Modell ohne Zukunft? RB Leipzig feiert den Erfolg gegen 1860 München Foto:  

Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge fordert die Regeln des Financial Fair Play auch in der Bundesliga. Die Etablierten sorgen sich um die Chancengleichheit, wenn Clubs wie RB Leipzig oder 1899 Hoffenheim ihre Investitionen nicht selbst erwirtschaften müssen.

Stuttgart - Für einen Zweitligaaufsteiger heimste RB Leipzig in der Vorbereitung viel Aufmerksamkeit ein. Erst das Theater um die Lizenz mit der erzwungenen Änderung des Logos, dann der Ärger um abgesagte Testspiele. Zuletzt sorgte der Zweitligist mit enorm hohen Transferausgaben für Aufsehen. Aber RB Leipzig ist ja auch kein gewöhnlicher Zweitligist. Gefühlt spielen die von Brause-Milliardär Dietrich Mateschitz gefütterten Sachsen schon Bundesliga, ach was: Champions League. Von vielen werden sie deshalb nicht als Aufsteiger, sondern als Eindringling wahrgenommen. Es wächst die Angst der Liga vor den Neureichen. Auch 1899 Hoffenheim oder der VfL Wolfsburg werden kritisch beäugt.

Mehr als die Hälfte aller Transferausgaben in der zweiten Liga wurden Schätzungen zufolge von RB getätigt, allein den flugs an Red Bull Salzburg weiterverliehenen Massimo Bruno ließ sich der Club nach offiziellen Angaben fünf Millionen Euro plus Boni kosten. Wo ist das Problem?, möchte man fragen, sie haben’s ja! Tatsächlich kann RB Spieler nach Belieben in Spieler investieren. Die Leipziger spielen nicht international. Nur dort gelten die Regeln des Financial Fair Play (FFP). Sie besagen dass ein Verein nicht wesentlich mehr ausgeben darf, als er einnimmt. Private Geldgeber können nur eine geringe Differenz ausgleichen. Kaum vorstellbar ist aber, dass sich beim letztjährigen Drittligisten die Summe seiner Ausgaben und Einnahmen die Waage halten.

Hier kommt Karl-Heinz Rummenigge ins Spiel. Der Vorstandschef des FC Bayern München nahm die Causa Leipzig zum Anlass, über ein Financial Fair Play auch auf nationaler Ebene nachzudenken. „Die ganze Diskussion kann man zu den Akten legen, wenn man FFP zur Lizenzierung auch in der Bundesliga einführt“, sagte Rummenigge. Er empfiehlt der Deutschen Fußball-Liga (DFL), das europäische Lizenzierungsverfahren auf Deutschland zu übertragen und für alle Clubs die gleichen Maßstäbe anzulegen. „Sonst haben wir welche für Red Bull Leipzig und andere für Borussia Dortmund oder Schalke 04. Das kann es nicht sein“, monierte Rummenigge.

Ein Hintergrund der Diskussionen ist: Bei den meisten Clubs im deutschen Profifußball handelt es sich um Kapitalgesellschaften mit verschiedenen Unterformen. Sie werden aber bei der Lizenzierung durch die Deutsche Fußball-Liga anders behandelt als eingetragene Vereine. Die DFL sieht vorerst aber keinen Grund, auf Rummenigges Vorschlag einzugehen. Der Verband bleibt bei seiner Position, die Geschäftsführer Andreas Rettig schon vor einem Jahr darstellte. „Für uns ist das Financial Fair Play der Uefa noch eine Art Blackbox und noch nicht greifbar. Deshalb können wir heute nicht sagen, wir übernehmen das in unserem Lizenzierungsverfahren“, hatte Rettig gesagt.

Keine Frage, die Uefa meint es gut mit ihrem Fair-Play-Gedanken. Sie will Waffengleichheit unter den Konkurrenten. Aber ist die Regel deshalb auch gut? Das größte Problem ist die Transparenz. Bei Real Madrid gilt nach Jahren einer etwas moderateren Einkaufspolitik das Motto: Adios, Zurückhaltung! 110 Millionen Euro machten die Königlichen diesen Sommer für neue Spieler locker – und das bei Schulden von 100 Millionen Euro.

Woher das Geld kommt? Großteils aus Krediten, aber natürlich auch von Sponsoren und Unterstützern, von denen es bei den Königlichen einige gibt. Nur: Wo genau verläuft die Trennlinie zwischen dieser Art der Geldbeschaffung und jener durch arabische oder russische Investoren, die Clubs wie Paris Saint-Germain, Manchester City oder dem AS Monaco als Geldmaschine dienen? Das Gleiche gilt für komplexe Kapitalgesellschaften wie Borussia Dortmund oder den FC Bayern München.

Viele Fans und Funktionäre verstehen die Maßnahmen der Uefa als Gleichmacherei – und begehren auf. Vertreter aus Frankreich, Belgien und England haben Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingelegt. Das Financial Fair Play verstoße gegen EU-Grundrechte wie das auf freien Wettbewerb. Ihr Anwalt Jean-Lois Dupont argumentiert, dass die Kostendeckelung zu stark die Investitionen und die Anzahl von Transfers begrenzt und damit die bestehende Marktstruktur lediglich zementiert. Die Uefa fördere mit FFP den Weg von einem offenen in ein geschlossenes System. Jean-Lois Dupont ist bei der Uefa übrigens kein Unbekannter: Er erstritt 1995 das historische Bosman-Urteil.