Auch Herr R. arbeitet bei der Tafel. Foto: Lichtgut///Leif Piechowski

Herr R. führt ein bescheidenes Leben. Er brauche nicht viel, sagt der Beschäftigte der Schwäbischen Tafel. Mit seinem Geld kommt der gebildete 50-Jährige zurecht. Doch dann landete eine unvorhergesehene Rechnung in seinem Briefkasten.

Es gibt zwei Orte, an denen Herr R. sich entspannt: der Weinberg, wo er spazieren geht, und die Schwäbische Tafel, wo er arbeitet. „Bei der Tafel hole ich mir Kraft“, sagt der 50-Jährige. Er ist noch bis Sommer in einer Beschäftigungsmaßnahme. Er sortiert das Obst und Gemüse, das rein kommt. Er schaut, was noch nicht verdorben und was entsprechend zu verkaufen ist. Ihm macht das Freude. Und die Struktur tut ihm gut.

Wo er sich nicht entspannen kann, ist zuhause. „Meine Wohnsituation ist sehr schlecht“, sagt er. Eigentlich sei er sehr glücklich über die Wohnung gewesen. Herr R. war früher wohnungslos, aber nicht obdachlos, wie er betont. Es sei ein „unglaubliches Gefühl“ gewesen, wieder einen eigenen Schlüssel in der Hand zu halten. Zweieinhalb Jahre lang hatte er auf Sofas von Freunden übernachtet. War immer auf die Großzügigkeit anderer angewiesen. Über eine Bekannte, die nun seine Nachbarin ist, kam er an die Wohnung. Ein Glücksfall, wie er dachte.

Er liest sehr viel und ist froh über die Bücherkisten an den Straßen

Doch leider seien die Mauern sehr hellhörig. „Ich kann mich durch die Wand mit meinem Nachbarn unterhalten“, sagt der lärmempfindliche Herr R. Über ihm wohne eine Familie mit drei erwachsenen Kindern – zu fünft lebten diese auf 50 Quadratmetern. Sie seien ausgesprochen laut, allesamt übergewichtig. Für Herrn R. fühlen sich die lauten Schritte wie Tritte an.

Wenn oben mal Ruhe ist und er nicht arbeitet oder spazieren ist, verbringt er seine Zeit am liebsten mit Lesen. Seine Wohnung ist voller Bücher, die er fast alle aus Fundkisten gefischt hat. Er hat viel über Religionsgeschichte gelesen, über den Nationalsozialismus, über die Evolution, über psychiatrische Themen. Vielleicht rührt seine Faszination für die Psychiatrie daher, dass er selbst länger wegen einer psychischen Erkrankung stationär in Behandlung gewesen ist. Ambulant hat er das schwierige Verhältnis zum dominanten Vater aufgearbeitet. Der sei nicht etwa stolz gewesen, als er als „kleiner Steppke“ beim VfB trainieren durfte. „Er hat es mir verboten.“ Der Sohn sollte weiter in den Knabenchor gehen. Er fügte sich nicht nur da.

Wie wäre sein Leben verlaufen, wäre er Erzieher geworden?

Bis heute bereut Herr R. es, nicht in der elften Klasse die Schule verlassen zu haben, um Erzieher zu werden, wie es sein Wunsch war, aber nicht der Plan des Vaters. Wie wäre sein Leben verlaufen? Er werde das Abitur schon schaffen, meinten die Eltern. Das stimmte. Aber weder an der Hochschule, wo er einige Semester auf Lehramt studierte, noch an der Universität in Berlin, wohin er wechselte, kam er zurecht. Er fühlte sich verloren. Und dann zogen die Gedankenspiralen in sein Leben ein. Seine damalige Freundin habe ihn dazu gebracht, in eine Klinik zu gehen. Er ist ihr dankbar dafür. Sie trennten sich zwar, aber im Guten.

Herr R. brach das Studium ab und sollte lange keinen rechten Tritt fassen. Bis er vor sechs Jahren als Ehrenamtlicher bei einer Diakoniestation in der Region anfing. Er kümmerte sich um Senioren, erledigte Fahrdienste. Das habe ihn zurück in die Spur gebracht. Anschließend kam er zur Schwäbischen Tafel, wo er sich sehr wohl fühlt. Sein geringer Verdienst stört ihn nicht.

Eine Waschmaschine will er sich selbst ersparen

Technische Geräte, teure Klamotten, Reisen – all das brauche er nicht. Er kommt trotz einer Mieterhöhung mit seinem Geld aus der Beschäftigungsmaßnahme und dem Wohngeld zurecht. Zumindest wenn keine unerwarteten Posten hinzukommen. Nun lag die Betriebskostenrechnung in seinem Briefkasten. Er muss rund 550 Euro nachzahlen. Herrn R. fällt es schwer, um Hilfe zu bitten. Eine Waschmaschine, die er eigentlich ebenfalls benötigt, will er sich unbedingt selbst ersparen – er würde auch keinen Zuschuss annehmen. Aber die Betriebskostenrechnung kann er nicht komplett aus eigener Kraft bezahlen. Das Diakoniepfarramt hat sich deshalb hilfesuchend an die Aktion Weihnachten gewandt, mit der Bitte, 500 Euro der Rechnung zu übernehmen.

So können Sie helfen

Konten
Die Aktion Weihnachten freut sich über jede Spende. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00. Wenn Ihr Name als Spender oder Spenderin veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte unbedingt bei der Überweisung. Alle Texte zur Aktion Weihnachten lesen Sie hier.