Das brennende Luftschiff stürzt ab. Foto: dpa

Ein Blimp ist schwerer zu landen als ein Zeppelin – Der Unterschied liegt in der Bauar.

Friedrichshafen - Der Reifenhersteller Goodyear stoppt in Europa vorerst alle Flüge der Luftschiffe, auf denen sein Firmenname prangt. Am Bodensee gehen hingegen weiter Zeppeline samt Passagieren in die Luft. Der Zeppelin NT aus Friedrichshafen ist laut Experten anders konstruiert und daher sicherer als die Blimps aus den USA.

Es klingt wie Hohn. Der Name des am Wochenende abgestürzten Luftschiffs war "Spirit of Safety" (Geist der Sicherheit). Doch es kommt noch schlimmer: Das Luftschiff vom Typ A60+ des US-amerikanischen Herstellers Lightships war im Rahmen der Goodyear Safety Tour (Sicherheitstournee) unterwegs, mit der der Reifenhersteller für Sicherheit im Straßenverkehr werben wollte. Der Name war hier nicht Programm.

Die beiden Blimp genannten Luftschiffe, die Goodyear von Lightships mitsamt dem Piloten und Personal gemietet hat, sollten im Rahmen dieser Tournee durch 20 europäische Länder unterwegs sein - doch damit ist fürs Erste Schluss. "Wir haben alle Flüge in Europa gestoppt, bis wir die Ursache für das Unglück kennen", sagt Goodyear-Sprecher Jürgen Wiedemann. "Angesichts des furchtbaren Unfalls vom Wochenende ist das das einzig Richtige." In den USA stehen die Luftschiffe bei Goodyear allerdings nicht zur Debatte. Die alten Blimps sollen in den kommenden Jahren durch neue Luftschiffe ersetzt werden. Diese Form des Marketings ist dem Reifenhersteller rund 14 Millionen Euro wert.

Benzin hat sich entzündet

Beim Absturz der "Spirit of Safety" kam der australische Pilot ums Leben. Drei Journalisten, die den Hessentag in Oberursel aus der Luft fotografieren wollten, konnten sich nur durch einen Sprung aus der Kabine retten. Nach dem tödlichen Unfall hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. "Es gab einen Aufprall, dann ist Benzin ausgetreten und das hat sich entzündet", sagte ein Sprecher der Polizei am Dienstag über die vorläufigen Untersuchungsergebnisse.

Die Fahnder sind bei ihrer Arbeit auf die Erinnerungen der Überlebenden an das dramatische Geschehen vom Sonntagabend angewiesen. "In meinem Rücken wurde es auf einmal heiß, es stank fürchterlich nach Benzin", erinnert sich ein Fotograf der "Bild"-Zeitung, der an Bord des Luftschiffes gewesen war. Beim Aufsetzen sei ein mächtiger Schlag zu spüren gewesen. Der Pilot habe gerufen, es habe einen Unfall gegeben, das Luftschiff sei beschädigt. "Ich dachte, gleich springt Mike, der Pilot, mit dem Fallschirm raus. Aber er kam nicht. Dann hörte ich ihn schreien", zitiert die "Bild" ihren Mitarbeiter.

Der Zeppelin vom Bodensee

"Wir werden unseren Flugplan jedenfalls nicht ändern", sagt Dietmar Blasius von Zeppelin Luftschifftechnik in Friedrichshafen am Bodensee. Das Unternehmen entwickelt den Zeppelin NT und bietet Rundflüge mit seinen Luftschiffen an. "Bisher haben wir noch nicht bemerkt, dass die Nachfrage nachgelassen hätte", sagt Blasius. Der Experte sieht angesichts der Bilder des brennenden Blimps vom Wochenende keinen Grund, auf die Flüge mit einem Zeppelin aus Friedrichshafen zu verzichten. "Unsere Konstruktion unterscheidet sich grundlegend von dem, was in Hessen abgestürzt ist."

Der verunglückte Blimp war ein sogenanntes Prallluftschiff. Diese bestehen aus einer länglich geschnittenen Hülle, an der die Passagierkabine samt Motoren und Treibstofftank angebracht ist. Die Hülle erhält ihre Form, wenn sie mit Helium gefüllt wird. Das Gas ist leichter als Luft und hilft dem Blimp, vom Boden abzuheben. Der Zeppelin baut dagegen auf einer starren Struktur auf. Dadurch ist es möglich, Motoren und den Treibstofftank von der Kabine entfernt anzubringen. "Beim Friedrichshafener Zeppelin NT sind die Motoren sieben Meter seitlich und fünf Meter über der Kabine angebracht", erklärt Dietmar Blasius.

Der Blimp wird eingefangen

Über die genaue Unfallursache will der Experte nicht spekulieren. Fest steht allerdings, dass der Blimp deutlich schwieriger zu steuern ist als der Zeppelin. "Der Blimp braucht eine minimale Geschwindigkeit, um stabil in der Luft zu liegen, zu starten und zu landen", sagt Blasius. Unter 20 Kilometern pro Stunde reißt die Strömung unter den kleinen Flügeln des Luftschiffs ab. Daher muss die Maschine bei der Landung von mindestens acht Mitarbeitern am Boden regelrecht eingefangen werden.

"Der Zeppelin NT kann durch seine schwenkbaren, an der Seite angebrachten Motoren still in der Luft stehen." Ein Manöver, das einen gut geschulten Piloten fordert. "Dafür sind Hubschrauberpiloten in der Regel besser geeignet", sagt Blasius, "die sind es gewohnt, mit ihren Maschinen still in der Luft zu stehen." Die Zeppeline aus Friedrichshafen werden nur von Piloten gesteuert, die folgende Kriterien erfüllen: eine CPL - die Lizenz, Passagiere gegen Bezahlung fliegen zu dürfen -, 1000 absolvierte Flugstunden, 50 Übungsstunden mit dem Zeppelin und 150 überwachte Flugstunden in Begleitung eines erfahrenen Piloten.

Glaube an die Sicherheit

Beim Feuerschutz ist der Zeppelin aus Friedrichshafen seinem amerikanischen Bruder, dem Blimp, ebenfalls ein Stück voraus. "An den Triebwerken sind automatische Feuerlöscher angebracht", sagt Blasius, "ein Feuer wie im Fall des Blimps beim Hessentag ist daher so gut wie unmöglich."

Der Hersteller der Blimps, die amerikanische Firma Lightships, sieht in dem Unfall vom Wochenende ein Einzelereignis - keinen Grund also, die Flotte am Boden zu lassen. "Die Luftschiffe vom Typ A60+ haben in den vergangenen 20 Jahren über 170 000 Flugstunden auf der ganzen Welt absolviert", sagt Toby Page, Leiter der Marketingabteilung von Lightships in den USA. "Wir glauben trotz der tragischen Ereignisse in Deutschland fest an die Sicherheit unserer Luftschiffe." Hoffentlich kein Irrglaube - das Luftschiff mit dem Goodyear-Logo war ebenfalls im Namen der Sicherheit über Hessen im Einsatz.