Der Wolf wird wieder vermehrt in der Region gesichtet – etwa bei Sersheim. Foto: dpa

Ein Wolf-Vortrag lockt mehr als 100 Zuhörer ins Alte Rathaus nach Pleidelsheim. Dort wird kontrovers diskutiert.

Pleidelsheim - Freud und Leid: Dass vergangenes Jahr ein Wolf bei Sersheim gesichtet wurde, freut die Naturschützer und beunruhigt die Schäfer. Beide Seiten waren mit dem Nabu-Wolfsbotschafter Mitglied des Landtags Markus Rösler und der Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbands Anette Wohlfarth bei der von der Offenen Grünen Liste organisierten Veranstaltung zum Thema „Wolf“ vertreten. Die beiden Referenten unterscheiden sich in ihrer Wertschätzung für den Wolf zwar deutlich, waren sich aber einig, dass die Schäfer mehr Unterstützung brauchen. „Wenn der Wolf willkommen ist, müssen wir auch die Folgen tragen“, so Rösler.

Insbesondere die Problematik, dass gewerbliche Betriebe für Schäden haften müssen, wenn ein Wolf die Herde aufstört, müsse anders geregelt werden. „Ich habe meine Tiere direkt neben der Autobahn, ich will mir nicht ausmalen, was passieren kann“, meinte Anette Wohlfarth. Die „Herdenschutzmaßnahmen“ sollen nicht in erster Linie verhindern, dass ein Wolf ein Schaf reißt. „Das können wir verschmerzen“, so Wohlfarth. Rösler ergänzte, dass dies selten vorkomme. Wolfsrisse machen weniger als ein Prozent der Todesfälle bei Schafen aus. Da gebe es Entschädigungen.

Schwierig sei es, das Ausbrechen der gejagten Tiere zu vermeiden. Die Zäune, die es derzeit gebe, seien dazu nicht gut geeignet, zudem seien Aufwand und Kosten vor allem für Wanderschäfer zu hoch. „Bei zwei Hektar rechnen wir mit 10 000 Euro, und das bei einem Stundenlohn von 6,50 Euro.“ Die „Bewachung“ der Tiere rund um die Uhr sei finanziell nicht zu leisten.

Wegen des Preisverfalls bei Wolle ist die Landschaftspflege ein wichtiges Standbein der Schäferei. „Das wissen auch wir Naturschützer“, mahnte Rösler, die Anliegen der Hütebetriebe ernst zu nehmen. Der Staat entschädige die Schäfer für ihre Aufgabe in der Landschaftspflege. Wegen der „De-minimis“-Regel der EU dürfen Betriebe innerhalb von drei Jahren aber maximal 15 000 Euro an Beihilfen bekommen – darunter fallen auch die Entschädigungen bei Wolfsriss. „Ich kenne einige Betriebe, die würden nichts bekommen“, stellte die Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbands dazu fest.

Lösungsansätze wurden diskutiert. Herdenschutzhunde könnten die Tiere vor dem Wolf verteidigen, sind aber in Ausbildung und Haltung teuer und mitunter schwierig in die Herde zu integrieren. Ein neues 300 000 Euro schweres Programm der Landesregierung soll Verbesserungen bringen. Dass der Staat die Haftung für die Schafzüchter übernehme, müsse gründlich juristisch geprüft werden, so Rösler. „Man könnte fragen, warum haftet der Staat dann nicht auch die Schäden für andere Wildtiere, zum Beispiel Borkenkäfer?“

Ein Forstwirt würde sich Wölfe im Wald wünschen, um den Wildverbiss bei Rehen einzuschränken. „Warum brauchen wir den Wolf?“, war eine andere Frage. „Dann könnten wir auch fragen, warum brauchen wir den Buntspecht?“, konterte Rösler.

Der Wolf werde nicht angesiedelt, er sei Teil der natürlichen Vielfalt, und dass er jetzt wieder mit 600 Tieren in Deutschland präsent sei, zeige, dass ein Wildtier auch in einer Kulturlandschaft seine Nische finden kann.

Man brauche übrigens keine Sorge haben, dass man plötzlich einem Wolf gegenübersteht: „Der Wolf riecht, hört und sieht uns lange vorher.“ Es sei in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland nie vorgekommen, dass sich ein Wolf aggressiv Menschen genähert habe.