Zuletzt hatten die Aktivisten das Brandenburger Tor beschmiert. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Maximale Aufmerksamkeit mit relativ wenig Aktivisten, das will die „Letzte Generation“. Ein weltweit beachtetes Großereignis wie der Berlin-Marathon bietet sich da an. Wie sich die Polizei darauf vorbereitet.

Es könnte ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Klimaschützern und Polizei werden. Die Bühne: der große Berliner Marathonlauf. Die durch Straßenblockaden bekannt gewordene Klimaschutzgruppe Letzte Generation kündigte am Freitag an: „Wir planen am Sonntag eine Störung des Marathons in Berlin.“ Man wolle den Lauf der fast 48.000 Teilnehmer „unterbrechen“, hieß es. „Vor der Klimakatastrophe können wir nicht davonrennen.“ Mehr wolle man aber vorab nicht verraten.

Prompt betonte die Berliner Polizei am selben Tag: „Das überrascht uns nicht.“ Bei solchen Großveranstaltungen mit weltweiter Beachtung rechne man mit Aktionen dieser Klimaschutzgruppe, der es besonders um Aufmerksamkeit gehe, sagte Polizeisprecherin Anja Dierschke der dpa. Entsprechend plane man den Einsatz mit einem Verbot bestimmter Demonstrationen, um dann „bestmöglich und schnellstmöglich einzuschreiten“. Die Sprecherin sagte aber auch, bei der 42 Kilometer langen Marathonstrecke ließen sich Störaktionen nicht komplett ausschließen. 

„Jede Störung ist negativ“

Die Letzte Generation hatte bereits am vergangenen Sonntag das Brandenburger Tor, in dessen Nähe das Ziel des Marathons liegt, mit oranger Farbe besprüht. Während der gesamten Woche gab es in der Hauptstadt Straßenblockaden durch wenige hundert Demonstranten. Die Gruppe fordert ein Ende der Nutzung von Energieträgern wie Erdgas, Öl und Kohle schon bis 2030. 

Die Organisatoren des Marathons betonten, sie stünden in Kontakt mit der Polizei. Es gebe ein Sicherheitskonzept, das verschiedene Szenarien beschreibe, sagte Geschäftsführer Jürgen Lock vom Veranstalter SCC Events. „Wir werden darüber nicht öffentlich sprechen.“ Er betonte: „Wir wollen eine friedliche und tolerante Laufveranstaltung haben. Für die Leute ist es ein Highlight, da ist jede Störung nur negativ.“ 

Gelassen reagierte der deutsche Marathonläufer und deutsche Meister des Vorjahres, Hendrik Pfeiffer: „Wir gehen davon aus, dass das keine Probleme macht. Läufer musst Du erst mal aufhalten, da musst Du Dich schon ziemlich breit machen.“

650 Polizisten sollen am Sonntag im Einsatz sein. Am Samstag beim kleineren Skater-Marathon werden es 500 Polizisten sein. Die meisten kümmern sich um Straßensperrungen und die Verkehrslenkung, ein Hubschrauber wird in der Luft sein. Verstärkt wurden zuletzt aber auch Zivilpolizisten eingesetzt, um Blockaden aufzulösen. Dazu kommen zahlreiche Ordner der Veranstalter. Bekannte Orte wie die Umgebung des Brandenburger Tores und des Großen Sterns, der Potsdamer Platz und der Ku’damm dürften besonders im Auge behalten werden. 

Polizei bereitet sich vor

Um schneller gegen Störer und Blockierer einschreiten zu können, erließ die Polizei bereits vor zwei Wochen ein Verbot nicht angemeldeter Demonstrationen der Letzten Generation im Gebiet des Marathons. Dieses Verbot wurde in Form einer sogenannten Allgemeinverfügung am Freitag im Amtsblatt veröffentlicht und gilt von Samstagvormittag bis Sonntag um Mitternacht.

Verboten sind laut der elfseitigen Anordnung Demonstrationen und die Teilnahme an ihnen im Zusammenhang mit Klimaprotesten und Blockaden auf den entsprechenden Straßen und auch Autobahnen in dem Gebiet. 2000 Euro Bußgeld wird angedroht. 

Dieses Verbot der Demonstrationen sei zwar ein starker Eingriff in das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit, erleichtere das Eingreifen aber sehr, so die Polizei. Normalerweise müssen Polizisten bei Demonstrationen, auch wenn sie unangemeldete Blockaden sind, erst mit dem Veranstalter sprechen, dann die Teilnehmer mehrfach zum Verlassen der Straße auffordern und weitere Maßnahmen ankündigen. Ist so eine Demonstration, wie jetzt während des Marathons, aber schon grundsätzlich verboten, kann die Polizei sofort eingreifen und Blockierer entfernen.

Zuletzt mehrere Blockaden

Eine Psychologin, die über ähnliche Organisationen forscht und sich bei der Letzten Generation einschleuste, sagte in einem Interview der „Berliner Morgenpost“ am Freitag: „Im Kern geht es der Letzten Generation um Störung und Aufmerksamkeit. Sie sitzen mit kühlem Kopf zusammen und fragen sich: Was bringt uns die meiste Aufmerksamkeit?“

Auch am Freitag gab es wieder mehrere Straßenblockaden durch die Gruppe. Vier Blockaden habe man durch schnelles Eingreifen verhindert, teilte die Polizei mit. Videos im Internet zeigten, wie ein Radfahrer Blockierer wegschleudert und wie Autofahrer stehende Demonstranten nach und nach mit ihrem Auto wegschieben, um sich einen Weg zu bahnen. Inzwischen gibt es allein in Berlin 2500 Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wegen Nötigung und Widerstands. 140 Urteile des Amtsgerichts liegen vor, 74 Urteile sind rechtskräftig.