Nastrovje! Die Brüder Hans-Friedrich (links) und Ulrich Kumpf testen das Ochakovo-Bier in der Kaiser-Brauerei in Geislingen an der Steige. Foto: Max Kovalenko

Auf der Suche nach neuen Absatzmärkten stellt die Kaiser-Brauerei in Geislingen Bier für Ex-Sowjetbürger her

Geislingen - Seit einigen Monaten produziert die Geislinger Hausbrauerei Kaiser russisches Bier unter Lizenz der Moskauer Großbrauerei Ochakovo. Obwohl Bier nicht zu den Exportschlagern aus Russland gehört, ist Ulrich Kumpf, Mitinhaber der Kaiser-Brauerei, zuversichtlich, dass sich das russische Bier hierzulande gut verkaufen wird.

„Wir zielen auf die russischsprachige Kundschaft in Deutschland und den Nachbarländern“, sagt Ulrich Kumpf, der den Familienbetrieb gemeinsam mit seinem Bruder Hans-Friedrich führt. Die Hausbrauerei Kaiser setzt auf das Geschäft in Nischenmärkten und auf das klassische Biergeschäft. Zum neuen Trendbier in Stuttgarts Kneipen wird Ochakovo kaum werden, wie Kumpf bekennt. Der Markt ist heiß umkämpft.

Bisher wurde Ochakovo in 1,5 Liter Plastikflaschen aus Russland importiert. Durch die Produktion in Geislingen sollen nun im erheblichen Maße Transportkosten eingespart werden.

In Geislingen wird das Bier in 0,5-Literflaschen abgefüllt. Vom Etikett prostet ein rothaariger Mann mit Vollbart, der aussieht, als sei er einem Historienfilm über das zaristische Russland entsprungen. Ganz so alt ist die Tradition der Ochakovo-Brauerei aber nicht. Sie geht zurück auf eine Abfüllanlage für Pepsi und andere Softdrinks in Moskau aus dem Jahr 1980. Pepsi hatte bereits seit Anfang der siebziger Jahre im sowjetischen Markt Fuß gefasst. Der Konkurrent Coca-Cola wartete auf den Durchbruch durch die olympischen Spiele in Moskau im Jahr 1980.

Als die USA und andere westliche Länder die olympischen Spiele in Moskau aus Protest gegen den Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan boykottierten, fiel der Markteinstieg von Coca-Cola dann überraschend aus. Pepsi konnte seine Monopolstellung behaupten. Seit 1993 wird in den modernisierten Anlagen nun Ochakova-Bier produziert. „Das russische Bier ist unserem sehr ähnlich“, sagt Ulrich Kumpf. Er ist im letzten Jahr selbst nach Moskau gefahren, um sich die russische Brauerei anzusehen. „Wie bei uns legt man dort Wert auf Zutaten aus der Region“, sagt der gelernte Braumeister.

Der Bezug zur Region ist eine der Überlebensstrategien, die sich Ulrich Kumpf und sein Bruder Hans-Friedrich im schwer umkämpften deutschen Biermarkt ausgesonnen haben. „Die Leute wollen ein Bier von hier“, sagt Kumpf.

Auch das russische Bier Ochakova wird in Geislingen mit Zutaten aus der schwäbischen Provinz hergestellt. Die Produktion unter Moskauer Lizenz bedeutet nicht, dass das russische Bier auch aus russischem Hopfen gemacht ist.

Ob das deutsche Reinheitsgebot in Russland beachtet wird, weiß Ulrich Kumpf nicht. „Bei uns wird es beachtet“, sagt er. Er hat das Ochakova-Bier nicht nach russischem Rezept gebraut, sondern dem Geschmack nachempfunden. „Die russische Braumeisterin Elena war mit dem Ergebnis sehr zufrieden“, sagt Kumpf. Bekömmlich und charaktervoll sei das russische Bier, sagt Kumpf, der jeden Montag mit seinen Mitarbeitern zur Bierprobe antritt. Im Gegensatz zur Weinprobe kann das Bier dabei aber nicht wieder ausgespien werden. „Bier muss den Gaumen passieren, damit sich der Geschmack entfaltet“, sagt Kumpf. Worauf es ankommt, weiß er auch: „Der Bittergeschmack des Bieres darf nur kurz anhalten und muss dann wieder verfliegen“. Eine Eigenschaft, auf die bei den großen, auf Masse produzierende Konzernen immer weniger Wert gelegt wird, findet Kumpf.

In Stuttgarts Kneipen ist sein Bier kaum zu finden. Fast alle Gastronomiebetriebe werden von den großen Konzernen beliefert, zu denen auch Stuttgarter Hofbräu gehört.

„Der Trend geht dahin, dass es nur noch kleine Hausbrauereien und ganz große Konzerne gibt“, sagt Ulrich Kumpf.

Respekt hat er vor den Strategen von Dinkelacker-Schwabenbräu, die es mit der Neuauflage des Kultbieres Wulle geschafft haben, den großen Konzernen auch im Wettkampf um die jungen Kunden, den Schneid abzukaufen.