Im Anschluss an die bestehende Siedlung sollen bis zu 90 neue Wohneinheiten entstehen. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Der Marbacher Gemeinderat hält trotz mancherlei Bedenken am Neubaugebiet in Rielingshausen fest, wird es aber nicht, wie einst angedacht, im Schnelldurchlauf entwickeln.

Gibt es eine dicke Überraschung und der Marbacher Gemeinderat kippt das anvisierte Neubaugebiet im Rielingshäuser Keltergrund? Diese Frage stellte sich der eine oder andere vor der Sitzung des Gremiums am Donnerstagabend, nachdem im Vorfeld immer mehr kritische Stimmen laut geworden waren. Der Bedarf war von einigen Räten angezweifelt, der Standort als nicht optimal erachtet worden. Am Ende war es dann aber doch eine eindeutige Sache: Die große Mehrheit sprach sich dafür aus, einen Bebauungsplan auf den Weg zu bringen. Lediglich die Puls-Vertreter Hendrik Lüdke und Jochen Berger sowie Barbara Eßlinger von den Grünen stimmten dagegen, Jürgen Waser (Grüne) und das CDU-Duo Jochen Biesinger und Florian Petschl enthielten sich.

Eingriffe in die Natur müssen ausgeglichen werden

Dass jetzt überhaupt ein neues Verfahren in Gang gesetzt werden musste, nachdem am Bebauungsplan eigentlich schon fast ein Knopf dran war, liegt an einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Das hatte den Paragrafen 13b für nichtig erklärt, der es Kommunen erlaubt hatte, im Schnelldurchlauf frisches Bauland auszuweisen. Da auch der Keltergrund nach dem vor allem bei Naturschützern umstrittenen Passus entwickelt werden sollte, musste nun ein formaler Neustart erfolgen. Die Planungen zu dem Areal werden jetzt also nach den üblichen Spielregeln wie etwa einem Ausgleich für die Natureingriffe vorangetrieben.

Trotzdem konnte Hendrik Lüdke die Entscheidung nicht mittragen. „Geplant sind vielfach Einzelhäuser und Doppelhaushälften. Das ist und bleibt ökologisch unsinnig. Denn da wird viel zu viel Fläche für zu wenig Wohnraum verbraucht“, kritisierte er. Lediglich zwei Mehrfamilienhäuser seien in dem Gebiet vorgesehen, das könne „doch niemals befürwortet werden“.

Grüne diskutieren kontrovers

Innerhalb der Grünen-Fraktion sei das Thema auch sehr kontrovers diskutiert worden, weshalb man nicht einheitlich abstimme, erklärte deren Vorsitzende Susanne Wichmann. Einerseits sei der Neubau frei stehender Einfamilienhäuser nicht mehr zeitgemäß, Grund und Boden ein zu wertvolles Gut. Außerdem würden aus dem Bestand immer mehr sanierungsbedürftige Einfamilienhäuser auf den Markt kommen, man sehe daher eher einen Bedarf an barrierefreien, seniorengerechten und bezahlbaren Wohnungen. Andererseits würden beim Keltergrund aber keine wertvollen Ackerflächen verbraucht. Überdies sei die Stadt Eigentümerin des Geländes, habe also den vollen Gestaltungsspielraum.

Diesen Vorteil strich auch Heike Breitenbücher (CDU) heraus. SPD-Chef Ernst Morlock stand ebenfalls hinter dem Projekt, wünschte sich aber, im Keltergrund auch bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Eine Lanze für das Gebiet brach überdies der Rielingshäuser Ortsvorsteher Jens Knittel (Freie Wähler). Man bereite seit Jahren das Feld für das Areal, habe viel Geld in die Hand genommen. Obendrein sei die Warteliste lang. Und eine dichtere Bebauung sei schlicht nicht möglich, betonte Knittel. Das würde die Kelterstraße als Erschließungstraße überfordern. „Aber das haben wir auch alles schon durchdiskutiert“, sagte er.