Die gesetzlichen Regelungen für die Outsourcing genannte Auslagerung sind eigentlich klar. In der Praxis ist das aber nicht immer so

Stuttgart - Mancher war jahrelang beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt. Doch auf einen Schlag wird die Abteilung ausgelagert, und der neue Arbeitgeber zahlt ein deutlich schlechteres Gehalt. Der einzelne Mitarbeiter kann sich dagegen nur schwer wehren. Meist können nur Gewerkschaft und Betriebsrat verhindern, dass die Mitarbeiter schlechter gestellt werden.

"Kein Arbeitgeber wird leichtfertig Unternehmensteile outsourcen", sagt Thomas Prinz, Experte für Arbeitsrecht bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). "Das komplizierte Arbeitsrecht in diesem Bereich führt zu einem enormen Aufwand und meist hohen Kosten." Die gesetzlichen Regelungen für die Outsourcing genannte Auslagerung sind eigentlich klar. Der Paragraf 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches legt sie fest, wie Torsten Walter, Arbeitsrechtsexperte beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), erklärt: "Der Arbeitnehmer ist bei einem Betriebsübergang geschützt. Der Arbeitgeber muss ihn mindestens ein Jahr lang zu den gleichen Konditionen weiterbeschäftigen."

Betrieb muss umfassend informieren

In der Praxis ist das aber nicht immer so. "Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie Arbeitgeber diese Bestimmungen legal umgehen können", sagt Jochen Homburg, Ressortleiter Betriebspolitik bei der IG Metall in Frankfurt. "Eine davon ist, dass der neue Arbeitgeber Druck auf die Mitarbeiter ausübt und mit der Entlassung nach einem Jahr droht, wenn nicht ein neuer Arbeitsvertrag zu schlechteren Konditionen bereits vorzeitig unterschrieben wird." In anderen Fällen kommt es nach Homburgs Angaben vor, dass alle Mitarbeiter entlassen werden und nach einer bestimmten Zeit der auszulagernde Betriebsteil - mit allen Maschinen, aber ohne Mitarbeiter - verkauft wird. Eine weitere Möglichkeit könne die Gründung einer Transfergesellschaft sein, in der die Mitarbeiter zunächst "geparkt" werden.

Mitarbeiter, die von Outsourcing betroffen sind, haben einen besonderen Kündigungsschutz, wie DGB-Arbeitsrechtler Walter erklärt: "Ein Arbeitnehmer darf nicht aufgrund des Betriebsübergangs entlassen werden." Gegen das Outsourcing selbst kann man sich nur bedingt wehren. Zwar kann der Mitarbeiter innerhalb eines Monats dagegen Widerspruch einlegen. Dann gilt aber der besondere Kündigungsschutz nicht mehr.

"Der Arbeitgeber muss die Mitarbeiter umfassend über die Auswirkungen einer Auslagerung informieren", betont Thomas Prinz von der BDA: "Wenn ein Mitarbeiter nachweisen kann, dass diese Information nicht ausreichend erfolgt ist, bedeutet dies aufgrund der ausufernden Rechtsprechung zum Umfang der Informationspflichten für den Arbeitgeber eine erhebliche Rechtsunsicherheit." Für den Arbeitnehmer allerdings bietet sich dadurch eine Möglichkeit, sich im Nachhinein doch noch gegen die Auslagerung zu wehren. Bekommt der Mitarbeiter vor dem Arbeitsgericht recht, gilt rechtlich das alte Arbeitsverhältnis mit dem ursprünglichen Arbeitgeber weiter. Und er muss das in dieser Zeit entgangene Gehalt nachzahlen.

Hohe Kosten bei Auslagerung

Arbeitsrechtler Walter empfiehlt Arbeitnehmern, auf das Auskunftsrecht zu bestehen: "Man sollte auf jeden Fall umfassende Informationen einholen." Gewerkschaften und Betriebsrat haben Jochen Homburg zufolge die Möglichkeit, mit dem Arbeitgeber die Einzelheiten einer Ausgliederung im Rahmen eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans zu verhandeln: "Wann der Arbeitgeber zu solchen Verhandlungen verpflichtet ist, hängt von der Unternehmensgröße und der Anzahl der auszugliedernden Mitarbeiter ab." Auch viele Arbeitgeber sehen Outsourcing nicht euphorisch: "Wegen der hohen Kosten lassen sich durch Outsourcing erhoffte Einsparungen erst auf lange Sicht erzielen", sagt Thomas Prinz. Laut einer aktuellen Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung im Auftrag des Vereins deutscher Ingenieure ist die Produktivität von Unternehmen oft umso geringer, je mehr Geschäftsprozesse sie outsourcen.

Dieses Problem macht Gewerkschafter Homburg an einem Beispiel deutlich: "In der Automobilindustrie etwa kann kein Fahrzeug mehr ohne Zulieferindustrie gebaut werden." Dies könne im Extremfall dazu führen, dass die Unternehmen nicht mehr wissen, wie ein bestimmtes Produkt hergestellt wird.