Der Standstreifen zwischen dem Stuttgarter Kreuz und der Anschlussstelle Möhringen ist seit Montag, 6.30 Uhr, als vierte Spur befahrbar. Foto: dpa

Staugeplagte Pendler sollen von Montag an auf der A 8 durchatmen können. Allerdings nur auf einer Strecke von maximal 4200 Metern. Auf dieser Länge wächst die Autobahn zwischen dem Kreuz Stuttgart und der Ausfahrt Möhringen durch die Freigabe der Standspur in die Breite.

Stuttgart - Kein Platz, kaum Geld für den Ausbau, aber Autos und damit Staus ohne Ende. Diese Bestandsaufnahme gilt vor allem für die A 8 und A 81 um Stuttgart. Von Montag an soll es dennoch eine Erleichterung geben. Dann werden Stand-, im Amtsdeutsch: Seitenstreifen für einen täglich definierten Zeitraum als normale Fahrspur freigegeben. Gleichzeitig reduziert sich das erlaubte Höchsttempo von 120 auf 100 Kilometer pro Stunde, und zwar auf allen vier Fahrspuren. Das hat trotz des von den Grünen geführten Verkehrsministeriums nichts mit Ideologie, sondern mit größerer Verkehrssicherheit zu tun. Der Abschnitt zwischen dem Stuttgarter Kreuz und dem Flughafen gilt als unfallträchtig. 2011 mussten Polizei und Rettungsdienste zu 508 Karambolagen ausrücken, das waren doppelt so viele wie im Vorjahr.

Es ist das erste Mal, das im Land zwei Standspuren für den regulären Betrieb freigegeben werden. „Wo immer es möglich ist, werden wir auf diese Weise die Kapazität überlasteter Streckenabschnitte schnell und preiswert erweitern“, sagt Verkehrsminister Winfried Hermann. Der Grüne setzt nicht auf zusätzlichen Asphalt, sondern auf Technik, die die vorhandene Infrastruktur besser nutzbar machen soll. Aber auch die Technik ist nicht billig. Auf der A 8 flossen zwischen Leonberg und Wendlingen 21 Millionen Euro in eine Anlage, die den Verkehr beeinflussen soll. Das Geld kam vom Bund. 1,2 Millionen Euro davon waren nötig, um die Standstreifen zwischen dem Stuttgarter Kreuz und der Ausfahrt Möhringen und in Gegenrichtung bei Bedarf als reguläre Fahrspuren freigeben zu können.

Im Endzustand soll mit der Anlage über die Erfassung der Verkehrsdichte die rechte Spur jederzeit freigegeben werden können. In den nächsten Wochen läuft das „zentrale Projekt im Kampf gegen Stau“ (Hermann) aber zunächst im Probebetrieb. Damit wird die Autobahn in beide Richtungen morgens von 6.30 Uhr bis um 9.30 Uhr und von 15.30 Uhr bis 18.30 Uhr für jeweils drei Stunden breiter. Zeigt die Blechlawine Lücken, wird wieder auf drei Spuren zurückgeregelt.

Bei Panne Nerven behalten

Die Straßenverkehrszentrale des Landes rechnet damit, dass die Verkehrskapazität sich durch die Freigabe um bis zu 20 Prozent erhöht. Bei täglich 140 000 Fahrzeugen, darunter rund zwölf Prozent Lastwagen, ein echter Zugewinn. Der allerdings je nach Fahrtrichtung unterschiedlich ausfällt: In Richtung Karlsruhe werden es von der Anschlussstelle Möhringen aus rund 4,2 Kilometer sein, in Gegenrichtung nur rund 2,6 Kilometer. Das liege daran, sagt der Ministeriumssprecher Edgar Neumann, dass die jeweiligen Einfahrten der Anschlussstellen nicht auf gleicher Höhe liegen.

Bevor der Seitenstreifen als vierte Fahrspur freigegeben wird, werfen die Verantwortlichen in der Verkehrsrechnerzentrale des Landes in Feuerbach einen Blick auf die Standstreifen. Das geschieht mit Hilfe von insgesamt 18 schwenk- und neigbaren Kameras. „Personenspezifische Daten“, betont das Ministerium, würden dadurch nicht erfasst. Gemeint sind die Autokennzeichen.

Wer im zeitweise vierspurigen Abschnitt eine Panne hat, sollte die Nerven behalten und eine Nothaltebucht ansteuern. Die Verkehrssicherheit bleibe durch die zeitweise Nutzung des Seitenstreifens auf gleichem Niveau, sagt das Ministerium. Das zeigten Erfahrungen aus anderen Bundesländern.