Unter Beschuss durch Androiden: George Clooney (rechts) im Sci-Fi-Abenteuer "A World Beyond" - mehr EIndrücke in unserer Bildergalerie Foto: Verleih

Der Disney-Konzern pflegt den Geist seines Gründers in einer abenteuerlichen, gegenwartskritischen Zukunftsvision. Dass die Disney-Bosse, traditionell auf Wohlgefühl bedacht, hier eine kritische Ebene zugelassen haben, spricht für die Modernisierung des Konzerns.

Filmkritik und Trailer zum Kinofilm "A World Beyond"

„Leute glücklich machen“ – auf diesem Leitspruch errichtete der Träumer Walt Disney (1901–1966) seinen Weltkonzern. Während Menschen sich im Disney-Universum aufhalten, in Filmen, Comics, Parks, sollen sie sich erholen, Lebensmut schöpfen. Kurt Tucholsky hätte vielleicht satirisch gesagt: Zumindest richten sie in dieser Zeit kein Unheil an.

Disney glaubte an die Macht der Fantasie und daran, dass große Unterhaltung die Welt besser machen könnte – sofern sie der „Pflege und Verbreitung vorbildlicher amerikanischer Werte“ diene. Nun haben seine künstlerischen Erben alle diese Grundsätze explizit verewigt: „A World Beyond“ ist ein Fest der Fantasie, gespickt mit Ideen, Gags, technischen Spielereien und spektakulären Effekten, charakterstarke Utopisten mit Prinzipien geben den bunten Bildern einen Sinn.

Casey (Britt Robertson), mutige Teenagerin mit eigenem Kopf, findet einen Anstecker, der ihr durch bloße Berührung eine ideale Welt von morgen zeigt. Alle halten sie für verrückt, bis ein seltsames Mädchen namens Athena (Raffey Cassidy) sie zum Einsiedler Frank Walker (George Clooney) führt, der 45 Jahre früher dasselbe erlebt hat. Dessen Haus steckt voller exotischer Gerätschaften und Waffen, eindringende Androiden aus der Parallelwelt geraten in ausgeklügelte Fallen.

Der Eiffelturm offenbart ein obskures Geheimnis

Im Rückblick schleppt der kindliche Träumer Frank ein selbst konstruiertes Jetpack mit zur New Yorker Weltausstellung des Jahres 1964, als die Zukunft noch reine Verheißung war. In der filmischen Gegenwart flirren Plasma-Geschosse durch den Souvenir-Shop „Blast From The Past“ mit Sammlerstücken von „Star Wars“ bis „Star Trek“, bei dem Genre-Freunden das Herz aufgehen dürfte. Der Eiffelturm offenbart ein obskures Geheimnis, Dimensionstore spielen eine wichtige Rolle beim Kampf gegen einen dunklen Herrscher (köstlich: Hugh „Dr. House“ Laurie), der nicht mehr an die Menschheit glaubt.

Walt Disney hatte mit Filmen wie „Schneewittchen“ (1937) als Animator längst Geschichte geschrieben, als er sich an Realfilme wie „Die Schatzinsel“ (1950) wagte. Brad Bird ist ihm gefolgt: 2004 hat er für Pixar, heute eine Disney-Tochter, „Die Unglaublichen“ inszeniert, einen Trick-Superhelden-Familienfilm mit menschlicher Tiefe und ironischem Witz, der das Genre geöffnet hat für unorthodoxe Blickwinkel etwa eines Joss Whedon („Avengers“). Auch die kochende Animations-Ratte in „Ratatouille“ (2007) ist Birds Werk.

Für Disney auf die Welt von morgen blicken

Den Testlauf als Realfilm-Regisseur absolvierte er mit „Mission: Impossible 4“ 2011, nun durfte er für Disney auf die Welt von morgen blicken. Das Drehbuch hat er selbst geschrieben mit Autoren-Shooting-Star Damon Lindeloff („Star Trek: Into Darkness“) und Schlaglichter einer aus den Fugen geratenen Gegenwart eingebaut: Klimakatastrophe, Kriege, Hunger. Wieso die unbelehrbare Menschheit nicht längst umsteuert, schwingt im Hintergrund als Thema die ganze Zeit mit; die sehr plausible Antwort ist ein fantastisches Meisterstück und darf nicht verraten werden. Nur so viel: Das Psycho-Wesen Mensch kann eben nicht aus seiner Haut und reagiert auf gut gemeinte Zuwendung mitunter paradox.

Dass die Disney-Bosse, traditionell auf Wohlgefühl bedacht, diese kritische Ebene zugelassen haben, spricht für die Modernisierung des Konzerns. Er möchte noch immer Leute glücklich machen, und das nach wie vor mit sehr amerikanischen Denk- und Fühlmustern – aber er agiert weniger eskapistisch, lenkt den Geist seines Gründers behutsam in zeitgemäße Bahnen. Eines bleibt: Die Welt braucht mutige Träumer, die ans Unmögliche glauben. Zum Beispiel Jetpacks.

Unsere Bewertung zu "A World Beyond": 4 von 5 Sternen - empfehlenswert.

Was sonst noch im Kino in Stuttgart läuft, finden Sie in unserem Kino-Programm.