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ARD-Intendant Peter Boudgoust denkt im Gespräch mit uns über die Zukunft des Senders nach.

Stuttgart - Wohin steuert der SWR? Am Freitag wählt der Rundfunkrat des zweitgrößten ARD-Senders eine neue Geschäftsleitung. Intendant Peter Boudgoust denkt über die Zukunft des Senders nach.


Herr Boudgoust, wann hat die Landesregierung zuletzt bei Ihnen angerufen?
Sie haben da falsche Vorstellungen. Telefonate mit der Landesregierung gehören nicht zu meinem Arbeitsalltag.

Es gibt aber die berechtigte Annahme, dass Grün-Rot in den vergangenen Wochen bei einigen Personalentscheidungen des Senders versucht hat, Einfluss zu nehmen.
Ich will an dieser Stelle eines klar und deutlich sagen: Auf mich ist noch nie ein Regierungsmitglied zugegangen und hat versucht Einfluss zu nehmen. Das hätte ich auch nicht akzeptiert. Das Prinzip meiner Personalauswahl ist und bleibt gleich: Ich brauche Leute, die Ideen für den Sender mitbringen und mit Mitarbeitern umgehen können.

Noch mal. Es gibt Stimmen im Regierungslager, die Ihnen klargemacht haben, dass man einer Vertragsverlängerung von Fernsehdirektor Bernhard Nellessen nicht zustimmt. Und siehe da: Er verlässt den Sender und wird durch Christoph Hauser von Arte ersetzt. Sind Sie eingeknickt?
Davon kann keine Rede sein. Ich habe mit Herrn Nellessen mehrere vertrauliche Gespräche geführt. Es ist ein ganz normaler Vorgang, dass in einem großen Unternehmen wie dem SWR ein Personalwechsel stattfindet. Er hat hervorragende Arbeit geleistet, nun trennen sich unsere Wege.

Das heißt, Sie wollen von einer politischen Einflussnahme nichts wissen.
Das wichtigste Gut des SWR ist seine Unabhängigkeit, denn wir leben von unserer Glaubwürdigkeit. Solange ich Intendant dieses Senders bin, wird es keine Einflussnahme auf Personalentscheidungen oder Sendungen geben. Das bedeutet nicht, dass wir auf einer Insel leben. Der Sender ist Teil der Gesellschaft, jeder darf seine Meinung äußern, auch die Politiker. Aber politischen Druck von außen auf Stellenbesetzungen oder die Berichterstattung werde ich nicht zulassen. Wir lassen uns nicht einschüchtern.

Und wie war das beim Thema Stuttgart 21? Damals hat Schwarz-Gelb Ihnen vorgeworfen, zu negativ berichtet zu haben.
Wir haben erlebt, dass sowohl die Befürworter als auch die Gegner des Projekts sich an unserer Berichterstattung gestört haben. Das hat uns darin bestätigt, dass wir genau richtig lagen. Der Platz zwischen den Stühlen ist der Platz, wo wir hingehören.

Die beiden grün-roten Landesregierungen in Stuttgart und Mainz haben nun eine Neufassung des Staatsvertrags für den SWR erarbeitet. Wie groß ist Ihre Sorge, dass die Politik auf diesem Weg Ihnen Zügel anlegt?
Der Staatsvertrag des SWR ist 14 Jahre alt, eine Überarbeitung ist also durchaus angebracht. Wir brauchen zum Beispiel eine Flexibilisierung unserer Strukturen, weil es nicht mehr zeitgemäß ist, dass bestimmte Aufgaben an einzelne Standorte des SWR gebunden sind, obwohl dies zu teuer ist. Da setze ich auf das Verständnis der Politik.