Zu Gast in der Osthalle: Roberto Blanco. Foto: Peter Mann

„Da kann es ruhig öfter geben“: Die Schlagerfans schwelgten in Glückseligkeit beim SWR4-Schlagerfestival in der Kornwestheimer Osthalle.

Kornwestheim - Es ist eigentlich alles andere als ein schöner Ort für kulturelle Veranstaltungen. Doch schon nach wenigen Minuten hatte sich die Sporthalle Ost in einen Tempel der guten Laune verwandelt. Bereits um 17 Uhr – drei Stunden vor Beginn – warteten die ersten Fans auf den Einlass zum SWR4-Schlagerfestival, die Schlange hatte sich bis zum Hallenbad geschlängelt. Die Nachfrage nach Karten war aber auch so groß gewesen, dass nicht nur die rund 440 Plätze im Innenraum ausverkauft waren, sondern auch noch die Tribüne geöffnet werden musste.

Erste Jubelschreie gab es schon zu Beginn, als eine sonore Stimme einen Ausblick auf die kommenden Stunden gab. „Die Ersten sind schon so gut drauf, da könnt’ man Feierabend machen“, sagte SWR4-Moderator Michael Branik in seiner Begrüßung an die Gäste in der „Metropole Kornwestheim“ und dem „Woodstock des deutschen Schlagers“. Überhaupt, man hätte meinen können, nicht nur bei einem Konzert, sondern bei einem Comedy-Wettbewerb in „the City of bombastic Schlagerstimmung“ zu sein. Mit Witz und Charme führte Branik durchs Programm und begrüßte auch einzelne Zuschauer wie einen jungen Mann, der mit einer Gruppe in der Ecke der Halle für manchmal zu viel Stimmung sorgte. „Sie bleiben hoffentlich noch lange. Wir suchen noch jemanden, der beim Aufräumen hilft.“

Doch davor standen die umjubelten Auftritte der Schlagersänger. Den Anfang machte Laura Wilde. Gekonnt animierte sie das Publikum, und schon beim dritten Stück, das wie fast alle anderen von Liebe handelte, begann ein erstes Paar neben der Bühne zu tanzen. Nach dem rund 25-minütigen Auftritt gab es als Dankeschön Blumen und Küsschen von Bürgermeister Dietmar Allgaier, dessen Kleidung ebenso lobend erwähnte wurde wie das Outfit von Oberbürgermeisterin Ursula Keck. „Ich hab’ so das Gefühl, er mausert sich zum George Clooney von Kornwestheim.“

Ein weiterer Vertreter dieser Art, für den laut Branik die „lieben Damen ihr Riechfläschchen bereithalten und die Herztropfen in greifbare Nähe rücken sollten“, kam als Nächstes. Fünf Songs gab Michael Morgan im „Brasilien von Deutschland“ zum Besten, wie er scherzte. Und noch mehr als Laura Wilde animierte er zum Mitgestikulieren und Singen und hatte damit auch die letzte zuvor noch recht ruhig gebliebene Tischreihe erfasst. Zwischendrin plauderte er mit Branik und, wie könnte es anders sein, drehte sich nach all den Lobeshymnen über diverse Kleidungsstücke zuvor das Gespräch um die Jacke von Morgan, die die „Referentin für Geschmacksfragen“ Ursula Keck bewerten musste.

Morgans Ex-Frau Rosanna Rocci folgte im Anschluss. „Ich freu’ mich wahnsinnig, wieder hier zu sein“, rief sie dem Publikum zu, ehe sie es dazu „verführt, mit nach Amerika zu kommen“ und zum „schönsten und letzten Tanz“ bat.

Doch der kam an diesem Abend noch lange nicht. Denn mit dem Nockalm Quintett ging es erst so richtig los. Kaum waren die, nein, nicht wie der Name vermuten lässt, fünf, sondern sechs komplett in Weiß gewandeten Herren auf der Bühne, sprangen vorn einige Damen auf, die sich mit Schals als Fanclub zu erkennen gaben. Immer mehr Besucher kamen nach vorn auf die Bühne und zückten ihre Kameras. „Wir fliegen schon lang auf ‚Wolke 7‘“, griff einer der Sänger den Titel des ersten Songs im Gespräch mit Branik auf. Und genauso muss sich wohl eine Anhängerin gefühlt haben, die am Schluss vom Frontmann der österreichischen Gruppe umarmt wurde und kurz ins Mikro singen durfte. Sie hatte sich zuvor immer parallel zu ihm vor der Bühne bewegt und mit den Armen hin und her gefuchtelt. Dabei sorgte sie für große Lacher im Publikum, als sie ziemlich ungelenk versuchte, seine großen und teils überkreuzten Schritte nachzumachen.

Kaum noch Platz gab es vor der Bühne, als Roberto Blanco an der Reihe war – angekündigt von der OB und gewandet in ein Jackett, rot wie das Logo des Kulturzentrums. Hätte es den Comedy-Wettbewerb gegeben, Blanco hätte gewonnen. Denn mehr als jeder andere scherzte er zwischen Songs wie „Der Puppenspieler von Mexiko“, „Ein bisschen Spaß muss sein“ oder „Quando, quando, quando“ mit den Besuchern in der „Vorstadt New Yorks“. Und versuchte sich mehr oder weniger schlecht, aber dafür sehr charmant, im Schwäbischen: „Nach der Show warten Maultaschele auf mich.“ Das taten auch einige aus der Gruppe der jungen Männer, die zuvor schon ordentlich Stimmung gemacht hatten und nun ein Foto schießen wollten. Zunächst waren sie noch verscheucht worden. Doch Roberto Blanco holte sie zurück und ließ sie gewähren, was einer vor lauter Freude mit der Umklammerung seines Beins quittierte. „Das sind meine Söhne in Kornwestheim“, scherzte Blanco. Und weil OB Keck nach seiner Bitte eine Zugabe erlaubte, sang er noch „Ich komm’ zurück nach Amarillo“, ehe er – trotz weiterer Zugabe-Rufen – den Auftritt beendete.

„Dann müsst ihr euch an das Bürgermeisteramt wenden und sagen, dass ihr noch ein weiteres Schlagerfestival wollt“, riet Branik denjenigen, die nicht genug bekommen konnten. Einige hatten vielleicht das „ab Montag“ überhört, denn schnell leerte sich der Saal. Und wieselflink begannen die Arbeiter damit, die Halle in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen.