OB Fritz Kuhn besucht die Turnhalle des Solitude-Gymnasiums, eine der ersten Turnhallen, die in Stuttgart mit Flüchtlingen belegt wurde. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Im Sozialausschuss des Gemeinderats äußerte die CDU-Fraktion Kritik an der Planung neuer Flüchtlingsheime. Sie hält einige Stadtteile für überfordert. Kritik gab es auch an den Auflagen für den Artenschutz.

Stuttgart - Mit der Unterbringung von Flüchtlingen in Turnhallen ist keine Fraktion glücklich. Die Stadt braucht deswegen weitere Systembauten, worüber am Montag der Sozialausschuss des Gemeinderats diskutieren und beschließen sollte. Weil einige Standorte umstritten sind, wollten die Stadträte zunächst die ausstehenden Bezirksbeiratssitzungen abwarten.

Grundsätzliche Bedenken äußerte CDU-Stadtrat Thomas Fuhrmann. „Der prozentuale Vergleich mit dem gesamten Stadtbezirk hinkt.“ So habe der Stadtteil Hofen (4000 Bewohner) beispielsweise nach dem Neu- und Ausbau der Systembauten eine Flüchtlingsquote von zehn Prozent, die Zuweisungsquote für ganz Stuttgart liegt laut OB Kuhn bei derzeit 6,23 Prozent. Für Fuhrmann ist klar: „Wir verlassen ein Stück weit den Stuttgarter Weg.“

750 neue Flüchtlinge kamen im Januar

Ursprünglich sollten an keinem Standort mehr als 250 Flüchtlinge untergebracht werden. Auf der Schlotwiese in Zuffenhausen, einem Neubau, sind fast 400 Plätze geplant. Gerade in großen Asylheimen müsse die Polizei jede Nacht für zwei bis drei Einsätze anrücken, „wir brauchen uns über die Voten der Bezirksbeiräte also nicht zu wundern“, sagte der CDU-Stadtrat.

In fünf Runden hat man bereits Plätze für Flüchtlinge gesucht, jetzt geht es um die sechste Tranche. Für Januar war eine Quote von 1093 Flüchtlingen angekündigt, zugewiesen wurden 906, tatsächlich angekommen sind bis Freitagabend 750. Für Februar sind 895 Menschen prognostiziert. Gelegentlich spricht der Artenschutz gegen einen Standort – wie in Hofen, wo auf dem von den Anwohnern vorgeschlagenen Platz Eidechsen leben. Fuhrmann fordert, im Gesetz nach Ausnahmen zu fahnden. Auch SPD-Stadträtin Maria Hackl empfindet den Artenschutz in dem Fall als Herausforderung: „Das versteht kein Mensch.“

Für große Asylheime fordert Hackl unter anderem einen zusätzlichen Gemeinschaftsraum und mehr pädagogisches Personal. Die Grünen wollen vom Artenschutz naturgemäß nicht abweichen. Stadtrat Andreas G. Winter appellierte: „Wir müssen bei den Bürgern um Akzeptanz werben, weil wir die humanitäre und gesetzliche Verpflichtung zur Aufnahme der Flüchtlinge haben.“

Bezirksvorsteher bemängelt Betreuungsschlüssel

In Anbetracht der größeren Wohneinheiten erinnerte Hannes Rockenbauch (SÖS/Linke-plus) an den gescheiterten Antrag seiner Fraktionsgemeinschaft: „Es war ein Fehler, bei den Haushaltsbeschlüssen den Betreuungsschlüssel bei 1:136 zu belassen.“ Dem stimmte Ralf Bohlmann zu: „Damit ist man nur Verwalter, zur persönlichen Unterstützung kommt man nicht“, so der Mühlauser Bezirksvorsteher. „In großen Heimen muss der Betreuungsschlüssel größer sein.“

Zu einem Eklat führte in dieser Sitzung ein Schlagabtausch mit Heinrich Fiechtner. Rockenbauch hatte den AfD-Stadtrat aufgefordert, sich von den Aussagen der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry zu distanzieren. Diese hatte in einem Interview gesagt, ein Grenzpolizist müsse „notfalls von der Schusswaffe Gebrauch machen“, um einen illegalen Grenzübertritt zu verhindern.

Sozialbürgermeisterin entzieht AfD-Stadtrat das Wort

Da Fiechtner zu einem Monolog über Bundespolitik ansetzte, anderen Parteien „Gesinnungsethik“ vorwarf und von „Sozialindustrie“ sprach, erteilte ihm Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer mehrere Ordnungsrufe: „Sie äußern sich nicht zum Thema, Sie verbreiten hier haltlose Vorwürfe, Verdächtigungen und Lügen“, und entzog ihm schließlich das Wort.

Jochen Stopper (Grüne) unterstützte Fezer, bemängelte Fiechtners „dauerhaft nicht erträglichen, unterirdischen Umgang mit der Sitzungsleitung“ und forderte, der Ältestenrat müsse darüber diskutieren, „wie man damit umgeht“. Stopper warf dem AfD-Stadtrat vor, dass er die Vorlage zum Ausbau der Unterkünfte ablehne und damit Verantwortung verweigere.