Im Mai soll es losgehen, dann wird der ­Blaue Turm saniert. Foto: Stadt Bad Wimpfen

Der Blaue Turm in Bad Wimpfen muss saniert werden. Um das Wahrzeichen der Stauferstadt zu erhalten, muss die Verwaltung über sechs Millionen Euro investieren – eine Herausforderung, die mit Bürgersinn angenommen wird.

Bad Wimpfen - Der Blaue Turm in Bad Wimpfen (Kreis Heilbronn) erhebt sich weit sichtbar über die Stadtsilhouette. Und er ist selbst dann schön, wenn er in ein korsettähnliches Gerüst eingehüllt ist. Das Wahrzeichen aus der staufischen Vergangenheit muss dringend saniert werden. Bei der Stadtverwaltung geht man davon aus, im Mai mit den Arbeiten beginnen zu können – und rechnet mit deren Abschluss in drei Jahren. Die Kosten liegen bei 6,2 Millionen Euro – Stand heute. Eine Herausforderung für die 7000-Einwohner-Stadt, trotz öffentlicher Unterstützung.

Das Gewerbesteueraufkommen liegt laut Bürgermeister Claus Brechter im Schnitt bei zwei Millionen Euro im Jahr. Doch die Armut der Stadt sei auch ihr Reichtum, sagt er. Das holprige Pflaster, die Fachwerkhäuser im Auf und Ab der Gassen der historischen Altstadt, die mehr als zweihundert Meter lange, in Teilen noch gut erhaltene und zugleich größte Pfalz nördlich der Alpen, mit Burgmauern, den Palas-Arkaden und einem weiteren Bergfried (Roter Turm) – davon wäre nichts mehr da, wenn einst Geld da gewesen wäre.

Viele Häuser sind von kulturhistorischem Wert

Aus der Nachkriegszeit kennt man nur eine einzige Bausünde. Der „Denkmalpflegerische Werteplan“ der Altstadt Bad Wimpfen zeigt fast durchgängig nur höchstrangig eingestufte Gebäude von kulturhistorischem Wert. Das sei eine Ausnahmesituation, die kaum eine andere Gemeinde im Land habe, sagt Brechter. Man habe immer nur schrittweise saniert. Das allerdings könnte sich grundlegend ändern, wenn die internationale Lidl-Zentrale in Bad Wimpfen bis zum Jahr 2019 angesiedelt sein wird, denn dann könnten sich die Einnahmen aus der Gewerbesteuer in zweistelliger Millionenhöhe bewegen. Der Blaue Turm aber kann nicht so lange warten.

Der Brand im Turm von 1984, verursacht durch einen Blitzeinschlag, sei für die Stadt ein geradezu traumatisches Erlebnis gewesen, sagt Brechter. Der Turmhelm stürzte ab, die Wiederherstellung kostete damals 1,7 Millionen Mark, und 2013 zeigten sich wieder erste Risse. Grund sind Sanierungsfehler und das hohe Gewicht der steinernen Turmspitze. Brechter sagt, seit die Pest in der einstmals blühenden Reichsstadt mit mehr als 3000 Einwohnern nur noch zwölf Familien übrig ließ, lebe Bad Wimpfen „im Zustand der gesicherten Armut“. Verfüge aber über historischen Reichtum, zu dem auch das Ritterstift St. Peter gehört, eine der bedeutendsten frühgotischen Klosteranlagen. „Wenn sie hier fünf Meter tief graben, dann sind sie bei den Römern“, sagt der Bürgermeister. Bei der Sanierung des Blauen Turmes zeigt sich, wie identitätsstiftend sich das ebenso wertvolle wie schwierige Erbe auf die Stadtgesellschaft auswirkt. Die Bürger generieren unter dem Motto „Schotter für den Blauen Turm“ Spenden und starten eine Vielzahl von Aktionen, um die 1,1 Millionen Euro aufzubringen, die die Stadt tragen muss. Für die übrigen 5,1 Millionen gibt es Zusagen vom Land, vom Bund, dem Landesdenkmalamt, der baden-württembergischen und der Deutschen Denkmalstiftung. Die Identität seiner Stadt beschreibt Brechter so: „Wenn man uns fragt, ob wir Schwaben, Franken oder Hessen sind, dann sagen wir, wir sind Reichsstädter.“

Befürchtungen wegen zu viel Durchgangsverkehr

Bürgersinn zeigt sich aber auch im Fall der Lidl-Ansiedlung, die den Wimpfenern zunächst einmal viel abverlangt. Die jetzt schon prekäre Verkehrssituation mit täglich 20 000 Fahrzeugen auf der Durchfahrtsstraße wird sich verschärfen, wenn 1500 Lidl-Mitarbeiter hinzukommen.

Die Firma Lidl, die sich über Bauinvestitionen stets ausschweigt, hat immerhin eingestanden, dass man für die auch unter architektonischen Gesichtspunkten prestigeträchtige Ansiedlung 25 Millionen Euro aufgesattelt hat. Gut angelegtes Geld, denn vom Blauen Turm aus kann man dieses neue „Lidl-Land“ gut einsehen.