Die Gewerkschaft Verdi hat den Arbeitskampf beim Versandhändler Amazon am zweiten Streiktag ausgeweitet. Foto: dpa

Arbeitskampf mit Weihnachtspaketen: Verdi macht bei Amazon immer mehr Dampf. Doch der Versandriese zeigt sich bislang unbeeindruckt: „Kein Päckchen bleibt liegen.“

Koblenz/München - Mitten im Weihnachtsgeschäft hat die Gewerkschaft Verdi den Arbeitskampf beim Versandhändler Amazon ausgeweitet. Am Dienstag blieben nach Gewerkschaftsangaben mehr als 2500 Beschäftigte an sechs der neun deutschen Standorte vor den Toren.

Am Montag waren bereits mehr als 2000 Mitarbeiter an fünf Standorten im Ausstand. Jetzt beteiligten sich laut Verdi auch Amazon-Beschäftigte in Koblenz an dem auf drei Tage angelegten Streik. Auch nach dem Ende der Aktion in der Nacht zum Donnerstag will Verdi nicht lockerlassen. Am Mittwoch sollen weitere Entscheidungen fallen.

In der heißen Phase vor den Feiertagen will die Gewerkschaft den Onlinehändler an den Verhandlungstisch zwingen. Amazon sieht sich als Logistikunternehmen, das in dieser Branche gehobene Löhne zahlt. Die Gewerkschaft verlangt einen besser ausgestatten Tarifvertrag zu Bedingungen des Einzelhandels. Amazon beschäftigt eigenen Angaben zufolge 10 000 Angestellte, vor Weihnachten 10 000 Saisonkräfte zusätzlich.

Der Geschäftsführer von Amazon Deutschland, Ralf Kleber sieht keine Notwendigkeit für Tarifverhandlungen. "Wir setzen schon von jeher auf betriebliche Mitbestimmung, wir haben an jedem Standort gewählte Betriebsräte." Auch an den Streiktagen laufe das Geschäft ganz normal. Ganz kalt lässt ihn der Ausstand aber nicht: "Natürlich sind wir angespannt, das ist eine der wichtigsten Wochen des Jahres. Da steht der Kunde im Mittelpunkt, da muss natürlich alles klappen."

Die Gewerkschaft berichtete von Störungen im Betrieb durch den Ausstand. Amazon bestritt das. Man habe sich mit dem europaweiten Logistiknetzwerk mit 28 Standorten auf den Streik vorbereitet, sagte Unternehmenssprecherin Anette Nachbar. "Es ist kein Päckchen liegen geblieben." Und das gelte auch weiterhin.

Bestellungen über Ausland abgewickelt

Amazon hatte schon im Vorfeld Bestellungen über andere Logistikzentren im Ausland abgewickelt. Außerdem wurde beispielsweise am Standort Werne in Nordrhein-Westfalen laut Betriebsrat Frank Schrand im Vorfeld des Streiks eine Sonntagsschicht eingelegt.

Bereits am Montag war der Streik an den Amazon-Standorten im hessischen Bad Hersfeld, in Leipzig (Sachsen), in Graben (Bayern), Rheinberg und Werne (beide NRW) losgegangen. Insgesamt beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben am ersten Tag fast 2300 Beschäftigte, Amazon sprach von rund 2100 Streikenden. Ob die Streikenden am Donnerstag an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, stehe noch nicht fest, sagte Verdi-Sprecher Karsten Rupprecht in Werne. "Das wird am Mittwoch entschieden."

Am dritten Streiktag will die Gewerkschaft den Druck weiter erhöhen. Die Streikenden aus den beiden NRW-Standorten und Bad Hersfeld wollen am Mittwoch mit Bussen zu einer zentralen Streik-Kundgebung nach Koblenz fahren.