Im Jahr 1944 wurden etliche Gebäude in Kornwestheim zerstört. Davon weiß Zeitzeuge Reinhold Fischer beim Auftakt der neuen Veranstaltungsreihe zu berichten. Foto: z

Junge Leute und Senioren sollen in der Stadt zusammenkommen.

Kornwestheim - Als Schuljunge hat Reinhold Fischer im Zweiten Weltkrieg schlimme Dinge erlebt. Wenn der 83-Jährige an diese Zeit in Kornwestheim zurückdenkt, berühren ihn die Erinnerungen immer noch sehr. Doch schweigen möchte er darüber nicht. Und das muss er auch nicht. Im Gegenteil. Als Zeitzeuge spielt er bei einem neuen Projekt der Stadt eine wichtige Rolle.

Um welches Projekt handelt es sich?

Die Stadt plant eine neue Veranstaltungsreihe. Sie trägt den Titel „Generationentalk – nicht übereinander, sondern miteinander“. Vorgesehen sind vier Termine. Auftakt ist am Mittwoch, 30. Januar, um 18 Uhr im Museum im Kleihues-Bau. Weiter geht es am 25. März. Die übrigen Termine an wechselnden Orten sind in Vorbereitung.

Wie läuft das Ganze ab?

Das Projekt richtet sich insbesondere an alte und junge Menschen. Bei den Terminen erzählen ältere Einwohner Kornwestheims ihre persönlichen Geschichten. Beim Auftakt geht es um den Themenkomplex Krieg, Flucht und Vertreibung. Zur Einstimmung besuchen die Teilnehmer die Ausstellung „Wahn und Wirklichkeit“ im Museum, die sich mit den Jahren 1931 bis 1945 beschäftigt. Als Zeitzeuge wird Reinhold Fischer dann berichten, was er in den Kriegsjahren und kurz danach erlebt hat – vom Fliegeralarm, eingestürzten Häusern, den Toten in den Trümmern und anderen eindrücklichen Erinnerungen. Im Anschluss gibt es die Möglichkeit zur offenen Diskussion und zum Dialog. Moderiert wird die Veranstaltung von dem ehemaligen Rundfunkjournalisten Jo Frühwirth. Bei den folgenden Terminen werden mit anderen Zeitzeugen auch die Nachkriegszeit und die späteren Jahre thematisiert.

Wie ist die Idee dazu entstanden?

Schon vor einiger Zeit gab es im Ortsseniorenbeirat die Überlegung, Zeitzeugen authentisch über ihre Erlebnisse, vor allem über ihre Jugend, berichten zu lassen, erklärt der Vorsitzende Siegfried Dannwolf. „Wir haben jetzt 70 Jahre Frieden in Europa. Das gab es noch nie. Es ist wichtig, daran zu erinnern, wie der Krieg damals war“, sagt er. Im vergangenen Jahr hat sich die Stadt erfolgreich für das Förderprogramm „Nachbarschaftsgespräche. Zusammenleben – aber wie?“ des Staatsministeriums und des Ministeriums für Soziales und Integration im Land beworben. Dabei geht es darum, dass Gespräche unter Nachbarn zu den großen und kleinen sozialen Herausforderungen stattfinden. „Wir haben uns Gedanken gemacht, wie man sich generationsübergreifend über Themen austauschen kann“, sagt Kadir Koyutürk, der Integrationsbeauftragte der Stadt. So sei schließlich die Idee entstanden, das Vorhaben des Ortsseniorenbeirats mit dem Förderprogramm zu verbinden. Bei der Umsetzung helfen regionale Partner wie der Ortsseniorenbeirat, das Jugendzentrum und der ökumenische Arbeitskreis. Martin Müller, Mitarbeiter des Städtetages, berät und begleitet den Prozess mit seiner Firma „Lebenswerke“.

Was soll bezweckt werden?

Beim „Generationentalk“ geht es darum, Jung und Alt zusammenzubringen. Die Jugend soll von den Erkenntnissen der Senioren profitieren, den Älteren will man die Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen. Dabei stehen Demokratie und Bildung im Vordergrund, betont Oberbürgermeisterin Ursula Keck. „Von Zeitzeugen kann man viel lernen“, sagt sie. Man wolle Verständnis füreinander schaffen.

Wer darf sich beteiligen?

Um vor allem junge Leute und Senioren für die Teilnahme zu gewinnen, hat die Stadt per Zufallsprinzip einige Bürger direkt angeschrieben – und zwar 200 Menschen im Alter von 16 bis 20 Jahren und ebenso viele Einwohner, die mindestens 65 Jahre alt sind. Eingeladen zu den Terminen sind jedoch alle Kornwestheimer, die sich dafür interessieren. Voraussetzung ist lediglich, dass man sich vorher über die Bürgerinfo anmeldet, damit die Vergabe der Sitzplätze besser geplant werden kann.

Welche Kosten verursacht das Projekt?

Kalkuliert wird derzeit mit einer Gesamtsumme von bis zu 25 000 Euro. An Fördermitteln werden 15 000 Euro erwartet, die restliche Summe muss die Stadt als Eigenanteil übernehmen.