Ahnenforschung. Foto: Pixelpower/fotolia

Ahnenforschung liegt im Trend. Viele Deutsche erkunden auch an fernen Orten ihre Familiengeschichte und reisen auf den Spuren ihrer Vorfahren.

Die Weihnachtsfeiertage sind vorbei, und vielleicht war da im Familienkreis vom Uropa die Rede, der in Frankreich fiel. Oder von der Uroma, die gar nicht aus Deutschland kam, sondern wie viele Flüchtlinge heute einwanderte. Oft sind dann selbst ältere Familienmitglieder mit ihrem Wissen bald am Ende. So ging es auch dem Leipziger Michael Fischer-Art. Als seine Großmutter starb, versprach er ihr, Hans, den Großvater, „nach Hause zu holen“. Der war Lazarettarzt und starb im November 1945 in einem rumänischen Gefangenenlager. „Das ganze Elend des Krieges - das wollte ich am Beispiel vom Opa auch meinen Kindern verdeutlichen“, sagt Fischer-Art. Der Leipziger machte sich auf die Reise in die eigene Familiengeschichte.

Eine ganz andere Reise war das, und sie dauerte lang. Statt ins Reisebüro zu gehen, recherchierte er drei Jahre lang, bis er die letzten Lebenswochen seines Großvaters bildlich vor Augen hatte. Dabei war er vergleichsweise gut mit Informationen ausgestattet. Ein Kriegskamerad hatte 1961 eine Skizze des Gräberfeldes mitgebracht. Der Lagerkommandant hatte zudem eine Liste mit Namen und Todesdatum erstellt. Mit Hilfe guter Kontakte nach Rumänien half schließlich der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, den genauen Bestattungsort der deutschen Soldaten in der Nähe des Städtchens Orasul Ramnicu Sarat ausfindig zu machen.

Ahnenforschung wird immer bedeutender

Immer mehr Familien begeben sich in ähnlicher Art auf die Suche nach ihren Ahnen. Allein der Stadtverband Leipzig des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge erhält im Jahr zwischen 30 und 40 Anfragen. Befeuert wird das Interesse an den Vorfahren durch die immer besseren Möglichkeiten, Informationen im Internet zu bekommen. So hat der Verein für Computergenealogie eine Plattform namens Genwiki ins Leben gerufen und darauf rund 31 000 Verlustlisten aus dem Ersten Weltkrieg veröffentlicht. Auch private Firmen bieten heute relativ unkompliziert computergestützte Recherchen über Vorfahren an und erstellen Familienstammbäume. Historische Dokumente, die bis dato in einem Pappkarton ganz hinten auf dem Dachboden schmorten, ermöglichen eingescannt im Internet ungeahnte Recherchewege.

Der Leipziger Fischer-Art erkundete jedoch nicht nur die letzten Wochen seines Großvaters. Über seine weit verzweigte Familiengeschichte machte er auch Angehörige in Kanada und den USA ausfindig und besuchte sie. Im vergangenen Frühjahr machte sich der Sachse auf den Weg zum Grab seines Opas nach Rumänien. Zwei Tage lang dauerte die Tour in den rund 1000 Kilometer entfernten Ort. „Das war alles ein bisschen skurril - dem Friedhofsgärtner drückte ich 20 Euro in die Hand, da durfte ich ein wenig graben“, erzählt er. Für noch einmal 20 Euro war es sogar gestattet, ein Fläschchen Erde mitzunehmen. „Doch als ich da 70 Jahre nach seinem Tod erstmals am Grab meines Großvaters stand, das hat mich schon innerlich aufgewühlt“, sagt er. Die Überreste des Verstorbenen ließ er allerdings dort. Es stellte sich heraus, dass der Opa in einem Gemeinschaftsgrab bestattet war. Mit seinen drei Kindern will der 46 Jahre alte Maler bald noch einmal nach Rumänien fahren. „Da nehmen wir den Zug, damit wir schön viel Zeit haben, das alles im Kopf zu bewegen“, sagt er.