Wieder kein Sieg: Enttäuschung bei Sven Ulreich, Christian Gentner und Maskottchen Fritzle (von links). Foto: Pressefoto Baumann

Aussetzer, Parolen, Floskeln: Huub Stevens geht das tierisch auf die Nerven. Nach dem 2:2 gegen den SC Freiburg geht der Trainer auf Distanz zur Mannschaft.

Stuttgart - Wer sich in hilfsbedürftiger Lage befindet, tut gut daran, den Rat eines erfahrenen Kämpen anzunehmen. Der VfB kann jeden Tipp gut gebrauchen, doch was macht er? Schlägt ihn in den Wind. Und derjenige, der es doch nur gut gemeint hat, geht auf Distanz. „Ich habe das Unheil schon in der ersten Halbzeit kommen sehen“, sagte Trainer Huub Stevens sichtlich verstört, „und ich habe die Spieler gewarnt. Aber ich habe gegen eine Wand geredet.“ Die Folge: Der VfB selbst ist gegen die Wand gefahren. Nicht frontal, aber schmerzhaft ist das 2:2 (nach 2:0) gegen den SC Freiburg dennoch. Die Platzwunden und Prellungen, die er dabei erlitten hat, verheilen. Was bleibt, ist der betroffene Blick auf die Tabelle: Platz 18, Alarmstufe Dunkelrot! Und nur noch vier Spiele.

Gut, die Kellerkinder sind noch enger zusammengerückt. Das birgt Chance und Risiko. Die Lage ist nach wie vor nicht aussichtslos. Andererseits war sie das bisher auch, ohne dass der VfB entscheidend vorangekommen wäre. Weshalb die Hoffnungen, dass er unter dem steigenden Druck des Gewinnen-Müssens plötzlich zum Punktehamster wird, ebenso trügerisch sind wie die Beschwichtigungen der vergangenen Monate. Diese Taktik ist ja nicht falsch, es müssen den Worten nur endlich mal Taten folgen.

Es seien ja noch genügend Spiele, und die Qualität der Mannschaft sei sowieso besser als der Tabellenplatz, hieß es anfangs. Davon hat sich manch einer einlullen lassen. „Dem einen oder anderen hat lange Zeit das Bewusstsein für den Ernst der Lage gefehlt“, sagt Martin Harnik.

Seit Beginn der Rückrunde haben sie beim VfB stets auf die Endspiele gegen die Gegner verwiesen, die vermeintlich auf Augenhöhe sind – erst Freiburg, dann Hamburg, am Ende Paderborn. Jetzt, nach nur einem Zähler aus dem ersten Sechs-Punkte-Spiel, ist das Wehklagen groß. Zugleich setzt der altbekannte Reflex ein: die Flucht in Parolen und Floskeln. „Wir können viel Positives aus dem Spiel gegen Freiburg ziehen“, sagte Harnik. Andererseits erkennt der VfB seit Jahren in jedem Spiel ohne Sieg viel Positives. Wenn er all das für sich genutzt hätte, müsste er längst in der Champions League spielen.

In der ganzen Saison hat der VfB stets nur die allernötigsten Punkte eingefahren, die ihn jetzt in die Lage versetzen, überhaupt noch aktiv am Kampf um den Klassenverbleib teilhaben zu können. Ein Überraschungssieg, der Bonuspunkte gebracht hätte, blieb ein Wunschtraum.

Nun geht es nächsten Samstag als Tabellenletzter nach Schalke. „Die stehen auch mit dem Rücken zur Wand“, sagt Daniel Ginczek. Wer den nächsten Fehler machen will, rechnet sich die Ausgangssituation schön. Seit sechs Spielen ist Königsblau ohne Sieg, das ist doch die Chance!? Ist es eben nicht. Sonst hätte der VfB vor einer Woche ja auch beim FC Augsburg gewinnen müssen, der zuvor sogar neun Spiele ohne Dreier war.

Es ist die ewig gleiche Leier – neben dem Platz, aber vor allem auf dem Platz. Dass Harnik beste Torchancen vermasselt, kennt der Fan zur Genüge. Dass der VfB auf personelle und spieltaktische Änderungen beim Gegner nicht zu reagieren weiß, auch. Nicht von ungefähr hat er neun der letzten elf Gegentore nach der Pause kassiert. Dass Adam Hlousek auf tölpelhafte Weise einen Elfmeter provoziert und nach einem identischen Foul vom Platz fliegt, hat mit Bundesliga nichts zu tun. Und dass die Spieler, die in Sack und Asche gehen müssten, gegen den Schiedsrichter Front machen, passt ins Bild. „Das war mitentscheidend“, behauptete Christian Gentner.

Sicher, Wolfgang Stark lag mit seinen persönlichen Strafen einige Male daneben. Dennoch widersprach Huub Stevens seinem Kapitän heftig. „Der Elfmeter war berechtigt und die Gelb-Rote Karte auch. Und unsere Chancen hat auch nicht der Schiedsrichter vergeben“, erklärte er mit der Bestimmtheit dessen, dem die Aussetzer seiner Anvertrauten tierisch auf die Nerven gehen.

Platz 17 also, und vier Spiele noch. „Wir müssen unsere Heimspiele auf alle Fälle gewinnen, und möglichst auch die Auswärtsspiele“, sagte Sven Ulreich. Das klang ganz danach, dass es bis zur Champions League tatsächlich nicht mehr weit sein kann.