Auch im Wintrer paddeln die Mitglieder des Kanuclubs Marbach auf dem Neckar. Foto: Michael Raubold

Offiziell startet die Kanusaison in Marbach erst im März, doch auch im Winter lässt es sich entspannt paddeln.

Oben, in Marbach, tobt die samstägliche Geschäftigkeit. Doch auch beim Kanuclub Marbach am Neckarufer ist Betrieb. Denn obwohl der Winter im Allgemeinen nicht die Jahreszeit ist, die man hierzulande mit Wassersport verbindet, Kanufahren geht eigentlich immer. Dabei gilt: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung.

Beim winterlichen Paddeln ist allerdings noch ein wenig mehr zu beachten, als wenn man sich an Land im Freien aufhält. „Ab 10 Grad Wassertemperatur sollte man an Schutzausrüstung denken“, sagt Ralf Clausecker, Pressewart des Kanuclubs. Denn wenn man, auch wenn das bei den erfahrenen Kanuten normalerweise nicht vorkommt, doch mal ins Wasser fällt, kühlt man sonst ganz schnell aus. Eine weitere Besonderheit: „Im Winter geht man nicht allein aufs Wasser.“ Zur Sicherheit ist es immer besser, jemand anderen mit dabei zu haben. Überhaupt legen die 144 Mitglieder des Kanuclubs Marbach großen Wert auf Sicherheit. So sind auch Schwimmwesten Pflicht, obwohl alle schwimmen können. Und im Winter finden regelmäßig Kenter- und Sicherheitstrainings im Hallenbad statt.

An diesem Samstagvormittag haben sich bei leichten Plusgraden der Luft und etwa sieben Grad Wassertemperatur Ralf, Mandy, Aron, Max, Tobias und ein weiterer Ralf am Neckar versammelt. Auch der Alterspräsident Reinhard Lange ist extra mit Frau gekommen und klärt uns gleich darüber auf, was der Unterschied zwischen Ruderern und Kanuten ist: „Die Paddler sagen: ‚Klasse, da vorne kommt eine Wirtschaft‘, die Ruderer sagen: ‚Verdammt, da war eine Wirtschaft!‘“ Was schon viel über das Tempo der beiden Wassersportarten aussagt. Und, wie man auf dem Wasser merkt, auch über den Genuss.

Bevor es soweit ist, geht es jedoch erst an das Anlegen der Schutzkleidung. Die Neoprenstrümpfe sind schnell angezogen, der Trockenanzug ist vertrackter. Er ist aus einem Stück und wird nur mit einem hinten auf Schulterhöhe liegenden Reißverschluss verschlossen. Enganliegende Latexbündchen am Hals und an den Handgelenken halten das Wasser ab. Auch die Schuhe sind wasserfest. So gestylt, heißt es erst einmal in die Knie gehen und das Bündchen am Hals dabei etwas lockern, damit die eingeschlossene Luft entweichen kann. Darüber kommt die Schwimmweste, und schon fühlt man sich wie das Michelin-Männchen, kann sich aber trotzdem erstaunlich gut bewegen. Am Paddel werden noch „Paddelpfötchen“ befestigt, in die man mit den Händen hineinschlüpfen kann, damit auch diese warmgehalten werden. Wechselkleidung kommt in den wasserdichten Sack.

Dann hebt sich einer nach dem anderen mit Hilfe des Paddels geschickt aus dem Sitzen vom Landungssteg ins Kanu hinüber. Die Spritzdecke wird befestigt, die verhindert, dass vom Paddel Wasser ins Bootsinnere tropft, und los geht die Fahrt. Mandy allerdings kann sich die Spritzdecke sparen. Sie ist mit einem sogenannten SuP unterwegs, was für Stand-up-Paddleboard steht. Sie sitzt beim Paddeln nicht, sondern steht auf ihrem Brett. „Ich bin übers Yoga zum Paddeln gekommen“, erklärt sie. Was das miteinander zu tun hat, sieht man ein paar Kilometer weiter flussabwärts im Benninger Teich, wo sie auf dem schwankenden SuP eine Yogaübung vorführt. Beides erfordert viel Gleichgewichtssinn – und trainiert diesen zugleich.

Der Neckar hat eine geringe Fließgeschwindigkeit und wirkt fast so still wie ein See. Nur einmal, als ein Frachtschiff entgegenkommt, geraten die Kanus ein wenig ins Schwanken. „Wir nehmen die Wellen von vorne“, erklärt Max, Wildwasserwart und Trainer beim Kanuclub. Ausweichen müssen immer die Kanus, weil sie viel wendiger sind. In gemütlichem Tempo geht’s in Richtung Benninger Teich. Ralf hofft, dort nach den kalten Temperaturen der letzten Tage Eisschollen zu finden. Doch nur ein einsames Eisschöllchen treibt auf dem Wasser. Spontan beschließen die Kanuten, noch weiter bis Freiberg zu paddeln. Zwei Schwäne kommen entgegen, ein Reiher lauert auf dem Brückenpfeiler auf Beute, ein paar schnatternde Enten haben sich in der Nähe des Ufers versammelt. Sonst hört man fast nichts, nur das regelmäßige Plätschern beim Eintauchen des Paddels. Tiefe Entspannung macht sich breit. Die hält auch noch an, bis alle nach acht Kilometern wieder am Bootshaus angekommen sind. Auch das hat Winterpaddeln mit Yoga gemeinsam.