Der Freund von Frau B. ist anonym bestattet worden. Foto: Lichtgut/Achim /Zweygarth

Frau B. konnte ihr Glück kaum fassen, als sie erfuhr, dass ein alter Freund sie zur Alleinerbin gemacht hatte. Dennoch hätte sie im Nachhinein das Erbe lieber ausgeschlagen.

Frau B. bittet in ihr Wohnzimmer, nimmt Platz an einem Tisch, den sie gebraucht erstanden und auf einer Bank, die sie auf dem Sperrmüll gefunden hat. Alles in der Wohnung ist zusammengewürfelt. Die Schrankwand hat sie von einer Nachbarin bekommen. Den Fernseher hat ihr Lebensgefährte auf dem Sperrmüll gefunden. Die Kleidung, die Frau B. trägt, gehörte früher der Schwester einer Nachbarin. Sortiert diese etwas aus, bekommt sie es geschenkt.

Die 47-Jährige nimmt einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse, dann fängt sie an zu erzählen, in einfachen Worten. Vor acht Jahren habe sich ein Notar bei ihr gemeldet, weil sie geerbt habe. Sie konnte es kaum glauben. Von wem denn bloß, dachte sie? Als er ihr den Namen nannte, war sie baff: ein väterlicher Freund, den sie vom Wandern kannte. Der habe tatsächlich mal erwähnt, er werde sie als Erbin einsetzen. „Aber ich habe das für einen Witz gehalten“, sagt Frau B.

Sie gönnte sich ein Bett für sich und ihren Partner

Sie hat gute Erinnerungen an den Mann. Der habe ihr selbst dann einen Stempel in ihr Heftchen gemacht, wenn sie mal nicht an einer Wanderung teilnehmen konnte. Er wusste, dass er ihr damit eine Freude machte. Für sie kam die Testamentseröffnung dennoch wie aus dem Nichts. Rund 3000 Euro sind Frau B., die als Reinigungskraft arbeitete, nach Abzug der Notarkosten geblieben. Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Sie hatte ohnehin rund 2500 Euro Schulden. Ob sie das Geld gefahrlos annehmen könne, habe sie den Notar gefragt. Der habe bejaht. Frau B. bezahlte von dem Geld ihre Schulden und gönnte sich ein Bett für sich und ihren Lebensgefährten. Davor hatte das Paar auf Matratzen auf dem Boden geschlafen.

„Vier Jahre später kam dann das Schreiben“, sagt Frau B., die inzwischen wie ihr Partner von Bürgergeld lebt. Ein Landratsamt aus der Region, in dessen Zuständigkeitsgebiet der väterliche Freund gestorben war, hatte die Haupterbin ausfindig gemacht. Als solche habe sie die Bestattungskosten zu tragen. Wenn sie das gewusst hätte, sagt Frau B., hätte sie das Erbe doch nicht angenommen. Sie überwies in der Folge zwar immer wieder monatlich Kleinbeträge, mal 20, mal 30 Euro, aber wegen der Zinsen wuchs die Forderung auf zuletzt 2985 Euro.

Das Paar legt immer mal eine Reiswoche ein, um zu sparen

Die Stuttgarterin hat mit vielen Einschränkungen zu kämpfen. Sie hatte schon als Baby epileptische Anfälle – erst mit Ende 20 bekam sie die medikamentös in den Griff. Weil ihre Mutter mit der Erziehung überfordert war – der ältere Bruder war zur Adoption freigegeben worden –, wuchs Frau B. bei ihrer strengen Oma auf. Sie besuchte eine Sonderschule, schaffte danach noch ihren Hauptschulabschluss. Die Arbeit als Reinigungskraft musste sie vor einigen Jahren aufgeben: wegen Schmerzen in den Schultern, den Knien, im Rücken. Aktuell ist Frau B. aus psychischen Gründen krankgeschrieben. Ihr Partner hatte wie sie kürzlich einen Bandscheibenvorfall, hofft danach wieder in der Metallwerkstatt der Neuen Arbeit in einer Maßnahme arbeiten zu können. Beide sind laut dem sozialen Träger kognitiv eingeschränkt, was die Arbeitssuche erschwert.

Das Paar lebt ausgesprochen sparsam. Sie legten immer wieder eine Reiswoche ein, um zumindest Lebensmittel zu sparen, erzählt Frau B. Doch ihre Lieblinge – ihre drei Katzen – benötigen ihr Futter, dann sind da die Kosten für Handy und Energie. Zudem zahle sie eine größere Zahnarztrechnung in Raten ab. Entsprechend hat sie keine Ahnung, wie sie auch noch die Schulden beim Landratsamt tilgen soll. Die Schuldnerberatung der Neuen Arbeit konnte die Forderung auf die Kernkosten von 1477 Euro herunterhandeln. Der Berater hat sich vor wenigen Tagen an die Aktion Weihnachten gewandt. Eigentlich übernimmt diese keine Bestattungskosten, würde in diesem Fall aber eine Ausnahme machen.

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