Für junge Leute ein eher seltenes Hobby: Lea Mezger und Dawid Foto: Christine Biesinger


Lea Mezger, Orgelschülerin von Peter Döser, legt in St. Martinus eine brillante Prüfung hin.

Kornwestheim - Lea Mezger hat allen Grund zur Freude. Die zierliche junge Frau aus Remseck hat nicht nur gerade mit einem hervorragenden Resultat ihr Abitur abgeschlossen. Jetzt steht sie in der angenehm kühlen Kornwestheimer Pfarrkirche St. Martinus, wo sie soeben ihr Prüfungsprogramm für die sogenannte Teilbereichsqualifikation Orgel vorgespielt hat.

Dabei hat sie nicht nur unter Beweis gestellt, dass sie sich mit ihrem Lehrer Peter Döser hervorragend auf ihre Vortragsstücke von Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn Bartholdy und Jean Langlais, einem zeitgenössischen französischen Komponisten, vorbereitet hat. Als Teil ihrer Abschlussprüfung musste sie auch das zum Vortrag bringen, was das tägliche Brot eines Organisten ist: nämlich Kirchenlieder begleiten, darüber improvisieren und mit einer sogenannten Intonation die Gemeinde auf das Lied einstimmen, das sie als Nächstes singen soll.

Peter Böttinger fungierte als Vorsitzender der kleinen Prüfungskommission. Er ist Waiblinger Dekanatskirchenmusiker und Koordinator dieser Ausbildung. Bei Lea Mezger brauchten die Prüfer nicht lange über ihre Prüfungsnote zu beraten. „Das war eine ganz klare Eins“, befand Peter Böttinger, der auch an der Hochschule für Kirchenmusik in Rottenburg unterrichtet. Mehr noch: Mit ihrer Leistung hätte die junge Musikerin sogar schon bei den Vollzeit-Studenten an einer Musikhochschule eine gute Figur gemacht. Ihre Routine für Wertungsspiele hat sich Lea Mezger schon früher beim Wettbewerb Jugend musiziert angeeignet, wo sie unlängst als eine der besten Organistinnen in Baden-Württemberg im Landeswettbewerb einen zweiten Preis zuerkannt bekommen hat.

Indirekt verdankt sie dem Wettbewerb auch, dass sie überhaupt den Weg an die Orgel gefunden hat. Schon vor ihrer Organistenausbildung hat die junge Frau in der Kategorie „Klavier vierhändig“ teilgenommen. „Mein Duopartner hat auch Orgel gespielt und mir so viel davon vorgeschwärmt, dass ich dachte, das probiere ich auch mal“, berichtet sie. Zunächst hatte sie bei einer Ludwigsburger Organistin Unterricht, später wurde sie auf die Möglichkeit einer Ausbildung beim Kornwestheimer Dekanatskantor aufmerksam. Gebraucht werden ihre Dienste als Organistin allemal. Schon jetzt ist sie vielerorts als Vertretung eingespannt, wenn eine Gemeinde gerade keinen Organisten hat.

Genau über solche Vertretungsdienste den Weg zur Orgel gefunden hat Dawid Bialon, der derzeit bei Peter Döser in Ausbildung ist und nächstes Jahr an der schönen Karl-Orgel in St. Martinus seine praktische Abschlussprüfung ablegen will. Die Theorie hat er schon mit großem Erfolg abgeschlossen. „Dawid ist bei der trockenen Materie total eifrig und prima bei der Sache“, lobt Peter Döser.

Der 16-jährige Markgröninger gehört zur polnischen Gemeinde, die sich in Ludwigsburg-Grünbühl zur Messe versammelt. Dort wurde aus traurigem Anlass ganz schnell ein Organist gesucht, als der bisherige Stelleninhaber plötzlich verstarb. Der junge Mann, der vor seiner Organistenausbildung fingerfertig Akkordeon gespielt hat, sprang in die Bresche. Auch er kann sich vor Anfragen nach Vertretungsdiensten kaum retten. Regelmäßig hilft er in der evangelischen Gemeinde in Markgröningen aus und ist weiterhin in Grünbühl aktiv.

Sowohl er als auch Lea Mezger versuchen bei Orgel-Aktionen Kinder für ihr geliebtes Instrument zu begeistern – durchaus mit Erfolg. Nachwuchs für die Teilqualifikationsausbildung ist mittlerweile vonnöten, berichtet Peter Böttinger. Die Ausbildung gibt es seit etwa 15 Jahren. „Sie wurde für diejenigen geschaffen, die speziell als Chorleiter oder Organisten tätig sein wollten“, erzählt der Kirchenmusiker. In den ersten Jahren habe es einen enormen Nachholbedarf insbesondere im Bereich Chorleitung gegeben, weil in der Musiklehrerausbildung nicht mehr zwingend Chorleitung vorgesehen sei. Daher komme die frühere Kombination Lehrer/Chorleiter kaum noch vor.

Inzwischen hat zum Leidwesen der regionalen Kirchenmusiker das Interesse an dieser Ausbildung merklich nachgelassen. „Als Schüler hat man halt auch so viel anderes“, befinden Lea und Dawid einhellig. Nur wenn man sein Leben so gut durchzutakten versteht wie die beiden, kann man sich überhaupt auf eine solche zusätzliche Belastung einlassen.

Dazu kommt, dass die Ausbildung möglichst vielen offenstehen soll. Die Dekanatskantoren überprüfen im Aufnahmegespräch jedoch Fähigkeiten und Interessen der Bewerber. „Da gibt es dann schon Leute, die die Anforderungen überhaupt nicht erfüllen“ , sagt Peter Böttinger. „Die können wir dann eben nicht aufnehmen.“

Können sich die beiden jungen Musiker vorstellen, an ihre jetzige Ausbildung ein Musikstudium anzuschließen? Die 19-jährige Lea ist da gerade ziemlich hin- und hergerissen zwischen ihrem Traumstudium Medizin und einem Musikstudium. Dawid hat nach dem Abitur vor, erst einmal Maschinenbau zu studieren. „Aber wer weiß, vielleicht hänge ich dann noch ein Musikstudium an“, sagt der dunkelhaarige junge Mann und lacht. Fest steht: Die beiden werden auf alle Fälle der Musik treu bleiben.