Verträgt Kornwestheim noch mehr Bebauung? Diese Frage stellen sich die Stadträte. Foto: Werner Kuhnle/Archiv

Die Kommunalpolitik diskutiert intensiv darüber, ob die Einwohnerzahl in Kornwestheim weiter ansteigen oder ob es bei den rund 34 000 Menschen bleiben soll.

Kornwestheim - Keine Frage, das ist der Gemeinderatsfraktion Grüne/Linke gelungen: Sie hat mit ihrem Antrag, die Bebauung am Stadtrand auf noch nicht erschlossenen Flächen zunächst einmal auf Eis zu legen, eine Grundsatzdebatte darüber angestoßen, in welche Richtung sich Kornwestheim entwickeln soll. Intensiv diskutierten die Stadträte in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik die Frage, ob 34 000 Einwohner und ein Versiegelungsgrad von 60 Prozent genug sind oder weiterhin Wohnraum geschaffen werden muss. Über den Antrag und die Modalitäten für einen städtebaulichen Wettbewerb zum Baugebiet „Nördlich der Zügelstraße“ stimmten die Stadträte nicht ab. Das soll in der Sitzung des Gemeinderats in der kommenden Woche geschehen. Die Positionen:

Grüne/Linke

Abwarten, Tee trinken und die Entwicklung beobachten – so lässt sich die Position der größten Fraktion im Kornwestheimer Gemeinderat zusammenfassen. „Uns geht es vom Grundsatz her nicht darum, das Projekt zu verhindern“, betont der Vorsitzende Thomas Ulmer. Aber es sei nicht der richtige Zeitpunkt, jetzt in die Planung für das Baugebiet am nördlichen Stadtrand einzusteigen. Seine Fraktionskollegin Edda Bühler erinnert an all die Bauvorhaben, die in der Planung sind oder mit denen bereits begonnen worden ist. „Bevor wir nicht alles restlos auf dem Tisch und uns gefunden haben, sollten wir keine neuen Projekte angehen“, mahnt sie. Ulmer gibt zu bedenken, dass sich die Arbeitswelt ändert, Homeoffice mehr genutzt wird und Wohnraum im Ballungsraum nicht mehr so gefragt sein wird.

SPD

Die Sozialdemokraten hegen Sympathie für den Antrag der Grünen. Der Fraktionsvorsitzende Hans-Michael Gritz formuliert mehrere Fragen, die geklärt werden sollten, bevor die Stadt mit den Planungen für ein neues Baugebiet startet:• Welche Einwohnerzahl strebt Kornwestheim an?• Welche Kriterien sollen für neue Baugebiete gelten?• Wie kann es erreicht werden, dass Kornwestheimer Familien beim Verkauf von Wohnungen vorrangig zum Zuge kommen?

Hans-Michael Gritz betont, dass Freiflächen nicht nur am Stadtrand, sondern auch im Innenbereich wertvoll sein. Das einstige Credo „Innen- vor Außenentwicklung“ kann nach Ansicht des Fraktionsvorsitzenden nicht auf Dauer gelten.

CDU

Die Christdemokraten würden gerne jetzt mit der Entwicklung des Baugebiets beginnen – und zwar mit dem städtebaulichen Wettbewerb und anschließend mit einer Konzeptvergabe, bei der die Stadt den Bauherren die Kriterien für das Bauen vorgibt. „Da können wir kreativ sein“, sagt der Fraktionsvorsitzende Hans Bartholomä. Hans-Joachim Schmid äußert kein Verständnis für die „Rolle rückwärts“ der Grünen. „Wir haben uns doch darauf geeinigt, dass wir in diese Richtung gehen.“ Martin Ergenzinger warnt davor, Autos aus dem Wohngebiet zu verbannen. „Da draußen braucht es ein Auto.“

Freie Wähler

Das Vorgehen der Grünen und der SPD empfindet der Fraktionschef Markus Kämmle als Bevormundung. Die beiden Fraktionen hätten das Gefühl, mit einer Stellplatzbegrenzung Menschen vom Kauf eines Autos abhalten zu können. Dem sei aber nicht so. Die Stadt solle eher beim Schließen von Baulücken im Innenbereich auf die Bremse treten als bei der Ausweisung von Baugebieten am Stadtrand.

FDP

Ender Engin hat kein Verständnis für den Antrag der Grünen. Durch den städtebaulichen Wettbewerb mache man doch das, was sich die Grünen wünschten. Die Liberalen warnen, im Innenbereich alle Freiflächen zu bebauen. Man könne zur Erholung nicht immer an den Stadtrand gehen, sagt Ender Engin.

Stadtverwaltung

Der Erste Bürgermeister Daniel Güthler wirbt für eine Entwicklung des Baugebiets. Es gebe viele Menschen in der Stadt, die bauen wollten. Für sie müsse man Flächen vorhalten, auch solche für Doppelhaushälften oder kleinere Einfamilienhäuser. Güthler erinnert daran, dass der Flächennutzungsplan lediglich 16 Hektar für den Wohnbau in den nächsten 15,20 Jahre ausweise. Er kenne keine andere Stadt, die mit so wenig auskomme, sagt Güthler, dem die Oberbürgermeisterin Ursula Keck mit einem Kompromissvorschlag beispringt. Nach einem Grundsatzbeschluss des Gemeinderats für das Baugebiet „Nördlich der Zügelstraße“ könnten bei einer Klausurtagung die vielen offenen Fragen geklärt werden. Erst dann solle der städtebauliche Wettbewerb mit entsprechenden Vorgaben auf den Weg gebracht werden.

Es dürfte spannend werden, wenn der Gemeinderat in der nächsten Woche zusammenkommt.