz in der Führung.

Sind Sie privat ein Feldwebel? Oder eher ein Schmusekätzchen?
Schmusekätzchen? Nein. Ich mache lieber klare Ansagen. Aber wissen Sie was?

Nein.
Ich bin Zwilling. Und Zwillinge haben meistens zwei Seiten: manchmal sind sie emotional, manchmal analytisch.

Offenbar eine gute Mischung. Sie haben in einer Männerwelt Karriere gemacht. Stolz?
Vor 15 Jahren hätte ich Ja gesagt. Heute hat sich das verändert, es gibt im Verteidigungsministerium viele Frauen in Spitzenpositionen. Und von den acht Karrierecentern werden vier von Frauen geleitet.

Brauchen wir dennoch eine Frauenquote?
Eigentlich bin ich dagegen. Ich hätte da als Frau auch ein schlechtes Gefühl, wenn ich einen Job nur wegen einer Quote und nicht wegen meiner Qualitäten bekommen hätte.

Was raten Sie anderen Frauen, die in der Männerwelt nur schwer Karriere machen?
Leistung und Einsatz. Das sind Garanten für den Erfolg. Selbstsicherheit kann auch nicht schaden. Das ist in dieser Männerwelt ganz wichtig. Zur Not würde ich mir da auch die Hilfe eines Coaches holen, um mich besser verkaufen zu können. Außerdem sollten sich Frauen zusammentun . . .

. . . geht das?
Warum nicht?

Es gibt den Begriff der Stutenbissigkeit.
Okay, das kommt schon mal vor, wenn nur Frauen zusammenarbeiten. Das habe ich auch schon erlebt. Daher macht es die gesunde Mischung in einem Betrieb. So wie bei uns.

Auch da kann es zu Komplikationen kommen. Sind Sie schon mal Opfer einer sexistischen Anmache geworden?
Noch nie. Vielleicht liegt es ja an meiner Ausstrahlung. Zudem kann ich etwas aushalten.

Das werden die Damen gerne hören. Schließlich sind sie auch eine Zielgruppe der Bundeswehr. Was bieten Sie jungen Menschen?
Zunächst einmal bis zu 1250 Euro Verdienst sowie Kost und Logis. Auch die freie Heilfürsorge ist dabei. Aber darüber hinaus bieten wir viele Möglichkeiten zur Berufsausbildung und sehr gute Aufstiegschancen.

Hört sich gut an. Was bleibt, ist das etwas angestaubte Image der Bundeswehr. Was tun Sie für ein moderneres Bild der Truppe?
Dazu empfehle ich Ihnen folgenden Link auf You Tube: www.youtube.com/watch?v=IeC-rMhGxmM. Das tolle Video beantwortet diese Frage. Da sind wir am Puls der Zeit.

Auch für Frauen, die den Dienst mit der Waffe tun wollen?
Durchaus.

Wie hoch ist eigentlich die Frauenquote bei der Bundeswehr?
Sie liegt bei etwa zehn Prozent, aber ich wünsche mir natürlich 50 Prozent.

Eine Kollegin in der Redaktion beneidet Sie.
Weshalb?

Sie meint, Männer sehen in Uniformen besonders attraktiv aus. Und Sie seien schließlich täglich von solchen Mannsbildern umgeben.
Tja, die Uniform hat schon was. Aber richten Sie Ihrer Kollegin etwas anderes aus: Bei uns arbeiten in der Tat tolle Männer . . .