Experten: (von links) Catrin Denz (stellvertretende Schulleiterin EBS), Fachlehrerin Lara Dutta, Rainer Oehme (Landesgesundheitsamt), EBS-Schulleiter Oliver Schmider, Jeanette Küper(Kinderärztin beim Gesundheitsdezernat), Karin Laudien (Krebsverband), Uschi Traub (Gesundheitsförderung des Landratsamts), Filiz Ugur (Gesundheitsdezernat) und Emma Bröcher (Praktikantin beim Gesundheitsdezernat). Foto: Landratsamt Ludwigsburg

Ein Projekt soll sich der Immunisierung gegen verschiedene Krankheiten widmen, weit über Corona hinaus.

Fragebogen-Aktionen, Impfausweisüberprüfungen und flächendeckende Plakatierung – das Landratsamt will mit dem etwas sperrig benannten Projekt „#Kleiner Pix, Mega Schutz ;)“ die Aufmerksamkeit junger Menschen weiterhin auf die Wichtigkeit von Impfungen lenken. Jüngst gab’s die Auftaktveranstaltung des Gesundheitsdezernates mit drei Klassen der Pattonviller Erich-Bracher-Schule in der dortigen Schulaula. In den nächsten Monaten läuft das Projekt an der Schule weiter.

Die Bracher-Schule ist vorerst die letzte Berufsschule im Kreis, an der das Projekt über die Bühne geht. Schulleiter Oliver Schmider begrüßte zahlreiche Expertinnen und Experten sowie Schülerinnen und Schüler der drei zwölften Klassen des Wirtschaftsgymnasiums. Catrin Denz, stellvertretende Schulleiterin, und die Lehrerin Christina Steinhauser betreuen das Projekt.

Junge Menschen sind besonders gefährdet

Uschi Traub, Leiterin der Gesundheitsförderung beim Gesundheitsdezernat des Landratsamts Ludwigsburg, begründet, warum das Thema Impfen bei Berufsschülern wichtig ist: „Junge Menschen sind besonders gefährdet, da sie ungern zum Arzt gehen, häufiger Rucksack- und Last-Minute-Reisen machen und der Impfschutz aus der Kindheit oft nicht mehr ohne Auffrischung ausreicht.“ Sie seien häufig auch beruflich exponiert. „Es wird Zeit, auch an Krankheiten außer Corona zu denken.“

Auch Filiz Ugur von der Gesundheitsförderung betont die Wichtigkeit von „Impfschutz im Reisegepäck“ bei Urlaub oder Schüleraustausch. Gefahren von der Tollwut bis zur Hirnhautentzündung, aber auch mückenübertragbare Infektionen wie die Malaria und die Japanische Enzephalitis lauern in verschiedenen Ländern. Eine qualifizierte reisemedizinische Beratung sei sechs bis zwölf Wochen vor der Reise sehr zu empfehlen. „Die Impfungen hängen von Art der Reise – ob Rucksackreise oder Geschäftsreise im Fünfsternehotel –, Dauer der Reise, Reiseländer und so weiter ab“, betont Ugur.

Karin Laudien, stellvertretende Vorstandsvorsitzende beim Krebsverband Baden-Württemberg, erläutert, wie das Risiko von Krebsarten wie Gebärmutterhalskrebs, Analkrebs, Peniskrebs und Scheidenkrebs durch Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV) reduziert werden kann. „Das Leberkrebs-Risiko kann indirekt durch die Hepatitis-B-Impfung verringert werden.“ Ein Fünftel aller Krebserkrankungen werde von Viren und Bakterien ausgelöst.

Die Kinder- und Jugendärztin Dr. Jeanette Küper vom Gesundheitsdezernat erklärt, warum Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps, Röteln und Windpocken die unterschätzte Gefahr für junge Erwachsene sind und welche gravierenden Komplikationen sie haben können. Sie rät: „Don’t wait – vaccinate!“, was soviel heißt wie: „Warte nicht – lass dich impfen!“.

Was Zecken verursachen können

Rainer Oehme, Zeckenexperte vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, geht auf zwei von Zecken übertragene Krankheiten ein – die FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) und die Borreliose: „Gegen die FSME gibt es eine Impfung, aber keine Behandlung, gegen Borreliose eine Behandlung, aber keine Impfung.“

Den Experten und Expertinnen wurden bei der Auftaktveranstaltung an der Erich-Bracher-Schule Fragen gestellt wie „Ist es nicht zu belastend für den Körper, wenn er zu viele Impfungen auf einmal bekommt?“, „Was macht jemand, der seinen Impfausweis verloren hat?“, „Können Zecken HIV übertragen?“ und viele weitere. Hier einige der Antworten aus der Runde: Mehrfachimpfungen sind nicht schädlich; wer diese allerdings vermeiden will, sollte seine Impfungen immer auf dem aktuellen Stand halten und rechtzeitig zur reisemedizinischen Beratung kommen. Ärzte müssen medizinische Unterlagen mindestens zehn Jahre lagern. Wenn die Impfung länger zurückliegt, kann man sie nicht immer nachweisen. Möglich ist die Messung von Antikörpern im Blut bei manchen Impfungen. Auch eine „Überimpfung“ ist, bis auf eventuelle Reaktionen an der Einstichstelle, unproblematisch. Jede Impfung zählt, die Impfserie muss nicht neu gestartet werden, auch wenn die letzte Impfung länger zurückliegt.

Fakt ist überdies: Mit der erhöhten Migration nach Deutschland können längst vergessene Infektionen, zum Beispiel Diphtherie im Falle der Geflüchteten aus der Ukraine, wieder zum Problem werden.

Wer Fragen zu dem Thema hat, kann sich mit Dr. Uschi Traub oder Emma Bröcher (Telefon: 0 71 41/1 44 25 20, E-Mail: gesundheitsförderung@landkreis-ludwigsburg.de) in Verbindung setzen.