Foto: Bock

Die kleine Gemeinde Kirchheim in Hessen hat sich ganz dem Fernverkehr verschrieben.

Kirchheim - Zwei Wochen ist unser Autor unterwegs auf Deutschlands längster Autobahn, der A7. Die wird mancherorts zur Lebensader. Im hessischen Kirchheim hängen Wohl und Wehe des ganzen Ortes vom Durchgangsverkehr ab.

Manfred Koch schlägt ein Buch auf. Was darin zu sehen ist, lässt den Betrachter ungläubig staunen. Das eine Foto, das der Bürgermeister präsentiert, zeigt die kleine hessische Gemeinde Kirchheim im Jahr 1960. Daneben eine aktuelle Aufnahme, vom gleichen Standort aus gemacht. Wüsste man es nicht besser, man könnte meinen, die beiden Orte auf den Bildern hätten nichts miteinander zu tun. Einmal ist dort ein winziges Bauerndorf mit Autobahnmeisterei zu sehen, einmal ein Gewerbestandort geradezu städtischer Ausprägung.

"Ein Vorgänger von mir hat mal gesagt: Früher war Kirchheim so arm, da sind die Zigeuner im Galopp durchgerannt, weil sie Angst hatten, beklaut zu werden", sagt Koch und lacht schallend. "Es gab hier nichts", erinnert sich der SPD-Mann, der seit über elf Jahren Bürgermeister ist. Heute drängen sich die Menschen bei McDonald's und Burger King, kaufen ein bei Rewe und Aldi oder im Outlet-Center bei Trigema, Lloyd und Puma, übernachten oder essen in einem der zig Hotel- und Gastronomiebetriebe. Im Autohof reihen sich die Lastwagen aneinander wie an einer Perlenkette. Die leuchtenden Werbetafeln sind nachts kilometerweit zu sehen.

Schuld daran ist eine große Straßenkreuzung. Am Kirchheimer Dreieck treffen sich die Autobahnen 4 und 7, nur wenige Kilometer weiter südlich stößt am Hattenbacher Dreieck die A 5 dazu. Ost und West, Nord und Süd begegnen sich hier. Und mittendrin liegt Kirchheim. "Die Bedeutung der Autobahn für uns ist so groß, dass wir sie sogar ins Wappen der Gemeinde aufgenommen haben", sagt Koch, "nur durch sie hat sich der Ort so enorm entwickeln können."