So oder so ähnlich soll es eigentlich ab 2014 am Stuttgarter Karlsplatz aussehen Illustration: Behnisch Architekten

Für das Neubauprojekt des Landes und der Firma Breuninger am Karlsplatz wird es eng.

Stuttgart - Für das Neubauprojekt des Landes und der Firma Breuninger am Karlsplatz wird es eng. Am Donnerstagabend votierte die Mehrheit des Grünen-Kreisverbandes dafür, die Hälfte des früheren Hotels Silber am Karlsplatz zu erhalten. Breuninger-Chef van Agtmael warnt davor: Der Neubau müsse wirtschaftlich bleiben.

Die SPD und die Fraktion SÖS/Linke im Gemeinderat fordern bereits, das Haus Dorotheenstraße 10 (Hotel Silber), von dem aus in der Nazi-Zeit die Verfolgung und Ermordung von Minderheiten organisiert worden war, komplett zu erhalten. Die Grünen-Fraktion vertrat bisher die Linie, das Haus nicht vollständig dem Neubau eines Ministeriums- und Handelshauses sowie eines Hotels zu opfern. Authentische Teile sollten so weit erhalten werden, dass vor allem äußerlich ein "Stolperstein" entstehe. Das lief in den bisherigen Verhandlungen auf einen Teilerhalt der Fassade hinaus. Im 49.000 Quadratmeter großen Neubaukomplex soll es dann auch einige hundert Quadratmeter zur Dokumentation und Vermittlung der NS-Tätergeschichte geben.

Offener Bruch bei den Grünen

Vier "Abweichlern" aus der Grünen-Fraktion, Gabriele Nagl, Clarissa Seitz, Anna Deparnay-Grunenberg und Tabea Schilling, ging die Forderung der Fraktion nicht weit genug. Sie fanden Unterstützung bei der Landtagsabgeordneten Brigitte Lösch, dem Kreisvorsitzenden Philipp Franke und der Grünen Jugend.

Am Donnerstagabend kam es in einer mehr als dreistündigen Debatte bei den Grünen zum offenen Bruch. In der ersten Abstimmungsrunde votierten 63 gegen 60 Mitglieder für den Erhalt des im Krieg unzerstört gebliebenen Ostflügels. 44 Mitglieder wollten, wie Jupp Kleegraf, ehemals Grünen-Bezirksvorsteher, das ganze Haus retten. In der zweiten Runde stimmten 62 Mitglieder für den ultimativen Flügel-Erhalt, nur noch 44 für die bisherige, von den Fraktionschefs Werner Wölfle und Muhterem Aras verteidigte Verhandlungslinie. "Im schlimmsten Fall wird gar nichts passieren", hatte Aras gewarnt.

Eine Gehorsamspflicht könnte die Grünen-Basis ihren Stadträten formal zwar nicht auferlegen. In der Praxis dürften sich die Stadträte dem Willen der Basis aber kaum entziehen. Damit würde im Bebauungsplan der Erhalt des halben Hauses festgeschrieben werden.

Finanzministerium bittet um Denkpause

Die Neubauten am Karlsplatz sollen große Wirkung haben. Das Land will dort Ministerien bündeln, Breuninger seinen Stammsitz gegen absehbare Konkurrenz auf dem Stuttgart-21-Areal wappnen. Firmenchef Willem G. van Agtmael taufte das Projekt auf den Namen Da Vinci.

Selbst der Erhalt nur der Hälfte der früheren Gestapo-Zentrale würde den Investoren und ihren Architekten, dem Stuttgarter Büro Behnisch, nicht ins Konzept passen. Die Geschossfläche im Neubau würde abnehmen. Auch ohne den Spezialfall Hotel Silber soll sie reduziert werden. Das haben Baubürgermeister Matthias Hahn, die SPD und die SÖS/Linke mehrfach angemerkt - und darin sind sich auch die Grünen einig.

Finanzministerium bittet um Denkpause

Eine Mehrheit im Gemeinderat für 49.000 Quadratmeter ist nicht absehbar, selbst 47.000 erscheinen vielen als überzogen - dabei hatte der Rat einmal bis zu 49.000 Quadratmeter "zugesichert", erklärte Breuninger-Chef Willem G. van Agtmael am Donnerstag gegenüber unserer Zeitung.

Auch ihm bleibe aber nicht verborgen, dass "im Moment verschiedenste, neue Ansprüche an das Projekt adressiert werden". Breuninger könne sich aber kein unwirtschaftliches Projekt leisten und das Vorhaben sei bereits jetzt "sehr knapp kalkuliert". Die Architekten hätten ihren Wettbewerbsentwurf optimiert, etwa die Traufkante bei der Markthalle signifikant niedriger und die Dachstruktur deutlich verändert geplant.

Am Dienstag sollte der Architekt zwei Gemeinderats-Ausschüssen aufzeigen, wie sich 2000 Quadratmeter weniger auswirken. Der Termin wurde abgesagt. Das Finanzministerium habe um eine Denkpause gebeten, hieß es im Rathaus. Weil es für sie keine Mehrheit gibt? Das wurde am Donnerstag dementiert. Es hätten nur einfach die vielen Anregungen für den Bebauungsplan noch nicht ausgewertet werden können, erklärte das Finanzministerium.