Zwei Besucher spazieren am Bärensee in Stuttgart entlang. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Schon eine ganze Weile ist vom Bärensee nur noch eine Pfütze übrig. Was hat das mit dem Besuchermagneten im Rotwildpark gemacht? Und wann soll der See wieder volllaufen?

Wenn schon kein Bilderbuchwetter zum Sonntagsspaziergang reizt, dann sollten doch, so der Gedanke, zumindest all jene unterwegs sein, die sowieso ins Freie müssen – und die dafür gerne die Landschaft rund um den Bärensee nutzen. Kein Hund aber scheint sich an diesem frostigen Sonntagmorgen hinterm Ofen hervorlocken zu lassen, konstant einstellig bleibt die Zahl der Leute auf dem schnurgeraden Bärensträßle hin zum Schlössle. Liegt das etwa daran, dass dem See das Wasser abgelassen wurde und die verbliebene Pfütze nicht mehr taugt als Besuchermagnet?

Keine Hunde, keine Radler

Die ungewohnte Ruhe kommt dem Paar aus Leonberg gerade recht. Schon der beiden Kinder wegen, die jetzt nicht aufpassen müssen wegen „Hunden und Kampfradlern“, wie der Papa sagt. Karolin (6) also legt den Kopf in den Nacken und fischt mit herausgestreckter Zunge nach im Winde tanzenden Schneeflocken. Schade aber findet sie es schon, dass im See „keine Enten“ und „auf dem Baumstamm keine Schildkröten“ sind. Für das Ehepaar aus Hofen ist der Bärensee im Normalfall „sowieso nur Zugabe“. Und angesichts des Schneegeriesels fühlen sie sich an einen Abstecher von vor 20 Jahren erinnert: „Die Landschaft im Schnee, ein paar Tierspuren, sonst völlig unberührt. Die Ruhe! Unvergesslich!“ Beschwingt und die Mützen tief über die Ohren gezogen, wollen sie nun ihre „Runde drehen“.

Der andere Blick auf den See

Das Ehepaar aus Ludwigsburg, beide in Stuttgart aufgewachsen, ist fast jedes Wochenende hier, weil es in ihrer Kindheitslandschaft „so viele schöne Wege gibt“. Den Bärensee lassen sie heute „links liegen“ auf dem Weg zum Einkehren: „Dann sind wir auch schneller im Warmen.“

Auf dem Damm studiert ein Paar aus Ditzingen die aufgespannte Plane, die über die „Untersuchung der Stauanlage“ informiert. Darüber, dass zwecks Sicherheitsüberprüfung im Oktober 2022 das Wasser fast ganz abgelassen wurde. Es stört die Frau auch nicht, dass der Bärensee wegen Reparaturen am Damm und an Sickerstellen erst im Frühjahr 2024 wieder volllaufen soll: „Wenn es nötig ist, dann ist das okay“, betont sie. Derzeit schaue man eben „mit einem anderen Blick“ auf den See.

Erst recht an diesem Sonntag, da der Schnee die Senke darbietet wie mit Puderzucker bestreut. „Ein Bild wie gemalt“ sei dies, sagt Matthias aus Bad Cannstatt, „so habe ich den Bärensee noch nie gesehen!“ Im Zickzack hat das verbliebene Rinnsal eine armbreite und knietiefe Rinne in den Grund gefräst, was im scharfen Kontrast, den das Weiß des Schnees und die Schwärze des Schlicks ergeben, nun besonders deutlich wird – wofür der Cannstatter dann die absolut passende Beschreibung findet: „Der kleine Canyon im großen Bärensee!“ Das amüsiert auch seine Frau Birgit, die mit ihrem Mann „nicht nur einmal“ per Fuß den Weg hierher genommen hat: Von Cannstatt, in drei Stunden, zurück per Bus. Nach der Entdeckung des Canyons stehe nun an: „Zum krönenden Abschluss eine Rote Wurst!“

Der weiße Schnee, der schwarze Schlick

Ihr Vesper immer dabei haben Renate und Heinz Knobbe, „schwäbisch halt“, grinst das Paar von der Weinsteige, das demnächst Diamantene Hochzeit feiert. Jahrzehnte reichen also die Bärensee-Erlebnisse zurück, bis in die 1960er, -70er Jahre, mit Schlittschuhlaufen auf dem See mit den Kindern. „Da war was los! Halb Stuttgart war hier!“, erzählt Renate. Nun genießen die beiden von ganz oben, gut eingepackt im scharfen Wind, sogar ans Sitzkissen haben sie gedacht, „die schöne Aussicht über den leeren Bärensee“. Den Canyon haben sie auch schon entdeckt. Von oben sei das „ein lustiges Schlangenbächle“.