Eine Zollbeamtin kontrolliert eine Baustelle auf mögliche Schwarzarbeit Foto: dpa

Drei Jahre und acht Monate muss ein 45-jähriger Bauunternehmer aus Grafenau im Kreis Böblingen ins Gefängnis. Er hat Schwarzarbeiter beschäftigt und über mehrere Jahre hinweg 2,6 Millionen Euro an Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer nicht bezahlt.

Stuttgart/Grafenau - Der Richter ist bemüht, zugunsten des Angeklagten zu urteilen: Auf drei Jahre und acht Monate bemisst er am Donnerstag die Freiheitsstrafe, die ein 45-jähriger Bauunternehmer aus Grafenau verbüßen muss. Er hat Schwarzarbeiter beschäftigt und über mehrere Jahre hinweg 2,6 Millionen Euro an Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer nicht bezahlt. „Mehr lässt sich für Sie nicht herausholen“, erklärt der Vorsitzende Richter der Großen Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Stuttgart sein Urteil. Das Strafmaß orientiere sich an der Höhe des Schadens. Auch finanziell muss der Mann für seine Taten bezahlen: Rund 250 000 Euro werden von ihm gepfändet, seine Frau muss 80 000 Euro hergeben.

Spätestens im Sommer 2009 soll sich der Bauunternehmer dazu entschlossen haben, seine Firma nicht mehr rechtmäßig zu führen. Um an Aufträge zu kommen, habe er sich vorsätzlich auf diese Weise dem Kostendruck in der Baubranche gebeugt. Seine Firma war auf Berliner Großbaustellen gefragt: Am Bau des Ministeriums für Forschung und Bildung, des Einkaufszentrums Boulevard Berlin, eines Gebäudes für die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung und an einem Fotovoltaikzentrum waren die Arbeiter des Angeklagten unter anderem beteiligt. Die Aufträge kamen von Unternehmen wie Bam Deutschland, Züblin sowie Bilfinger & Berger. Als sich der nordrhein-westfälische Schlachtbetrieb Tönnies eine neue Zentrale leistete, wurden Bauhelfer in Grafenau angeheuert. Mehr als acht Millionen Euro an Nettoschwarzlohn soll der 45-Jährige kassiert haben.

Auf dem Geschäftskonto des Angeklagten gingen in dieser Zeit monatlich 17 000 Euro bis 52 000 Euro ein. Die Lohnzahlungen deckte er mit Rechnungen von anderen Betrieben über angeblich erbrachte Rohbauleistungen ab. „Es gibt keinen Beleg dafür, dass diese Subunternehmen real existierten“, erklärt der Richter. Vermutlich steckten seine eigenen Arbeitnehmer dahinter.

Zum Großteil hob der Angeklagte das Geld bar ab, zahlte den Rechnungsschreibern eine Provision von 15 Prozent und übergab den Rest als Schwarzlohn. Sich selbst hat er neben einem Gehalt unter anderem auch Tantiemen aus der Firma überwiesen, die seit Jahren überschuldet und nun insolvent ist. Seine Frau erhielt für den Bau eines Privathauses Geld. „Das ist ein klassischer Verschiebungsfall“, sagt der Richter.

Der Angeklagte hat ein umfassendes Geständnis abgelegt. Die Faktenlage war allerdings erdrückend: Der Richter lobt „die hervorragende Arbeit“ der Ermittler vom Hauptzollamt Stuttgart, der Steuerfahnder des Reutlinger Finanzamts und der Deutschen Rentenversicherung. Die Beamten recherchierten hauptsächlich in Berlin.

Die angeklagte Summe hatte sich im Lauf des Prozesses nur von drei Millionen auf 2,6 Millionen Euro reduziert. Der Staatsanwalt forderte vier Jahre Haft für das illegale Geschäftsgebaren des Bauunternehmers. Sein Strafmaß befinde sich im unteren Bereich des Möglichen, erklärt der Richter. Weil der 45-Jährige aus Serbien stammt, bleibt er wegen Fluchtgefahr gleich im Gefängnis. „Sie haben einen hohen Preis bezahlt“, sagt der Richter.