Ibrahim Khalils (vorne links) Konzentration ist am Tischkicker ebenso gefordert wie in seiner Schreinerlehre. Foto: Sebastian Ostendorf

Viele Schüler an Haupt- und Werkrealschulen finden nach dem Abschluss keine Ausblidung. Das Projekt Berufseinstiegsbegleitung greift ihnen mit studentischer Nachhilfe unter die Arme.

S-Mitte - Ibrahim Khalil kam vor vier Jahren aus dem Irak nach Deutschland. „Ich hatte wenig Ahnung, wie man eine Bewerbung schreibt oder richtig Deutsch spricht“, sagt er. Seine Voraussetzungen, in Deutschland in einer Ausbildung Fuß zu fassen, waren denkbar schlecht. Über Jahre stiegen die Anforderungen an Schulabgänger – bis die Betriebe sogar das Abitur voraussetzten. An leistungsschwache Schüler von Haupt- und Werkrealschulen richtet sich die Berufseinstiegsbegleitung (Bereb), um einen nahtlosen Übergang in das Berufsleben zu ermöglichen. Khalil nahm an der Maßnahme an der Bismarck-Schule in Feuerbach teil. Inzwischen macht er eine Schreinerlehre.

Bereb ist ein sehr junges Projekt. Die Agentur für Arbeit hat es 2008 ins Leben gerufen und an private Träger ausgeschrieben. Die Organisation erfolgt dezentral über Stadtteilbüros und den Schulen. Das Projekt bietet Schülern Lernhilfe und Einstiegshilfen in die Ausbildung. Die Evangelische Gesellschaft (Eva), der Caritasverband und die Jugendhausgesellschaften stemmen die Maßnahme in der Landeshauptstadt. Die Studenteninitiative Stuttgart unterstützt die Träger mit bis zu 70 Nachhilfelehrern.

Fast alle Werkrealschüler haben Migrationshintergrund

„Mangelhafte Noten sind das K.O-Kriterium bei Bewerbungen“, erklärt Sascha Klose, Sozialarbeiter an der Bismarck-Schule Feuerbach. Zwar herrscht in Baden-Württemberg die bundesweit niedrigste Jugendarbeitslosigkeit von 3,3 Prozent. Dennoch sind die Hauptschüler im Land massiv von Arbeitslosigkeit bedroht. In den Werkrealschulen habe rund 90 Prozent der Schüler ausländische Wurzeln.

Bereb ist das erste Projekt, das die jungen Leute in einer Übergangsphase begleitet. Es setzt bereits in der achten Klasse an. Die Teilnahme ist freiwillig. „Die Hälfte eines Klassenverbandes erreichen wir gar nicht erst, da die keinen Bock auf uns haben“, sagt Wolfgang Riesch, der stellvertretende Bereichsleiter der Eva Stuttgart, ganz offen. Eine arbeitspolitische Maßnahme ist Bereb außerdem, da sie der Haltung entgegen wirken soll, an den Schulen auszusieben. Aktuell betreuen die Träger 260 Jugendliche in Stuttgart.

Studenten betreuen 50 Jugendliche

Erstes Ziel ist es, deren schulische Leistungen zu verbessern. Die Bedarfsmeldung reicht die Eva an die studentischen Nachhilfelehrer weiter. „Wir setzen auf Leistungsbereitschaft und Motivation“, sagt Marco Hofmann, der Mitorganisator der studentischen Initiative. Es sind Wirtschaftsingenieure und Lehramtsstudenten, die an den Hochschulen in und um Stuttgart studieren. Sie geben Nachhilfe besonders in den Hauptfächern Deutsch, Englisch und Mathe. Seit November betreuen sie 50 Jugendliche.

Jeder ehrenamtliche Lehrer gibt die Fächer an, die er unterrichten will. Danach wird ihm ein Schüler zugeteilt, mit dem er sich einmal in der Woche trifft. 40 Prozent der Studenten haben selbst einen Migrationshintergrund „Ich möchte als positives Vorbild überzeugen und nicht mit Zwangsmaßnahmen arbeiten“, sagt Hofmann, der mexikanische Wurzeln hat. Eine gute Zusammenarbeit gelinge aber nur, wenn die Jugendlichen selbst ihre Chancen verbessern wollten. Die Arbeit der Studenten geht noch weiter. Die Idee ist, Kontakt mit den Betrieben aufzunehmen. „Die Studenten öffnen quasi die Türen bei den Unternehmen“, sagt Wolfgang Riesch von der Eva. Hofmann gewann den Autozulieferer und Sitzhersteller Ricardo als prominenten Kooperationspartner. Dieser nahm prompt mehrere Schüler in die Lehre. „Allerdings war das ein Glücksgriff und ist nicht normal“, sagt Hofmann. Riesch wertet das Projekt als Erfolg: „30 bis 60 Prozent der Jugendlichen in unserer Maßnahme können wir in Stuttgart unterbringen.“