Die wenigen Starter ließen sich den Spaß nicht nehmen und trugen die Landesmeisterschaften aus. Foto: Jan Potente

Nach 20 Jahren Pause sollten am Wochenende die Aichstrut-Racedays die Zuschauer begeistern. Doch irgendwie war Sand im Getriebe. Wir zeigen Fotos von den Kisten, die am Start waren.

Öl gewinnt Rennen! Davon ist Boris Kirchner überzeugt. Nur mit gut geschmierten Kugellagern hat man beim Seifenkistenrennen eine Chance. Es muss flutschen, dann läuft’s. Für die Seifenkisten seiner drei Kinder Nahla, Finja und Jaron hat der Familienvater mehrere Sätze hochwertiger Industriekugellager im Gepäck. Jedes einzelne hat er zu Hause aufgemacht, die kleinen Stahlkugeln mit Alkohol gesäubert, von winzigen Staubkörnchen befreit und am Ende mit einem Spezialöl geschmiert. Mit welchem? Kirchner lächelt. „Tut mir leid – das bleibt geheim.“

Gern verrät er, was es mit den Nummern 1 bis 5 auf dem Materialkasten auf sich hat: „Ich blase in der Werkstatt alle Kugellager mit Luftdruck an, stoppe die Zeit und schaue, wie lange sie laufen. Je länger, desto besser.“ Dann zeigt er noch einen Lagersatz mit Keramikkugeln. „Die kosten 30 Euro das Stück, jeweils acht werden in einer Seifenkiste benötigt. Das läppert sich. Aber die brauchen wir heute nicht“, erklärt der Maschinenbauer. Die für drei Euro tun es heute auch.

Eigentlich super Voraussetzungen

Heute ist am Aichstrutsee. Dort geht es für seine Kids nicht um die Europa- und Weltmeisterschaften, wo seine Kinder schon Medaillen und Platzierungen errungen haben. Heute steht der Spaß im Vordergrund und die Möglichkeit, jede Menge Probeläufe zu machen. Und klar, am Ende wird auch die Landesmeisterschaft ausgetragen. „Die Lage hier in Welzheim und die Voraussetzungen sind spitze“, erklärt Tobias Werner, zweiter Vorsitzender des Seifenkistenverbands Baden-Württemberg. Auch die rund 500 Meter lange Strecke, die aus Richtung Seiboldsweiler runter zum Parkplatz führt, sei „genial“.

Über eine elektronisch gesteuerte Startrampe rollen die Seifenkisten parallel auf der durch farbige Hütchen separierten Strecke erst ein flacheres Stück hinab, ehe sie zum Wohnmobilparkplatz hin an Fahrt gewinnen und mit mehr als 50 Kilometern pro Stunde im Ziel durch die Lichtschranke sausen. Erst dort wird aufs Pedal gedrückt, damit die Stempelbremse das Gefährt stoppt.

Danach werden sie mit dem Elektroroller oder Auto wieder nach oben gezogen und dürfen sich auf der anderen Fahrspur die Ideallinie suchen. „Immer eng an der Innenkurve lang“, erklärt Werners zehnjähriger Neffe Max, der schon Fünfter bei der WM war. Und stets die Augen auf den Asphalt richten. Jede unnötig überfahrene Bodenrille, an der man streift, jedes noch so kleine Schlagloch, jeder Gullydeckel könnte unerwünschte Reibung erzeugen, die Fahrt bremsen und wichtige Hundertstel kosten. Und gebremst wird unterwegs nur, wenn es unbedingt sein muss. „Was man einmal verliert, holt man nicht wieder rein – es gibt ja kein Gaspedal“, sagt Tobias Werner.

Zu wenige Zuschauer und Starter

Ein Wermutstropfen, da macht Werner keinen Hehl daraus, sei die geringe Resonanz bei den Startern und auch bei den Zuschauern. Das Fahrerfeld ist überschaubar. Nur fünf Starter sind offiziell gemeldet. Woran die schwache Beteiligung liegt, kann er sich nicht wirklich erklären. Dass die „Aichstrut Racedays“ ausgetragen werden, habe man von Seiten des Veranstalters recht kurzfristig vor ein paar Wochen erfahren. Vielleicht sei es manchen Teilnehmer zu spontan gewesen, vermutet Werner und ist mit dieser Einschätzung nicht allein.

Der Eventmanager Olly Christoph kann sich nicht genau erklären, wo die Teilnehmer geblieben sind. „Es ist eine Katastrophe, ich war von 200 Startern ausgegangen, dann ist uns auch noch die Homepage für die Anmeldungen abgestürzt.“ Eigentlich habe er auch einen Seifenkisten-Firmen-Cup austragen wollen, es hätten sich aber keine Unternehmen gemeldet. Kontakt habe er im Vorfeld zudem mit einem Bobbycar-Sportverein aufgenommen. „Die hatten zwar Interesse bekundet, nur war ihnen die Strecke nicht steil genug, da hätten wir am zweiten Veranstaltungstag alles umbauen müssen, das hätte einen riesigen Mehraufwand bedeutet.“

Verband will bei Neuauflage unterstützen

Nur zwei Personen hatten sich am Samstagvormittag angemeldet, um die Strecke mit dem Bobbycar zu fahren. Erwachsene, die am Samstag eine Seifenkiste ausprobieren wollten, mussten in die Röhre schauen. Es stand, entgegen der Ankündigung, nur eine für Kinder bereit – und das auch nur eher zufällig. Aufwand hat der Backnanger Veranstalter im Grunde keinen gescheut. Für Samstagabend stand eine Bühne für ein Konzert parat, auch Stände für Imbiss und Getränke gab es. Der Rennbetrieb am Sonntag wurde dann jedoch abgesagt.

„Handwerklich war das im Grunde super organisiert, und die Kinder hatten einen Riesenspaß“, lobt Tobias Werner den Veranstalter. „Wenn es im kommenden Jahr eine Neuauflage geben sollte, sind wir als Verband gern dabei und unterstützen im Vorfeld auch rechtzeitig, dass es auch ein Erfolg wird.“ Ideen habe er die eine oder andere, damit künftig alles rund läuft und unnötige Reibungspunkte vermieden werden können.

Ergebnisse und Infos

Seifenkistenverband
Wer sich für Seifenkisten interessiert, findet nähere Infos unter www.seifenkistenverband-bw.de

Unterstützung
Kinder ab sechs Jahren, die sich für den Sport interessieren, können vom Verband eine Seifenkiste erhalten.