An jedem Abend kann man in Stuttgart an einem anderen Ort Tango tanzen. Foto: Max Kovalenko

Stuttgart ist eine der lebendigsten Tango-Szenen in Deutschland. Jeden Abend finden in der Stadt Tanzabende, sogenannte Milongas, statt. Begonnen hat alles vor 30 Jahren mit Ute Frühwirth, der Mutter des Stuttgarter Tangos.

Stuttgart - Alles hat klein, zaghaft und mit viel Improvisation angefangen. Ute Frühwirth (75) hat ihre Geschichte vermutlich schon tausendmal erzählt. Und doch schafft sie es jedes Mal neu, ihre Zuhörer zu begeistern. Es ist die Geschichte, wie sie vor 30 Jahren den Tango nach Stuttgart brachte. Dass daraus „die größte Tango-Szene in Deutschland“ entstanden sei, findet sie „einfach wunderbar“. Tatsächlich kann man heute an jedem Abend in Stuttgart den argentinischen Tango tanzen. Dass die Veranstalter dieser Milongas fast allesamt ihre Schüler sind, erfüllt Ute Frühwirth mit Stolz.

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Wie bei beinahe jedem, den die Tango-Leidenschaft einmal erfasst hat, war es auch bei Ute Frühwirth Liebe auf den ersten Blick. Bei einer Ausstellung in Berlin sah sie 1983 zum ersten Mal ein argentinisches Paar auf der Bühne. Danach schwor sie sich: „Das will ich auch können.“ Also stieg sie unzählige Male in den Orient-Express nach Paris, um bei Argentiniern zu lernen.

Tanzen konnte sie im Prinzip schon. In der Tanzschule von Tante Erna in Frankfurt hat sie sogar die klassischen Paartänze gelehrt. Aber gegen die Faszination und Magie des Tangos waren Foxtrott, Rumba und Walzer nichts.

„Tango hält jung“, sagt die 75-jährige Dame lachend, „und ist gut gegen Demenz“

Das Geheimnis und die Anziehungskraft des Tango Argentino zu beschreiben haben schon viele versucht. Die meisten sind gescheitert. Sogar Dichter. Daher macht sich auch Ute Frühwirth nicht die Mühe, jene Gefühle zu erklären, die Musik und Tanz bei Menschen auslösen. Man müsse es spüren, sagt sie nur. Zum Beispiel in einem ihrer Kurse in der Theodor-Heuss-Straße. Obwohl sie ihr ursprüngliches Domizil für ihre Tanzschule in der Christophstraße aufgeben musste, unterrichtet sie immer noch. „Tango hält jung“, sagt die 75-jährige Dame lachend, „und ist gut gegen Demenz.“

Vergessen? Als könnte man Ute Frühwirth und ihre Pionierarbeit in Sachen Tango vergessen. Unmöglich. Für ihre ehemaligen Schüler und heutige Tanzlehrer Kenneth und Sieglinde Fraser ist sie unvergesslich: „Sie kann immer wieder auf Festen und Milongas eine einzigartige Begeisterung und Stimmung verbreiten. Diese Frau hat etwas.“ Wer sich von dieser Stimmung anstecken lassen will, sollte an diesem Samstag (20 Uhr) zum Jubiläumsfest ins Waldheim Gaisburg (Erste Halde 1) pilgern. Ute Frühwirth verspricht ein „großes Erlebnis“, für das alleine schon das zehnköpfige Orquesta Tipica sorgen wird. Das Wichtigste kann sie indes keinem versprechen. Das Geheimnis des Tangos muss jeder für sich selbst entdecken und erspüren.