Ein Gefühl wie Heimkommen: Jannik Metzger (links) und David Keefer haben ihre Karriere beim RV Marbach begonnen. Foto: P/Mann

David Keefer und Jannik Metzger schlüpfen bei der 55. Ruderregatta in Marbach in die Rolle der Streckensprecher.

David Keefer und Jannik Metzger schauen sich noch mal die Startlisten an, um sich für ihren Auftritt bei der 55. Ruderregatta auf dem Neckar in Marbach vorzubereiten. Die beiden aktuell besten Athleten des Marbacher Rudervereins werden bei ihrem Heimrennen allerdings nicht an die Ruder gehen, sondern in eine neue und auf andere Weise herausfordernde Rolle schlüpfen – als Streckensprecher. Die langjährigen Moderatoren Andreas Heintel und Martin Scheuermann stehen diesmal nicht zur Verfügung. „Wir haben spontan zugesagt, das wird spannend“, sagt David Keefer.

Die beiden sind ein wenig nervös vor dem Gang ans Mikrofon. Es ist für beide aber ein schönes Gefühl zu sehen, dass sich diesmal die anderen quälen müssen in ihren Booten, während man selbst nur verbal gefordert ist. Sie wissen, wie sich das anfühlt, wenn man im Boot sitzt. Da wird gepumpt und gekeucht. Die Arme brennen, die Oberschenkel sind schwer wie Blei, die Lunge ist leer, das Herz hämmert, das Laktat lähmt.

Deutschland-Achter noch immer ein Mythos

Die beiden Leistungssportler gönnen ihren Körpern gerade eine kleine Pause, ehe es im Oktober dann wieder losgeht mit dem Training. Seit drei Jahren trainieren die beiden am Olympiastützpunkt des Deutschen Ruderverbands (DRV) in Dortmund. Für das Duo hat sich der Schritt ausgezahlt. „Jeden Tag in einer großen Gruppe mit den besten Riemern Deutschlands zu trainieren ist einfach extrem wertvoll für die eigene Entwicklung“, sagt Metzger. Er studiert Geografie, Keefer Wirtschaftswissenschaften. Um den Studienalltag herum packen sie dann noch rund 25 Stunden Training die Woche. „Deshalb sind wir an der Uni ein bisschen langsamer unterwegs als andere Studierende“, sagt David Keefer.

Dafür sind die Sportler auf dem Wasser schnell auf ganz verschiedenen Positionen und Bootsklassen. David Keefer sitzt aktuell im B-Männerachter des DRV und zehrt noch immer vom großen Erfolg bei den FISU World University Games in China, als das Boot hinter den Niederlanden die Silbermedaille gewonnen hat. Der 23-Jährige saß auf Position vier, hat aber auch schon die Rolle des Schlagmanns übernommen, der den Rhythmus vorgibt, damit die Ruderblätter gleichzeitig und synchron ins Wasser tauchen und wieder herauskommen, damit das ganze Boot eine Einheit wird. „Das war ein unglaubliches Erlebnis und ich freue mich schon auf die nächste Universiade 2025 in Deutschland“, sagt Keefer. Aktuell hat er noch keine Chance, sich einen Platz im legendären A-Achter zu sichern und sich möglicherweise für die Olympischen Spielen 2024 zu qualifizieren und wird mehr ins Studium investieren. Überhaupt der Achter, der in Deutschland zu einem Mythos gereift ist, mit seinen geschmeidigen, fließenden, aufeinander abgestimmten Bewegungen. Es ist ein ambivalentes Verhältnis, dass die Ruderer im Stützpunkt zu ihrem Vorzeigeboot haben. Einerseits gilt das Boot als Marke, dass dem Verband Sponsoren und Gelder liefert, von dem auch die anderen Ruderklassen profitieren. „Andererseits stehen die erfolgreichen anderen Athleten immer im Schatten wie beispielsweise Einer-Weltmeister Oliver Zeidler“, sagt David Keefer.

Während er im großen Boot an die Riemen geht, ist Jannik Metzger im Zweier ohne oder im Vierer unterwegs. Er lebt noch den Traum, ein Ticket für Paris zu lösen. Die entscheidenden Rennen dazu finden dann im kommenden Frühjahr statt. Am besten harmoniert er im Zweier ohne mit Julius Christ. „Ich bin aber physisch aufgrund meiner körperlichen Voraussetzungen eher schwach, und muss über das Ruderische punkten“, sagt Metzger, der noch mehr Einheiten auf dem Ruder-Ergometer einlegen wird. Für ihn gibt es zwei Gründe, weshalb er der Faszination des Sports erlegen ist. Zum einen ist die Szene wie eine große Familie, in der auch Konkurrenten zu Freunden werden. „Und dann ist da auch dieses Gefühl auf dem Wasser, wenn alles passt und zusammenkommt“, sagt der 22-Jährige. Doch egal, in welchem Boot man sitzt, es müssen alle Hebel, alle Kräfte so gesetzt werden, dass keine Energie verschwendet wird.

Jannik Metzger hat noch Chance auf Olympia-Ticket

Für das Duo ist der Besuch in Marbach auch eine Rückkehr zu de Wurzeln, denn hier hat alles begonnen, als sie 13 Jahre alt waren und über das Schulrudern zum RV Marbach gekommen sind. Unter Trainer Holger Knauf und Trainerin Heike Breitenbücher entwickelten sich sich schnell zu den besten Talenten in Deutschland und stehen für den Marbacher Weg. „Der Ehrgeiz baut sich über die Jahre auf. Wir wurden aber nicht nur gut ausgebildet, wir haben auch gelernt Eigenverantwortung zu übernehmen“, sagt Keefer. Das zeigen sie jetzt gleich auch in ihrem Job als Streckensprecher. Ganz ohne Ruder.