Frau G. ist Raucherin. Inzwischen hat sie ihren Konsum deutlich reduziert. Foto: dpa/Sven Hoppe

Frau G. hat einen Fehler gemacht. Die psychisch kranke Frau hat mit ihrer Bankkarte immer mal wieder Zigaretten gekauft. Es funktionierte, obwohl das Konto leer war. Doch dann wurde ein Inkassobüro eingeschaltet. Aus rund 100 wurden 2384 Euro Schulden.

Frau G. muss schon lange mit wenig Geld auskommen. Die gelernte Küchenhilfe ist mit Anfang 30 erwerbsunfähig geworden. Da hatte sie einen psychischen Zusammenbruch. Sie habe den Stress nicht mehr ausgehalten. Drei Jahre lang war sie in Kliniken. Sie wurde wegen Burn-outs und Depressionen behandelt. Schließlich kam heraus, dass sie auch an einer Persönlichkeitsstörung leidet. Die muss sie in der Kindheit entwickelt haben. Da ging es zumindest los, dass sie keine Gefühle mehr gespürt habe – weder Wut noch Traurigkeit, noch Freude. „Da war einfach eine Leere in mir“, sagt die Mitte-40-Jährige, die nicht nur Tabletten nimmt, sondern auch in einer Psychotherapie ihre Probleme bearbeitet. In der geht es auch darum, wie es kam, dass sie sich als Kind den Gefühlen verschlossen hat.

Frau G. deutet es nur an, aber sie muss viel gelitten haben als Kind. Sie sei immer für alles, was schieflief, verantwortlich gemacht worden. Die Liebe sei nur ihrem Bruder zuteilgeworden. Inzwischen hat Frau G. mit ihrer Familie gebrochen.

Der Sohn kam für vier Jahre in eine Wohngruppe

Seit zehn Jahren arbeitet Frau G. in einer Werkstatt für psychisch kranke Menschen in Stuttgart. Neben ihrer niedrigen Erwerbsminderungsrente bezieht sie den geringen Werkstattlohn. An ihrem derzeitigen Einsatzort fühlt sie sich wohl. Sie habe Kontakt zu anderen Menschen, das tue ihr gut. Aber es sei auch wichtig für sie, immer wieder Pause machen zu können. Es stabilisiert sie, eine Struktur zu haben. Sie hat jeden Tag einen Grund, um 7 Uhr morgens aufzustehen.

Auch ist sie froh, dass ihr Sohn inzwischen auf einem guten Weg ist. Sie lebt mit ihm in einer kleinen Dreizimmerwohnung zusammen. Als er 16 Jahre alt war, kehrte er auf eigenen Wunsch hin zu ihr zurück. Rund vier Jahre hatte er in einer Wohngruppe gelebt. Vorwürfe mache er ihr deshalb aber nicht. „Er versteht es“, sagt sie. Sie sei damals nicht in der Lage gewesen, für ihn zu sorgen. Auch ihr Sohn habe mit Depressionen zu kämpfen. Aber er hat seinen Schulabschluss und eine Lehre im Einzelhandel geschafft, wurde anschließend sogar übernommen. „Ich bin sehr stolz auf ihn“, sagt Frau G.

14 Einzelposten zwischen sechs und neun Euro

Worauf sie nicht stolz ist, sind ihre Geldprobleme. Sie ist privatinsolvent – und Raucherin. Sie hat schon mehrfach probiert aufzuhören, ist aber immer wieder rückfällig geworden. 14 Mal hat sie bei einem Kiosk zwischen Dezember 2018 und Mai 2020 Zigaretten mit der Karte bezahlt – die Einzelposten beliefen sich jeweils auf 6 bis 9 Euro. Die Karte habe immer funktioniert. Die Folgen hat sie nicht umrissen.

Der Kioskbesitzer hat, weil die Karte nicht gedeckt war, ein Inkassobüro eingeschaltet. Aus 100,20 Euro Schulden wurden 2383,60 Euro. Als sie den Brief aufgemacht habe, sei es für sie ein Schock gewesen. Sie fühlte sich wie paralysiert. Ihr Ex-Freund, von dem sie sich vor Kurzem getrennt hat, habe sie auf die Idee gebracht, zur Schuldnerberatung der Neuen Arbeit zu gehen. „Ich war überfordert“, sagt sie. Dort wurde man gleich tätig und konnte die Schuld immerhin auf 1360 Euro herunterhandeln. Doch auch diesen Betrag kann Frau G. nicht aufbringen.

Frau G. hat inzwischen gelernt, wie man ein Haushaltsbuch führt. Mehr als drei Packungen Zigaretten, weiß sie, sind im Monat nicht drin. „Ich komme klar“, sagt sie. Ihr Sohn zahle nun einen Anteil an der Miete und am Strom. So geht es auf. Neue Schulden sind nicht hinzugekommen. Wegen der Altschulden hat sich die Neue Arbeit an die Aktion Weihnachten gewandt.

So können Sie helfen

Konten
Die Aktion Weihnachten freut sich über Spenden. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00. Wenn Ihr Name als Spender in der gedruckten Zeitung veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte unbedingt bei der Überweisung. Alle Artikel zur laufenden Benefizaktion lesen Sie hier.