Constanze Weis leitet seit Juli 2020 die Schiller-Volkshochschule. Foto: Werner Kuhnle

Die Corona-Pandemie könnte für eine Verschiebung des Marbacher Forums Zeitgeschehen sorgen.

Marbach - Es überrascht nicht wirklich, dass beim fünften Marbacher Forum Zeitgeschehen die Pandemie und ihre Folgen im Fokus stehen. Erstmals lag die Organisation bei Constanze Weis, die seit sieben Monaten die Schiller-VHS im Landkreis Ludwigsburg leitet. Im Interview erzählt sie, wie sie sich an die neue Rolle gewöhnt hat, was die Teilnehmer erwartet und ob die Veranstaltung im März überhaupt stattfinden kann.

Am 1. Juli 2020 haben Sie die Nachfolge von Jürgen Schmiedel angetreten. Wie haben Sie Ihre ersten Monate erlebt?

Ich bin ja schon seit 2014 stellvertretende Leiterin der Schiller-VHS und habe mit Jürgen Schmiedel stets eng zusammengearbeitet. Die Arbeit hat mir großen Spaß gemacht, Jürgen Schmiedel hat mich immer voll mit einbezogen. Er hat die VHS vor allem nach außen repräsentiert, ich war eher für den Binnenbereich und die Bildungswerkstätten zuständig. Von daher wusste ich, was auf mich zukommt. Aber ich musste trotzdem den üblichen Bewerbungsprozess durchlaufen, wie alle anderen Bewerber auch.

Es gibt aber schönere Zeitpunkte, ein Amt zu übernehmen, als mitten in einer Pandemie . . .

Ja, ich habe mir auch überlegt, ob ich mich beworben hätte, wenn ich das von vornherein gewusst hätte. Die Antwort lautet: Ja! Die Situation ist nicht einfach, aber mich reizt die Herausforderung.

Auf welche weiteren Stationen in Ihrem Berufsleben können Sie zurückblicken? Welches Studium haben Sie als Rüstzeug mitgebracht?

Ich bin studierte Bauingenieurin und habe zuletzt bei der AKAD University Stuttgart Fernstudiengänge für das Ingenieurwesen konzipiert und Kooperationspartner gesucht. Um diese Aufgabe noch ganzheitlicher auszufüllen, habe ich noch ein zweites Studium Educational Media absolviert, in dem es vorrangig um Bildungs- und Wissensmanagement, aber auch um Pädagogik und Didaktik ging.

Ihr Vorgänger Jürgen Schmiedel war insgesamt 30 Jahre an der Schiller-VHS, zuletzt sechs Jahre als Leiter. Haben Sie Respekt vor seinen Fußstapfen?

Natürlich, Jürgen Schmiedel kennt das VHS-Geschehen in- und auswendig und hat ein riesiges Netzwerk. Er hat viel bewegt, sich immer persönlich für die Belange der VHS engagiert und damit maßgeblich zum Ansehen der Schiller-VHS beigetragen. Er hat mich hervorragend eingearbeitet und steht mir auch jetzt bei Bedarf mit Rat und Tat zur Seite. Danke!

Waren Sie als stellvertretende Leiterin der Schiller-VHS auch in die Organisation des Marbacher Forums Zeitgeschehen eingebunden?

Nur ganz am Rand. Ich war aber bei den Veranstaltungen oft dabei und kenne daher auch Format und Publikum.

In diesem Jahr würde die Veranstaltung ihr fünfjähriges Jubiläum feiern. Kann man ein solches Event im Zeitalter von Corona als Präsenzveranstaltung stattfinden lassen?

Die Planungen für das Marbacher Forum Zeitgeschehen laufen seit knapp einem Jahr. Das lief immer auch ein bisschen nach dem Prinzip Hoffnung. Im Sommer sind die Zahlen ja gesunken, da sah es ganz gut aus. Wir haben auch immer ein bisschen auf die Akademietage in Bietigheim geschielt. Dort konnte die Auftaktveranstaltung im Oktober noch stattfinden, die Veranstaltungen im November mussten wir absagen. In der nächsten Woche haben wir ein Treffen mit dem Organisationsteam. Wir werden nach dem 14. Februar, sobald die neuen Beschlüsse der Bundes- und Landesregierung bekannt sind, eine endgültige Entscheidung treffen. Sollte die Veranstaltung nicht stattfinden können, werden wir sie voraussichtlich nicht in den Sommer verschieben, sondern gleich in 2022. Wenn die Politik an der Inzidenzgrenze von 50 festgehalten hätte, hätte man sich so eine Veranstaltung, die ja keine Kultur-, sondern eine Bildungsveranstaltung ist, vorstellen können. Da die Tendenz jetzt aber Richtung Inzidenzgrenze zehn geht, wird eine Präsenzveranstaltung eher nicht stattfinden können. Aber warten wir auf die Entscheidungen aus der Politik. Wir sind vorbereitet . . .

Wäre eine Online-Veranstaltung eine machbare Alternative?

Das haben wir uns natürlich überlegt, aber der Organisations- und Kostenaufwand für das gesamte Streaming wäre wohl zu hoch. Man bräuchte extra Kameramänner und Medienprofis. Wir wollen die Kosten für die Teilnehmer mit 70 Euro für die zwei Tage bewusst niedrig halten. Darüber hinaus ist fraglich, wie viele der – meist älteren – Teilnehmer bereit wären, eine Online-Veranstaltung zu besuchen. Wir versuchen, unsere Teilnehmer an VHS-Kursen zwar langsam an solche Formate heranzuführen, hören aber immer wieder, dass es doch auch schön wäre, wenn man sich mal wieder live sehen könnte. Es geht eben nicht nur um reine Wissensvermittlung. Solche Veranstaltungen haben immer auch eine soziale Komponente.

Lief in der Vorbereitung vieles anders?

Das seit Jahren bewährte Organisationsteam, zu dem mit Susanne Wichmann und Jürgen Sack zwei weitere ehrenamtliche Helfer dazugekommen sind, hat sich in der Regel einmal pro Monat getroffen. Dabei wurden Themen festgelegt und Aufgaben verteilt. Das Team leistet eine unglaubliche Arbeit; ohne dieses Engagement wäre eine solche Veranstaltung niemals zu stemmen. Das Treffen nächste Woche, bei dem wir über die aktuelle Situation und künftige Entscheidungen sprechen wollen, wird jedoch nicht als Präsenzveranstaltung, sondern als Zoom-Meeting stattfinden. Wir sind alle sehr gespannt, welche weiteren Entscheidungen die Bundesregierung trifft und wie die Landesregierung sie umsetzen wird.

Dass Corona zum Thema wird, lag auf der Hand. Wie kamen Aspekte wie die Wirtschaft, Homeschooling oder Verschwörungstheorien mit dazu?

Wir haben das Thema Corona ganzheitlich betrachtet und uns überlegt, was für die Teilnehmenden interessant sein könnte. Da stellt sich natürlich die Frage, wie diese Pandemie Deutschland verändert und die Demokratie herausfordert, etwa durch Verschwörungstheorien. Wie bei den vergangenen Veranstaltungen auch haben wir uns auch bemüht, das Friedrich-Schiller-Gymnasium einzubeziehen. Da bot sich das Thema Homeschooling an, das wir aus praktischer und wissenschaftlicher Sicht beleuchten wollen. Das Thema Resilienz ist insofern interessant, weil es den Blick in die Zukunft richtet.

Mit dem Wirtschaftsweisen Peter Bofinger und Bloggerin Katharina Nocun, die sich durch die Kampagne für Edward Snowden einen Namen gemacht hat, sind hochkarätige Referenten dabei. Wie haben Sie diese gewonnen?

Wir haben versucht, die besten Referenten für die jeweiligen Themen zu bekommen. Um am Ende auf sieben bis neun Referenten zu kommen, muss man in der Regel bei zehn bis 15 anfragen. Manchmal helfen persönliche Kontakte, manchmal kommt man auf einen Namen, wenn man sich die Literatur zum betreffenden Thema und Fernsehbeiträge anschaut oder Podcasts hört. Es hat sich so ergeben, dass diesmal ein Großteil der Referenten aus der näheren Umgebung kommt, was in Zeiten von Corona ja kein Nachteil ist.

Gibt es einen Vortrag, auf den Sie sich persönlich besonders freuen?

Ich persönlich finde das Thema Verschwörungstheorien sehr spannend, Entscheidungsträger werden teilweise ja richtig angefeindet. Die Referentin Katharina Nocun hat schon angedeutet, dass sie bestimmte Schutzvorkehrungen für sinnvoll erachtet. Ganz generell finde ich es interessant, was wir aus der Corona-Pandemie mitnehmen können. Es ist ja ein Thema, das von den Großeltern bis zum Enkel alle Generationen betrifft.