Zuckerrüben werden verladen – Südzucker ist einer der großen Nutznießer der EU-Agrarsubventionen Foto: dpa

Insgesamt 6,2 Milliarden Euro aus EU-Töpfen fließen dieses Jahr in die deutsche Landwirtschaft. Wo das Geld landet, war bislang kaum nachzuvollziehen. Jetzt ist aber klar: Neben ganz normalen Landwirten profitieren auch Großkonzerne und Bauern-Funktionäre.

Berlin/Stuttgart - Jahrelang herrschte Rätselraten um einen der größten Zahlungsströme von EU-Mitteln nach Deutschland – die Subventionen, die die Europäische Union (EU) jedes Jahr an den Agrarsektor in ihren Mitgliedsstaaten ausschüttet. Im Jahr 2010 hatten sich zwei Bauern aus Hessen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg mit einer Klage gegen die bis dato detaillierte Form der Veröffentlichung durchgesetzt. Seither war ein Einblick in den milliardenschweren Agrar-Subventionstopf der EU nun sehr eingeschränkt möglich.

Das hat sich jetzt wieder geändert. Unter leicht veränderten Bedingungen ist eine Datenabfrage nun wieder möglich. Welcher deutsche Bauer in welchem Umfang von der EU Gelder erhält, ist kein Geheimnis mehr, sondern kann jetzt auf der Internetseite agrar-fischerei-zahlungen.de eingesehen werden.

Allerdings waren es 2014 – nur hierfür sind Daten verfügbar – auch Großunternehmen und Spitzenfunktionäre in Agrarverbänden, denen Mittel in erheblichem Umfang zuflossen. Nach Informationen unserer Zeitung strich allein der Mannheimer Zuckerriese Südzucker AG 2014 gut 1,9 Millionen Euro an EU-Direktzahlungen, Agrarumweltmaßnahmen sowie Ausfuhrerstattungen zum Zuckerexport ein.

Das geht aus den am Donnerstag veröffentlichten Daten des Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) hervor. Weitere große Profiteure von EU-Mitteln waren demnach im letzten Jahr die Energieriesen RWE und Eon. Die RWE-Tochter RWE Power AG in Erftstadt erhielt 453 681,80 Euro, unter anderem für Aufforstungsmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Flächen. Einer Tochter des Düsseldorfer Eon-Konzerns in Helmstedt flossen 103 238,66 Euro zu. Aber auch andere Konzerne, wie die dänische Großmolkerei Arla Foods oder ein Gutshof des größten Chemiekonzerns der Welt – BASF aus Ludwigshafen – profitierten. Der Groß-Schweinemäster Straathof, gegen den zuletzt ein Tierhaltungsverbot wegen tierquälerischer Haltung verhängt wurde, erhielt rund 600 000 Euro.

Mit knapp 21 Millionen Euro an EU-Mitteln war nach BMEL-Daten der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) in Magdeburg der größte Profiteur im Jahr 2014.

Auch wichtige Funktionäre der deutschen Landwirtschaft strichen 2014 EU-Agrarsubventionen ein. Für das EU-Haushaltsjahr 2014 weist die Liste insgesamt 83 679,31 Euro an Zuwendungen für den Präsidenten des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, aus. Er bewirtschaftet einen größeren Mischbetrieb im baden-württembergischen Eberstadt. Der Bayer Romuald Schaber, Präsident des Bundesverbands der deutschen Milchviehhalter (BdM), erhielt in Summe 16 513,22 Euro an EU-Mitteln.

„Dass weiterhin Agrarzahlungen an die Industrie gehen, die zu den Top 100 der Deutschen Wirtschaft gehören, ist das eigentliche Drama an dieser ewigen Geschichte“, sagte Friedrich Ostendorff, Vize-Chef des Landwirtschaftsausschusses im Bundestag unserer Zeitung. Agrargelder würden dringend benötigt, um die gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft zu honorieren, nicht um das Portemonnaie der Industrie zu füllen.

Insgesamt beläuft sich die EU-Agrarförderung für Deutschland im Haushaltsjahr auf 6,2 Milliarden Euro. Davon fließen gut 4,85 Milliarden Euro in die sogenannte erste Säule, also die Direktzahlungen an Betriebe nach Fläche.