Das Deutsche Fleischermuseum lockt kaum noch Besucher an. Foto: factum/Weise

Böblingen verfügt über ziemlich einzigartige Museen und eine städtische Galerie mit interessanten Ausstellungen. Doch lässt das Publikumsinteresse zu wünschen übrig. In das Deutsche Bauernkriegsmuseum, das Deutsche Fleischermuseum und in die Galerie kamen fast 3300 Besucher weniger als im Vorjahr.

Böblingen - Beim Kulturbetrieb der Stadt stellt sich die Frage: Wie soll es weitergehen? In der Ausschusssitzung des Gemeinderats legte der Kulturamtsleiter nun die Besucherzahlen des vergangenen Jahres vor. Demnach hat das Publikumsinteresse am Deutschen Fleischermuseum, am Deutschen Bauernkriegsmuseum und an der Städtischen Galerie deutlich nachgelassen. Mit insgesamt 10 550 Besuchern kamen fast 3300 weniger als im Vorjahr. Die Verwaltung erhebt derzeit die Wünsche und Vorstellungen der Bürger. Im kommenden Herbst soll das Umfrageergebnis vorgestellt werden.

Rund 4000 Böblinger bekamen einen Brief mit der Aufforderung, sich an einer Online-Befragung zu beteiligen. Laut dem Kulturamtsleiter Peter Conzelmann haben das bisher etwa tausend getan. „Wir wollen die Anregungen als Grundlage nehmen für eine neue Konzeption“, sagt Conzelmann. „Diese ist auch wirklich nötig“, unterstreicht Ursula Kupke, die Vorsitzende des Fördervereins der Städtischen Galerie, die Kritik an der städtischen Kulturarbeit übt. „Es rührt sich nichts mehr“. Seit langen schon sind die beengten Verhältnisse in der Zehntscheuer ein Stein des Anstoßes. Dort sind die Galerie und das Deutsche Bauernkriegsmuseum untergebracht. „Wenn die Kinder nach einer Führung Malen wollen, müssen sie es auf dem Boden tun. Es gibt keine Arbeitsräume“, sagt Kupke. Und für Kunstausstellungen ist der Platz sehr begrenzt. Das Bauernkriegsmuseum könnte in das ehemalige Vogtshaus am Marktplatz umziehen, wo das Fleischermuseum residiert. Für dieses sei dann dort immer noch Raum genug vorhanden, meint Kupke.

Neue Galerieleiterin engagiert sich

Zu etwas hat sich die Stadtverwaltung aber doch durchgerungen: Die neue Galerieleiterin Corinna Steimel hat jetzt eine 75-Prozent-Stelle erhalten, ihre Vorgängerin war nur halbtags beschäftigt. Mit den 75 Prozent kann Steimel gerade Mal die zuvor angefallenen Überstunden abdecken. Denn die Kunsthistorikerin legt sich ins Zeug. Mit ihrer Ausstellung „Die Klasse der Damen – Künstlerinnen erobern sich die Moderne“ richtete sie den Blick nicht nur auf die bekannten Ida Kerkovius oder Renée Sintenis, sondern zeigte auch in Vergessenheit geratene, verschmähte und unbekannte Vertreterinnen der Malerei. Das Medieninteresse war groß, zudem kamen immerhin 3000 Besucher.

Und das bei einer schwierigen topografischen Lage auf dem Schlossberg, angesichts einer fehlenden Gastronomie und eingeschränkten Öffnungszeiten der Galerie, die montags und dienstags geschlossen hat und an den restlichen Tagen unter der Woche nur an Nachmittagen öffnet. „Das ist zu wenig“, meint Kupke,. Weil nun Ausstellungen präsentiert würden, die mehr Publikumsinteresse entfachten. Auch Conzelmann ist angetan: „Frau Steimel trifft den Nerv der Bevölkerung .“

Maxime des Sparens

Doch gilt in Böblingen die Maxime des Sparens, um den Zuschussbetrieb Kultur nicht weiter ausufern zu lassen. Die gesamten Einnahmen, inklusive der Musikschule und etwa auch er Kulturreihe „Sommer am See“ beliefen sich im vergangenen Jahr auf 1,5 Millionen Euro. Die Ausgaben mit den laufenden Kosten für Gebäude und Personal konnten um rund 600 000 Euro auf 5,2 Millionen Euro verringert werden.

Zum Beispiel ist eine Halbtagstelle für die Mitarbeiterin weggefallen, die sich um das Fleischermuseum kümmerte. Sie ist in Rente und macht es nun ehrenamtlich. Das Museum verursacht jährliche Unterhaltskosten von 180 000 Euro. Die SPD-Fraktion im Gemeinderat regte an, angesichts der Besucherzahlen eine Schließung ins Auge zu fassen. Auch darüber soll im Hebst diskutiert werden, wenn die Umfrageergebnisse vorliegen.