Er war Regierungssprecher von Lothar Späth und später PR-Chef bei Daimler: Der gebürtige Berliner Matthias Kleinert. Foto: dpa

Der Berliner Schwabe Matthias Kleinert zur Kritik von Markus Babbel an den Hauptstädtern.

Stuttgart - Wer als Stuttgarter die Berliner kritisiert, bekommt vom Boulevard der Bundeshauptstadt eine Nassrasur verpasst. "Halt den Sabbel, Babbel!" kommentierte die "B.Z." kritische Äußerungen des Hertha-Trainers Markus Babbel. Matthias Kleinert, einst "Außenminister" von Daimler, rät zur Gelassenheit.

Herr Kleinert, sie sind geborener Berliner, leben seit langem in Württemberg. Für wen schlägt Ihr Herz?
Ich bin ein schwäbischer Preuße, oder ein preußischer Schwabe. Nur was den Fußball und den VfB betrifft, bei dem ich zwölf Jahre in den Gremien saß, bin ich Schwabe. Ich habe aber einen Koffer in Berlin.

Gibt es nach den berlinkritischen Äußerungen von Babbel jetzt diplomatische Verwicklungen?
Überhaupt nicht. Das Verhältnis zwischen Schwaben und Berliner ist bestens. Das gilt auch umgekehrt.

Moment, es gibt keinen Schwabenhass in Berlin?
Der angebliche Schwabenhass, von dem man immer wieder liest, ist der größte Quatsch. Das ist ein aufgeblasenes Argument, ein erfundenes Problem.

Jetzt hat sich Babbel als Berlinhasser versucht?
Das ist eine völlig überzogene Formulierung. Babbel hat lediglich die Herzlichkeit der Berliner noch nicht erkannt.

Sie reden die Differenzen klein. 
Ich will an 1972 erinnern, als ich in Stuttgart Pressesprecher der CDU-Fraktion im Landtag wurde. Die Medien fragten damals Lothar Späth, wieso er für diese Aufgabe ausgerechnet einen Berliner geholt habe. Späths Antwort war so klar wie richtig: Schwäbische Weisheit und Berliner Schnauze, das ist die beste Kombination.

Der Hertha-Trainer sagt, der Berliner neige gerne zum Größenwahn. 
Markus Babbel verwechselt die Berliner Schnauze mit Größenwahn. Das muss er noch lernen. Außerdem wollte der Trainer nur provozieren.

Ach wirklich?
Ja, Babbel hat genau das gemacht, was der Berliner auch macht: er provoziert. Es war der Versuch einer Berliner Schnauze.

"Babbel gehört nach Berlin"

Noch ein Zitat von Babbel: Der Berliner ist laut, redet viel, will viel - aber getan wird oft erstmal nichts.
Die Berliner sind sehr fleißig. Natürlich wird auch viel geredet. Das ist dort, wo die Politik zuhause ist, ganz natürlich. Wenn Babbel Ergebnisse vermisst, dann sollte er in die Geschichte der Stadt schauen, auf die Teilung, auf die Wiedervereinigung, auf den Lebensmut und den Humor der Menschen. Ich würde ihm ein bisschen Nachdenken raten.

Babbel sagt, es gäbe große Unterschiede zwischen Baden-Württembergern und Berlinern. Hat er recht?
Im Ländle sehen die Menschen die Dinge rational, in Berlin eher locker. Gott sei Dank gibt es diese Unterschiede.

Welche Unterschiede sehen Sie noch? Die Menschen in Baden-Württemberg sind herzlich - wenn man sie für sich gewonnen hat. Ich schätze den Fleiß, den Einfallsreichtum und die solide Bescheidenheit. Die Berliner sind zäh und haben trotz Krieg, Teilung und allen Schwierigkeiten den Humor und Witz nicht verloren.

Zurück zu Babbel. Wie lautet ihr Urteil?
Babbel ist ein hervorragender Mann - und genau deshalb gehört er nach Berlin.

Eine Zeitung in Berlin titelt: Halt den Sabbel, Babbel!
Das ist Berliner Boulevard, nicht Berliner Schnauze.

Kann Berlin nicht mit Kritik umgehen?
Berlin ist immer mit Kritik umgegangen, nicht erst jetzt. Ein echter Berliner würde über Babbel sagen: Da hat er aber mal die Keule rausgeholt - det muss och mal sein.

Bleibt also nichts zurück? Sind Berlin und Babbel wieder ein Herz und eine Seele?
Die Berliner nehmen dem Trainer seine Äußerungen nicht krumm, nach dem Sieg gegen den VfB sowieso.

Der Berliner Chefdiplomat Westerwelle muss also nicht vermittelnd eingreifen?
Die Notwendigkeit sehe ich nicht. Mein Rat an die 60.000 Zuschauer beim nächsten Heimspiel der Hertha ist einfach: Jubelt dem Trainer zu.