Ein entspannter Paul im Snoezelraum der Schule Foto: Priva

Paul ist mit frühkindlichem Autismus geboren worden und ein besonders herausfordernder Fall. Sein Gehirn ist permanent überlastet, was zu unvorhersehbarem Verhalten führt. Was könnte Entlastung bringen?

Irgendwann wird das Leben einfacher. Davon ist die Mutter von Paul (Name geändert) überzeugt. Sie ist Optimistin. Aber gerade ist das Leben für sie und ihren Mann gar nicht einfach. Ihr Sohn Paul wurde mit frühkindlichem Autismus geboren, der schwersten Form der Autismus-Spektrum-Störungen. „Sein Nervensystem ist immer am Anschlag und kostet ihn so wahnsinnig viel Energie“, sagt die Anfang-50-Jährige.

Schon länger haben die Eltern kaum noch Zeit zum Luft holen. Seit Februar hält Paul es nur zwei Stunden am Tag in der Schule aus. Der Zwölfjährige besucht die Helene-Schoettle-Schule, ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum in Stuttgart. Vielleicht liege es daran, dass er in die Pubertät kommt, dass er noch unruhiger geworden ist, vermutet seine Mutter.

Die Diagnose erhielten sie, als er drei Jahre alt war

Schon früh habe sie gespürt, dass ihr Kind anders ist als die anderen Babys. „Wenn man ihn auf den Arm nahm, wurde er plötzlich ganz schlaff“, sagt sie. Seine Augen habe er immer weit aufgerissen und wie ein Staubsauger alles eingesogen. Als er ungefähr zwei Jahre alt war, sprach er erste Worte, danach etwa ein Jahr lang nichts mehr. Seine mentale Überforderung zeigte sich früh. „Ein halbes Jahr lang wachte er jede Nacht in völliger Panik auf und ließ sich kaum beruhigen“, erinnert sie sich. Er war drei Jahre alt, als sie die Diagnose erhielten. Seither wissen sie, dass ihr Sohn die Welt anders wahrnimmt als sie.

Die Stuttgarterin stellt sich das Gehirn ihres Sohnes so vor, als würden darin zeitgleich lauter Filme ablaufen – mehrere Bild- und Tonspuren übereinander. Auch während des Gesprächs wird das deutlich. Es findet per Videocall statt, weil Paul krank ist. Energie hat er trotzdem. Immer wieder springt er kurz vor den Bildschirm, um sich mitzuteilen. Die Sätze haben mit dem Hier und Jetzt nichts zu tun, sind komplett aus dem Zusammenhang gerissen: „Wir sind einkaufen gefahren und wieder zur Turnhalle“, ruft er zum Beispiel, dann: „Vielleicht nehme ich ein Trikot, vielleicht zwei“. Er spricht extrem schnell, sehr laut. Einmal schreit er nur.

Plexiglas schützt die Fenster, weil mehrere schon zu Bruch gingen

Paul teile sich eigentlich den ganzen Tag über mit. Zum Teil gehe es um Erlebtes, das viele Jahre zurückliegt. Kürzlich habe er die Frühpädagogin namentlich erwähnt, zu der er ging, als er zwei Jahre alt war. Worüber er allerdings nie spreche, seien seine Bedürfnisse. Ob er hungrig, durstig oder müde ist.

Geht es ihm nicht gut, zeige er das anders. Dann kann es passieren, dass er Dinge durch die Gegend wirft. Weil mehrere Fensterscheiben schon zu Bruch gingen, haben sie Plexiglas zum Schutz anbringen lassen. Alles in der Wohnung ist gut befestigt, in Pauls Zimmer steht inzwischen nur noch ein Bett und ein Sofa, weil es ihm zuvor zu voll war. Er schläft schlecht und damit auch seine Eltern. Vorletzte Nacht war er ab drei Uhr wach.

Wegen ihrer Lebensumstände arbeiten die Eltern beide als Freiberufler und haben entsprechend kein geregeltes Einkommen. Der Vater musste aufgrund des großen Betreuungsaufwands seine Festanstellung aufgeben. Pauls Mutter setzt sich immer in den zwei Stunden, wenn ihr Sohn in der Schule ist, an ihre Projekte. Sie nutzt jede Minute und arbeitet sogar im Auto auf dem Parkplatz. Es sei denn, sie hat mal wieder kaum geschlafen. Dann kann sie nicht arbeiten.

Eine Snoezelecke wäre in diesem Fall sinnvoll

Es gebe nur sehr wenig, bei dem ihr Sohn entspanne. Manchmal funktioniert klassische Musik. Oder auch ein Spaziergang, stets Hand in Hand, damit er nicht wegläuft. Die Gänge gehören zu den schönen Momenten, die sie teilen.

Auch die Lehrkräfte der Helene-Schoettle-Schule sehen die Not der Eltern. Dort hat man festgestellt, dass Paul gut auf den Snoezelraum reagiert. Das ist ein weich gepolsterter Raum mit Wassersäule und Spiegel. In ihm ist Paul schon oft gut runtergekommen. Der Raum biete für ihn eine Erholungsmöglichkeit vom für ihn anstrengenden Alltag, so die Einschätzung der Schule.

Pauls Lehrer fände es in diesem Fall aufgrund der Belastung sinnvoll, wenn auch zu Hause eine Snoezelecke zur Verfügung stünde, damit der Schüler so oft wie möglich Entspannung findet. Die Hoffnung ist, dass Paul schon anders in den Schultag starten würde – und natürlich, dass die Eltern entlastet werden. Das SBBZ hat deshalb einen Antrag bei der Aktion Weihnachten gestellt mit der Bitte um Spenden für eine Snoezelecke.

So können Sie spenden

Konten
Sie wollen helfen? Die Aktion Weihnachten freut sich über jede Spende. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00. Wenn Ihr Name als Spenderin oder Spender in der gedruckten Zeitung veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte unbedingt bei der Überweisung. Alle Artikel zur laufenden Benefizaktion lesen Sie hier.