Manches Smartphone wird heute als Babyfon genutzt. Foto: imago/Pond5

Immer mehr Verbraucher schaffen Radio, Uhren oder gar das Babyfon ab, weil sie das Handy nutzen. Bei jedem dritten sorgt es in Beziehungen für Zoff. Doch wie viel Geld geben sie dafür aus?

Smartphones verdrängen immer mehr Alltagsgeräte: Zwei Drittel der Nutzer haben bereits Kamera und Wecker eingemottet, weil sie mit dem Handy fotografieren und sich wecken lassen. Fast die Hälfte hat das Festnetztelefon und das Navi ersetzt, jeder Dritte verzichtet auf den Ticketautomaten im Nahverkehr. Das ergibt eine repräsentative Umfrage, die der IT-Branchenverband Bitkom am Donnerstag vorgestellt hat. Jeder Fünfzigste hat demnach sogar statt Autoschlüssel und Babyfone das Handy im Gebrauch.

Jüngere Menschen installieren im Schnitt 56 extra Apps auf dem Handy

Auch deshalb steigt die Zahl der installierten Apps weiter deutlich an. Derzeit sind auf einem Smartphone im Schnitt 37 Apps heruntergeladen – zusätzlich zu den zahlreichen, die vorinstalliert sind. Die 16- bis 29-Jährigen haben im Schnitt 56 extra Apps auf dem Handy, während es bei der Generation 65 plus noch 18 zusätzliche Anwendungen sind.

In der Folge wachsen die Geschäfte mit und um das Smartphone weiter: Der Bitkom prognostiziert einen Umsatz von 38,9 Milliarden für dieses Jahr – 1,3 Prozent mehr als 2023 und ein neuer Höchststand. Sprach- und Datendienste machen bereits mit 22,9 Milliarden Euro den größten Anteil aus, denn die Verbraucher schließen immer größere Datentarife ab. Die Erlöse für Smartphones selbst sollen wie im Vorjahr bei 11,4 Milliarden Euro liegen. Deutliche Zuwächse gibt es auch bei Apps (2,2 Milliarden Euro) und der Netzinfrastruktur (2,4 Milliarden Euro) – hier machen die Netzbetreiber beim mobilen Netzausbau Tempo.

Bei den Smartphone-Käufen ist Deutschland geteilt. Es gibt eine Gruppe, die sich die aktuellen Spitzengeräte 1500 Euro kosten lässt – und jene, denen ein Billighandy für unter 100 Euro reicht. Der Marktanteil der günstigen Handys nimmt zu – auch deshalb kostet ein Smartphone in diesem Jahr wohl im Schnitt 523 Euro; 567 Euro waren es noch im Vorjahr. Bei einem Gesamtabsatz von knapp 22 Millionen Euro Handys ist aber die Spannbreite enorm.

Die Käufer eint, dass sie immer mehr erwarten: Für neun von zehn Verbrauchern sind ein robustes Bildschirmglas, ein hochwertiger Screen, eine lange Akkulaufzeit, viel Speicherplatz, eine gute Kameraqualität und die langfristige Versorgung mit Updates kaufentscheidend.

Jeder Vierte nutzt sein Smartphone länger als zwei Jahre

Letzteres belegt auch einen Trend zu mehr Nachhaltigkeit. So versichert Samsung, sein aktuelles Spitzenmodell lasse Updates bis 2031 zu. Eine erfreuliche Entwicklung ist, dass die Bürger in Deutschland Smartphones über einen größer werdenden Zeitraum nutzen – jeder vierte immerhin länger als zwei Jahre. Dennoch liegt die Nutzungsdauer im Schnitt gerade mal bei eineinhalb Jahren.

Die Bindung zum, aber auch die Abhängigkeit vom Smartphone nimmt dagegen weiter zu. 83 Prozent der Befragten sagten, sie könnten sich ein Leben ohne Smartphone nicht mehr vorstellen. 63 Prozent versuchen demnach, weniger häufig zum Smartphone zu greifen – es gelänge ihnen aber nicht. Das belastet offensichtlich auch Beziehungen. 39 Prozent gaben an, dass die Dauer ihrer Smartphone-Nutzung immer wieder zu Diskussionen mit Freunden und Familie führt.

Ambivalent ist die Einstellung zur Empfangsqualität. Fast alle wünschen sich von ihrem Mobilfunkanbieter einen guten Empfang vor Ort oder unterwegs, sowohl beim Telefonieren als auch beim Surfen. Mehr als jeder Dritte ist aber gegen den weiteren Bau von Mobilfunkmasten. Und auch jeder Dritte, der für einen Mobilfunkausbau ist, möchte die Masten nicht in der Nähe der Wohnung stehen haben.

Bitkom-Präsidiumsmitglied Markus Haas forderte eine Vereinfachung und Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Mobilfunkausbau. Der Ausbau der Telekommunikationsnetze solle als „überragendes öffentliches Interesse“ eingestuft werden, wie es etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien bereits der Fall ist. „Dies würde die Erteilung von Baugenehmigungen beschleunigen“, sagte Haas, der auch Chef der Telefónica Deutschland ist.